Die psychischen Belastungen von Kindern und Jugendlichen haben zugenommen. Dies erläuterte Michael Rettenberger, der im Landratsamt für die Koordinierungsstelle Jugend und Soziales zuständig ist, dem Jugendhilfeausschuss des Kreistags. Er berichtete von immer mehr Fällen an Depressionen, Angststörungen, gestörtem Sozialverhalten und psychosomatischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen. Dies sei auch eine Auswirkung der Corona-Pandemie, aber nicht allein auf die Ausnahmesituation zurückzuführen, so Rettenberger. Man bemerke im Landratsamt steigende Fallzahlen und knappe Ressourcen für Behandlung, Beratung und Versorgung von betroffenen jungen Menschen.
Ressourcen effizienter einsetzen
Es gibt vielfältige Unterstützungsangebote für junge Menschen, aber bisweilen auch Probleme an den Schnittstellen der verschiedenen Systeme, beispielsweise der beim Landkreis angesiedelten Kinder- und Jugendhilfe und dem psychiatrisch-psychotherapeutischen System. Um die Maßnahmen möglichst gut aufeinander abzustimmen, eine bessere Wirksamkeit zu erreichen und gleichzeitig die wenigen Ressourcen effektiv einzusetzen, hat der Jugendhilfeausschuss der Gründung eines Jugendpsychiatrischen Verbunds im Landkreis Heidenheim zugestimmt. Dieser werde nicht alle Probleme lösen, aber zumindest dabei helfen, den Herausforderungen zu begegnen, so Rettenberger.
An der Gründung werde seit zwei Jahren gearbeitet, berichtete Rettenberger. Rund 20 Akteure, die Kontakt zu jungen Menschen mit psychischen Problemen haben, haben sich dafür zusammengeschlossen. Vertreten sind freie Jugendhilfeträger, das Landratsamt Heidenheim, Medizin und Schulen. Gewünscht sei die Vernetzung sowohl strukturell als auch konkret auf den Einzelfall bezogen. Drei Arbeitsgruppen haben sich mit der Ausarbeitung einer Struktur und einer Kooperationsvereinbarung beschäftigt.
Vier Fallkonferenzen pro Jahr
Die Arbeitsgruppe Interdisziplinäre Fallkonferenz stellt sich vor, dass jährlich vier feste Termine stattfinden, bei der jeweils bis zu vier Fälle von Kindern und Jugendlichen mit auffälligen Verhaltensweisen im Bereich der psychischen Gesundheit vorgestellt werden können. Diese werden nach einem festgelegten Schema in jeweils 30 Minuten besprochen, wobei am Ende Lösungsvorschläge stehen, die zu einem Ergebnis führen sollen.
Die Arbeitsgruppe Schule möchte eine gemeinsame Wissensdatenbank und Infomaterial für Fortbildungen zusammenstellen sowie eine Übersicht über alle Angebote für Kinder und Jugendliche einrichten. Die Arbeitsgruppe Strukturelle Vernetzung hat sich mit dem Rahmen des Jugendpsychiatrischen Verbunds beschäftigt. So soll es einmal jährlich eine Mitgliederversammlung geben, zudem trifft sich zweimal pro Jahr eine Lenkungsgruppe, in die jeweils eine Vertretung pro Bereich gesandt wird. Auch an die Vernetzung mit dem Gemeindepsychiatrischen Verbund, der im Erwachsenenbereich bereits besteht, wurde gedacht. „Alle haben es als sehr wichtig empfunden, auch Mitglieder der Kreistagsfraktionen einzubinden“, sagte Michael Rettenberger. Deshalb ging an den Jugendhilfeausschuss die Bitte, dass jede Fraktion einen Vertreter in den Jugendpsychiatrischen Verbund schicken solle.
Die erste Mitgliederversammlung des JGPV findet am Freitag, 17. Oktober 2025 statt. Die Lenkungsgruppe soll sich noch vor den Sommerferien treffen und bis Oktober werden auch schon drei bis vier Fallkonferenzen stattgefunden haben. Angesichts der steigenden Fallzahlen sprach Tanja Weiße (SPD) von einem „wichtigen Projekt“. Dies sahen die anderen Mitglieder des Jugendhilfeausschusses genauso und stimmten einstimmig zu.
Zusammenschluss für Erwachsene schon vorhanden
Im Bereich der Erwachsenen mit psychischen Erkrankungen gibt es eine ähnliche Organisation: Vor mehr als zehn Jahren wurde der Gemeindepsychiatrische Verbund (GPV) in Heidenheim gegründet. Hinter dem etwas sperrigen Namen verbirgt sich der Zusammenschluss von verschiedenen Einrichtungen, die mit psychisch kranken Menschen zu tun haben. Ziel bei der Gründung 2012 war es, ein Netzwerk herzustellen, innerhalb dessen man bei der Versorgung der Patientinnen und Patienten sinnvoll kooperieren kann. Die Geschäftsstelle des GPV wird von Ines Bach geleitet, als Sprecher fungiert Dr. Uwe Gabert-Varga.