Haushalt nach langer Diskussion unter Dach und Fach

So turbulent verlief die Verabschiedung des städtischen Etats in Heidenheim

In seiner letzten Sitzung vor der Weihnachtspause hat der Heidenheimer Gemeinderat den städtischen Haushalt für das kommende Jahr verabschiedet. Dabei ging es zeitweise wild durcheinander.

Was eine Sache von Minuten hätte sein können, zog sich trotz ausführlicher Vorberatung in den zuständigen Ausschüssen eineinhalb Stunden hin. Missverständnisse, Ratlosigkeit und Dispute inklusive. Am Ende verabschiedete der Gemeinderat den städtischen Haushalt für das Jahr 2025 bei zehn Gegenstimmen aus Reihen der CDU, der Freien Wählern, der Grünen und der AfD.

23 Stadträtinnen und Stadträte votierten für den Etat, nachdem über zwei zuvor noch strittige Punkte in epischer Breite diskutiert und gestritten worden war. Eher gering zu nennen sind die daraus resultierenden finanziellen Auswirkungen. Weitaus gravierender nehmen sich hingegen die inhaltlichen Unterschiede aus, was die Stellenpolitik des Rathauses und die Anliegen der Beschäftigten in der Stadtverwaltung angeht.

Punkt 1: Einstellungsstopp

In ihrer Stellungnahme zum Haushaltsplanentwurf hatte Dr. Waltraud Bretzger, die Vorsitzende der CDU/FDP-Fraktion, am 7. November einen "Einstellungsstopp für Stellenneuschaffungen" beantragt. Am 5. Dezember schlossen sich die Mitglieder des Verwaltungs- und Finanzausschusses dieser Forderung mehrheitlich an und empfahlen dem Gemeinderat, dies ebenfalls zu tun. Das Gremium war nun in seiner letzten Sitzung des Jahres gefragt, ehe der Haushalt unter Dach und Fach gebracht werden konnte.

Die Verwaltung blieb bei ihrer Haltung. Oberbürgermeister Michael Salomo gab zu bedenken, von einem generellen Stopp bei den Einstellungen „wären auch Stellen mit Wissenstransfer in Bereichen betroffen, in denen die Verwaltung aufholen muss“. Mögliche Einsparungen, so seine Prophezeiung, fielen vermutlich geringer aus als von manchem erhofft.

CDU/FDP-Fraktion hält an Antrag fest

Bretzger rückte ebenfalls nicht von ihrem Antrag ab. Ihren Vorschlag, vorhandenes Personal bei Bedarf verwaltungsintern an anderer Stelle einzusetzen, lehnte Salomo mit dem Hinweis ab, ein solcher Schritt sei aufgrund der teils monatelangen Einarbeitungszeit in andere Sachgebiete nicht beliebig möglich.

Ralf Willuth, Fraktionschef der Freien Wähler, bezeichnete den Antrag von CDU und FDP unterdessen als „zu kurz gesprungen“, da er den Erfordernissen der Verwaltung nicht gerecht werde. Zwar müsse ein höherer Mitarbeiterstand vermieden werden, gleichwohl könne bei Pflichtaufgaben, etwa bei der Bearbeitung von Wohngeldanträgen, die Notwendigkeit bestehen, vorübergehend zusätzliches Personal einzusetzen. Die städtischen Mitarbeiter seien kein notwendiges Übel, so Willuth, „sondern das Wichtigste, das wir im Rathaus haben, nämlich sein Gehirn und Herz“.

Keine neuen Stellen bei freiwilligen Leistungen

Nachdem der CDU/FDP-Antrag, einen generellen Einstellungsstopp zu verhängen, bei neun Ja- und 24 Neinstimmen gescheitert war, hatten die Ratsmitglieder über den von Fabian Rieck (Freie Wähler) formulierten, dreiteiligen Antrag zu entscheiden: Im Freiwilligkeitsbereich sollen keine Stellenneuschaffungen erfolgen, Nachbesetzungen jedoch möglich sein. Im Bereich der Pflichtaufgaben sollen neue Stellen geschaffen werden können, sofern sie mit einem KW-Vermerk („künftig wegfallend“) versehen sind. Und: Sämtliche Stellenneuschaffungen müssen vom Gemeinderat abgesegnet werden. Letzterer Passus sei überflüssig, sagte Salomo, da das Gesetz dieses Vorgehen ohnehin vorgebe.

