Kritik an Bundesregierung

So steht der Bundestagsabgeordnete Steffen Bilger (CDU) zu den Anliegen der Bauern auf der Ostalb

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Steffen Bilger machte sich ein Bild von der Lage der Bauern im Landkreis Heidenheim. So steht er zu den aktuellen Protesten.

Die Fahrt nach Heidenheim dauerte nicht länger als geplant. Streikende Lokführer vermochten Steffen Bilger nicht aufzuhalten, schließlich kam er mit dem Pkw. Auch bremsten ihn keine Traktorenkolonnen im Bummeltempo aus. Und doch prägten am Mittwoch die Bauernproteste den Besuch des Ludwigsburger CDU-Bundestagsabgeordneten an der Brenz.

Abends sprach er in Herbrechtingen auf Einladung des Kreisverbands seiner Partei beim Bürgerdialog zur Landwirtschaftspolitik, tags darauf trat er bei der großen Kundgebung in den Heidenheimer Seewiesen ans Rednerpult.

Verständnis für Proteste der Bauern

Auf seinem Weg in den ländlichen Raum am östlichen Rand Baden-Württembergs wusste Bilger nicht, was ihn erwarten würde: Beifall für seine Kritik an der Ampel-Regierung oder allgemeine Politikerschelte? Seine Haltung zu den seit Wochenbeginn laufenden Protesten formulierte er unabhängig davon im Gespräch mit der Heidenheimer Zeitung eindeutig: „Ich habe Verständnis dafür, und die Bauern haben ein existenzielles Recht, auf ihre Anliegen hinzuweisen.“

Für Frust sorgt seiner Einschätzung nach bei vielen Landwirten, dass sie sich in die rechte Ecke geschoben fühlen. Dabei habe sich der Bauernverband klar von radikalen Gruppierungen abgegrenzt. Nicht Umsturzphantasien veranlassten die Bauern, auf die Straße zu gehen, sondern der Wille, ihren Forderungen Gehör zu verschaffen. Allerdings wäre es ratsam, so Bilger, die Aktionen nicht zu einer dauernden Beschäftigung werden zu lassen.

CDU/CSU: Subventionskürzungen vollständig zurücknehmen

Maßgeblichen Einfluss auf den weiteren Verlauf der Kontroverse dürfte das künftige Handeln der Bundesregierung haben. Für seine Fraktion kündigte Bilger derweil an, sie werde kommende Woche im Bundestag den Antrag einbringen, beide Subventionskürzungen – Kfz-Steuer und Agrardiesel – vollständig zurückzunehmen.

Der „Ampel“ attestierte Bilger eine schlechte Arbeit. Bundeskanzler Olaf Scholz, Finanzminister Christian Lindner und Wirtschaftsminister Robert Habeck hätte in einer nächtlichen Runde Kürzungen ausgehandelt, die nur die Landwirtschaft träfen. Cem Özdemir als zuständiger Minister sei erst im Nachgang informiert und somit im Regen stehen gelassen worden.

Steffen Bilger: Landwirte zahlen die Zeche

Ausbaden müssten die Folgen am Ende freilich die Landwirte, die sich dem CDU-Politiker zufolge mit einem grundsätzlichen Problem konfrontiert sehen: Die einst geltende Regel, zur Umsetzung politischer Vorgaben das nötige Geld bereitzustellen, gelte nicht mehr automatisch. So sehe der Bundeshaushalt fast keine Mittel für den Umbau von Ställen vor, der sich aus verschärften Anforderungen ans Tierwohl ergebe.

Als Hohn bezeichnete es Bilger, mit Blick auf den Agrardiesel von klimaschädlichen Subventionen zu sprechen. Zum einen seien elektrisch angetriebene Traktoren nur bedingt praxistauglich, zum anderen müssten gerade Biobauern aufgrund der zu erfüllenden Auflagen zwangsläufig häufiger aufs Feld fahren.

Ernährung mit Lebensmitteln aus dem Landkreis Heidenheim

Bilgers Forderung: Die Politik muss den Bauern auch im Landkreis Heidenheim ein auskömmliches Arbeiten ermöglichen, das den Fortbestand ihrer Betriebe sichert und vor Ort eine Ernährung mit regional erzeugten Lebensmitteln ermöglicht, was gleichzeitig der Gefahr entgegenwirkt, von Importen abhängig zu sein.

Und wie soll das finanziert werden, ohne die unmittelbar Betroffenen durch Kürzungen gegen sich aufzubringen? „Die schwimmen im Geld“, sagte Bilger angesichts der Steuereinnahmen an die Regierung gerichtet. An verfügbaren Mitteln mangele es folglich nicht, vielmehr an der Verteilung: „Prestigeobjekte wie das Bürgergeld, das auch Geflüchtete aus der Ukraine erhalten, sind falsch gestaltet.“ Änderungen in diesem Bereich wären seiner Überzeugung zufolge sofort haushaltswirksam, ebenso ein konsequentes Vorgehen gegen unkontrollierte Zuwanderung: „Das hat uns schon Dutzende Milliarden gekostet.“

Konsumenten verlangen billige Lebensmittel

In die Verantwortung nimmt Bilger aber auch jeden Einzelnen: „Wir sind alle Teil des Problems, weil die Lebensmittel möglichst billig sein sollen.“ Hinzu kommt die Marktmacht weniger großer Unternehmen. Ihnen eine veränderte Preisgestaltung zu diktieren, entzieht sich freilich der politischen Macht.

Hinsichtlich der auch im Landkreis geführten Diskussion über Freiflächen-Photovoltaikanlagen sprach sich Bilger dafür aus, von der Landwirtschaft genutztes Terrain zu verschonen, wenn es um Ausgleichsflächen geht. Die sogenannte Agri-PV zur Energieerzeugung bei gleichzeitiger landwirtschaftlicher Nutzung bezeichnete der 44-Jährige als gute Lösung, wie der Obst- und Gemüseanbau zeige. Allerdings müssten noch weitere Erfahrungen gesammelt werden. Zugleich sprach er sich für eine größere Entscheidungsfreiheit aus, welcher Form erneuerbarer Energien in verschiedenen Regionen der Vorzug gegeben werden sollte.

Experte für Landwirtschaft

Steffen Bilger vertritt seit 2009 den Wahlkreis Ludwigsburg im Deutschen Bundestag. Er ist stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion und zuständig für Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit und Verbraucherschutz sowie Ernährung und Landwirtschaft. Der 44-Jährige steht an der Spitze des CDU-Bezirksverbands Nordwürttemberg.

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