In Grünstreifen abgestellte Pkw, die Straßen im Wohngebiet Reutenen als großer Parkplatz, Autos und Passanten ohne erforderlichen Sicherheitsabstand: Bei Heimspielen des 1. FC Heidenheim ist der Schlossberg dem Ansturm nicht gewachsen. Um diesen in geregelte Bahnen zu lenken, bedarf es eines ausgeklügelten Verkehrskonzepts. Der jetzt vom Gemeinderat beschlossene Bebauungsplan „Fußballstadion/Heeracker/Katzental“ macht den Weg dafür frei.
Grundsatzdiskussionen über den Standort der Voith-Arena gab es zuhauf in den zurückliegenden Jahren. Wohl auch, weil die Argumente schon mehrfach öffentlich ausgetauscht wurden, lieferten sich die Stadträtinnen und Stadträte jetzt einen allenfalls verhaltenen Schlagabtausch, ehe sie mehrheitlich dem Bebauungsplan ihren Segen gaben, der möglichst viele der aktuellen Probleme lösen soll. 25 Mitglieder des Gremiums votierten dafür, sieben (aus Reihen von Grünen/ÖDP sowie der AFD) stimmten dagegen, zwei enthielten sich.
Auswirkungen auf Umwelt überschaubar
Zuvor hatte Peter Wolpert vom Planungsbüro Kling Consult Stellungnahmen von Behörden und der Öffentlichkeit bewertet. Der Umweltbericht kommt zu dem Ergebnis, „unter Berücksichtigung geeigneter Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen sowie von Kompensationsmaßnahmen“ sei davon auszugehen, „dass die Umweltauswirkungen der Planung auf ein vertretbares Maß reduziert werden können“.
Überzeugt von diesem Resümee zeigte sich auch Dr. Waltraud Bretzger, die Vorsitzende der CDU/FDP-Fraktion: Das Gutachten widerlege den Vorwurf, die Stadt beteilige sich zu Lasten der Natur an der Gewinnoptimierung des FCH. Dass sich das Stadion, wie auch von Grünen und ÖDP bemängelt, am falschen Platz befinde, sei derweil erst im Laufe der Zeit klargeworden: „Die Erfolgsgeschichte war anfangs nicht absehbar.“
Straßennetz an der Belastungsgrenze
Hinter den nackten Abstimmungszahlen verbirgt sich die Haltung gegenüber einem Wust an Gutachten, Bewertungen und Abwägungen, die in der Sitzung weitgehend unerwähnt blieben. Von wesentlicher Bedeutung ist indes ein von der Bernard-Gruppe erstelltes Verkehrsgutachten. Es geht vom heutigen Sachstand aus, dass das städtische Straßennetz an Spieltagen Engpässe aufweist, Parksuchverkehr und gegenseitige Behinderungen an der Tagesordnung sind, außerdem nicht genügend Platz für eine geordnete Abwicklung des Systems mit Zubringerbussen zur Verfügung steht.
Verschärfend kommt hinzu, dass das Verkehrsnetz an seiner Kapazitätsgrenze angelangt ist, der anstehende Ausbau des Stadions von 15.000 auf 23.000 Plätze aber voraussichtlich mit einem Anstieg der Besucherzahlen einhergeht.
Deutlich mehr Shuttlebusse vorgesehen
Den Gutachtern zufolge lassen sich diese Herausforderungen bewältigen, sofern ein ganzes Maßnahmenbündel erfüllt ist. Kernpunkt ist der Bau einer Shuttlebus-Drehscheibe hinter der Osttribüne. Können heute 2000 Personen befördert werden, sollen es künftig deutlich mehr sein: Vorgesehen ist, die Zahl der Abfahrten nach Spielende von 18 auf 54 zu verdreifachen.
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Die Zahl der Pkw-Stellplätze wird mit 2375 beziffert. Davon sollen aufgrund der Bus-Anlage und des Unterbindens rechtswidrigen Parkens im näheren Umfeld 684 wegfallen. Gleichzeitig entstehen 740 neue: in einem Parkhaus für auswärtige Fans auf dem heutigen Kunstrasenplatz an der Einmündung Richtung Baseball-Stadion (340) und in einem Parkhaus im Katzental (400). In die Berechnung einbezogen sind zudem rund 1000 Stellplätze im Bereich Voith/Konzerthaus sowie die weiter entfernten Park-and-Ride-Plätze.
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Weitere Bestandteile des Maßnahmenbündels: sichere Abstellmöglichkeiten für etwa 1000 Fahrräder und bessere Rad- und Fußwege. Unterm Strich dürfte es mit 2430 etwas mehr Pkw-Stellplätze geben als heute, während mehr Shuttlebusse, ein attraktiveres Angebot für Radler sowie die Bereitschaft, einige Meter zu Fuß zurückzulegen, dem höheren Besucheraufkommen begegnen sollen.