Was nun folgte, war eine von Missverständnissen, mehrfachen Formulierungsänderungen und fragenden Blicken begleitete Diskussion, zumal offenkundig Unklarheit über den Unterschied zwischen Stellenneuschaffungen und Wiederbesetzungen herrschte. Die Konfusion gipfelte in dem Zwischenruf: „Ich weiß gar nicht mehr, worüber wir abstimmen. Dann enthalte ich mich halt“, ehe der Antrag der Freien Wähler mit 18 zu 16 Stimmen eine knappe Mehrheit fand.

Punkt 2: Mitarbeiterbefragung

Nicht weniger emotional verlief die Debatte in einer weiteren Glaubensfrage: Soll ein externes Unternehmen die Beschäftigten der Stadtverwaltung zeitnah zu ihrer Stimmungslage befragen? Ja, hatte der Verwaltungs- und Finanzausschuss Anfang Dezember gesagt und sein Votum dem Gemeinderat weitergeleitet. Dieser sprach sich jetzt mit großer Mehrheit dagegen aus, nachdem Salomo abermals seine Vorbehalte erläutert hatte: Die Verwaltung sei nicht grundsätzlich gegen eine Befragung. Allerdings sei dafür Zeit erforderlich, weshalb zunächst die Bundestagswahl und der Abschluss des Rathausumbaus abgewartet werden sollten.

Ohnehin seien aufgrund der Bauarbeiten Aussagen wahrscheinlich, auf die derzeit nicht reagiert werden könne. Erfahrung anderer Städte zeigten zudem, so Salomo, dass Kosten zwischen 30.000 und 40.000 Euro zu erwarten seien.

Befragung soll erst später erfolgen

Fabian Rieck nahm diese Summe zum Anlass, seine anfängliche Zustimmung zurückzunehmen. SPD-Sprecherin Tanja Weiße plädierte ebenso für einen späteren Zeitpunkt wie Willuth. Dieser merkte an: „Es ist doch klar, was während der Umbauphase herauskommt. Lasst uns das nach der Fertigstellung machen.“ Anamari Filipovic (Grüne/ÖDP) meinte unterdessen aus dem Antrag ein nicht nachzuvollziehendes Misstrauen herauszuhören und sah keinen Anlass für eine Befragung in der vorgeschlagenen Form.

Bretzger warf ein: „Es ist immer irgendetwas los, und die Mitarbeitenden müssen uns 30.000 oder 40.000 Euro wert sein.“ Ihr Fraktionskollege Oliver Conradi fügt hinzu, um Verfälschungen zu vermeiden, könnten bestimmte Themen bewusst ausgespart werden.

Haltung des Personalrats bleibt ungenannt

Vollends vorbei mit der vorweihnachtlichen Besinnlichkeit war es dann vorübergehend angesichts eines Wortgefechts zwischen Salomo und Michael Rieck (CDU). Dieser bat darum, die Meinung des Personalrats einzuholen, worauf der Rathauschef mit dem Hinweis auf die ihm obliegende Sitzungsleitung verzichtete und stattdessen von einem „politischen Scharmützel“ sprach.

Während der zuvor nichtöffentlich erfolgten Erörterung des Stellenplans habe Rieck kein entsprechendes Ansinnen formuliert. „Ich bin fassungslos“, entgegnete der Angesprochene kopfschüttelnd, woraufhin Salomo ihm vorhielt: „Sie sind sehr allergisch, wenn man Regeln nicht einhält, aber sie tun es auch.“

Im Laufe des anschließenden Weihnachtsessens wich die zumindest in öffentlichen Sitzungen bislang nicht gekannte Schärfe zwar etwas. Gleichwohl dürfte sie ein Fingerzeig für die künftige argumentative Auseinandersetzung im Gemeinderat sein.

Was ist ein KW-Vermerk?

Ist eine Stelle mit einem sogenannten KW-Vermerk versehen, so bedeutet das, dass sie künftig wegfällt. Eine detaillierte Angabe beschreibt, wann das der Fall ist. So kann der Wegfall beispielsweise an das Ausscheiden des bisherigen Stelleninhabers gekoppelt sein oder darin begründet liegen, dass eine Stelle in nachfolgenden Haushaltsjahren nicht mehr benötigt wird.

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