Breiten Raum in der Diskussion nahm die Frage nach der Sinnhaftigkeit eines Parkhauses im Katzental ein. Fabian Rieck (Freie Wähler) verspricht sich davon einschließlich eines die Straße überspannenden Fußgängerstegs Richtung Stadion eine deutliche Entzerrung des Verkehrs und erwartet die gleiche Wirkung vom Gästeparkhaus für die Reutenen.
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Auch sein Fraktionskollege Christoph Weichert sieht in der Planung eine gute Lösung, während Tanja Weiße (SPD/Linke) mit dem Standort hadert: „Schade, dass es auf halber Höhe im Katzental steht und nirgendwo sonst zu verwirklichen war.“
Grundsätzliche Ablehnung des Bebauungsplans signalisierte die Sprecherin der Fraktion Grüne/ÖDP, Anamari Filipovic. Sie sprach von einem falschen Konzept ohne Weitsicht, das einen verkehrsfreien Schlossberg nie in Betracht gezogen habe. Filipovic prognostizierte Busse, die im Stau stehen, und Betonbauten, für die der Bedarf möglicherweise in einigen Jahren wegfalle. An weitere Parkhäuser für noch mehr Verkehr sei nicht zu denken.
Vorschlag: Tiefgarage statt Parkhaus
Dr. Elsge Schrade (ÖDP) plädierte wie auch Anne-Kathrin Kapp-Kleineidam (Grüne) stattdessen für eine Tiefgarage unter der künftigen Shuttlebus-Anlage. Außerdem, so ihre Forderung, solle der Schlossberg an Spieltagen für den Individualverkehr gesperrt werden. Prof. Dr. Ulrich Schrade (Grüne) prangerte an, dass für den Bau des Parkhauses in den Wald eingegriffen werde. Zudem zweifelte er an, dass das Parkierungsgebäude jenseits von Spieltagen auch von anderen Besuchern des Schlossbergs genutzt werden könne. Eben diese Aussicht ist für Thomas Potzner (Freie Wähler) ein wesentliches Kriterium für den Bau: „Es ist doch hervorragend, wenn es auch für andere Einrichtungen dort oben zur Verfügung steht.“
In der bisherigen Diskussion wurde immer wieder die Forderung laut, ein Parkhaus auf dem Gelände der großen Heidenheimer Unternehmen zu bauen, die den FCH unterstützen. Er habe viele Gespräche mit Firmenchefs geführt, um mit Blick auf die bestmögliche Lösung auch diese Variante zu prüfen, sagte Oberbürgermeister Michael Salomo. Allerdings sei sie nicht umsetzbar, „weil dann im Grundbuch stehen müsste, dass so ein Parkhaus an Spieltagen freizuhalten sei. Der Eigentümer wäre dann nicht mehr Herr seines Eigentums“, was wiederum seinen künftigen Plänen entgegenstehen könnte. Ohnehin stellten beispielsweise Voith und Hartmann schon jetzt Parkplätze zur Verfügung, gab Salomo zu bedenken.
Dritte Fahrspur für Schlosshaustraße?
Norbert Fandrich (Linke) empfand es als „schade, dass wir uns über ein Parkhaus streiten, das auf eine Schotterfläche kommt“. Seiner Ansicht nach sollte das Augenmerk darauf gerichtet sein, möglichst viele Menschen zum Umstieg auf Shuttlebusse zu bewegen. Dafür brachte er die Erweiterung der Schlosshaustraße um eine dritte Fahrspur ins Gespräch, die dann Bussen und Rettungsfahrzeugen vorbehalten sein könnte.
Ralf Willuth, Sprecher der Freien Wähler, nannte unterdessen die Vorstellung illusorisch, alle Besucher mit Bussen zum Stadion und von dort zurückbefördern zu können. Schließlich seien dafür mehr Fahrzeuge erforderlich, als sie die Heidenheimer Verkehrsgesellschaft im Bestand habe.
Sobald die ebenfalls vom Gemeinderat beschlossene Änderung des Flächennutzungsplans genehmigt ist, kann der Bebauungsplan „Fußballstadion/Heeracker/Katzental“ öffentlich bekanntgemacht werden. Damit ist er dann rechtskräftig.
Wer bestellt, wer bezahlt?
Offenkundig herrschte in Teilen des Gemeinderats Unklarheit darüber, wer die Kosten trägt für die geplanten Parkhäuser und für den Steg, der dasjenige im Katzental mit der Voith-Arena verbinden soll. Ralf Käpplinger, der Leiter des Fachbereichs Stadtentwicklung, Umwelt und Vermessung, stellte dazu klar: „Die beiden Bauwerke und alle Wege, die notwendig sind, um das Stadion zu erschließen, werden vom FCH bezahlt.“