So werden bei der nächsten Gemeinderatswahl in Heidenheim die Sitze verteilt
Monatelang haben viele Menschen darüber diskutiert, ob das Kommunalwahlrecht in Heidenheim geändert werden soll. Jetzt steht fest: Die unechte Teilortswahl wird nicht abgeschafft. Das hat der Gemeinderat am Donnerstag mit knapper Mehrheit entschieden. Er sprach sich allerdings dafür aus, die Sitze zwischen Kernstadt und Teilorten neu aufzuteilen.
Ausgangspunk der Kontroverse war – wie mehrfach berichtet – ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs. Dieser hatte vergangenes Jahr die Tauberbischofsheimer Gemeinderatswahl von 2019 für ungültig erklärt. Grund: Die Sitzverteilung der Wohnbezirke entsprach dort nicht dem Verhältnis der jeweiligen Einwohnerzahlen.
Rechtliche Bedenken in Heidenheim
Für Heidenheim erkannte die hiesige Verwaltung ebenfalls eine möglicherweise gesetzeswidrige Schieflage. Demzufolge ist Großkuchen derzeit um 25 Prozent, Oggenhausen um 56 Prozent, der Wohnbezirk Kleinkuchen, Nietheim, Rotensohl um 81 Prozent überrepräsentiert. Während sich die Verantwortlichen im Rathaus deshalb für den Abschied von der unechten Teilortswahl stark machten, um möglichen Wahlanfechtungen und kostspieligen Wiederholungen vorzubeugen, signalisierten die Ortschaftsräte in Oggenhausen und Großkuchen schnell, an der bisherigen Praxis festhalten zu wollen.
Bestätigt sahen sie sich in ihrer Meinung durch einen Vertreter des baden-württembergischen Städtetags, dessen Erläuterungen im Rahmen einer gemeinsamen Sitzung im April sie so interpretierten, „dass es sich bei dem genannten Urteil um eine Einzelfallentscheidung ohne generelle Wirkung handelt“, wie Vera Wolf (Grüne) jetzt anmerkte.
Regierungspräsidium legte Überprüfung nahe
Christina Abele, bei der Stadtverwaltung zuständig für allgemeine und zentrale Verwaltungsaufgaben sowie für die Geschäftsstelle des Gemeinderats, verwies angesichts „eklatanter Abweichungen“ hingegen auf eine Stellungnahme des Regierungspräsidiums, das sowohl die Eingemeindungsverträge als auch die aktuelle Sitzungsvorlage geprüft habe. Ergebnis: „In einer Deutlichkeit, die ich in mehr als 20 Jahren noch nie erlebt habe, legen sie uns zwingend nahe, unsere Verhältnisse anzupassen“, so Abele. Die Notwendigkeit, diesem Hinweis zu entsprechen, leitete sie aus der Zuständigkeit für die Prüfung etwaiger Einsprüche gegen eine Wahl ab: „Die liegt nämlich gerade beim Regierungspräsidium.“
Oberbürgermeister Michael Salomo verwies ebenfalls auf den mit dem Urteil verknüpften Auftrag, die Verhältnisse vor Ort zu überprüfen. Dennoch schlug der Versuch fehl, die Vertreter der Teilorte in letzter Minute doch noch von den mehrfach ins Spiel gebrachten Argumenten gegen die unechte Teilortswahl zu überzeugen: Fehleranfälligkeit, begrenzte Zahl von Kandidaten, Verpflichtung der Ratsmitglieder der Gesamtbevölkerung gegenüber, abgeschlossene Integration der Dörfer in die Gesamtstadt.
Vorbehalte in Heidenheims Teilorten
Alexander Jurtschak (SPD) aus Oggenhausen räumte zwar den Vorteil einer möglichen Vereinfachung des Wahlakts ein, beharrte jedoch auf der Bindungswirkung des nach wie vor geltenden Eingemeindungsvertrags: „Es fühlt sich für die Bürger sonst so an, als ob man immer einen Weg finden könne, diesen Vertrag mit der Stadt zu kündigen.“ Frank Rebmann (Grüne) aus Großkuchen hob hervor, dass sich der Ortschaftsrat die Meinungsbildung nicht leichtgemacht habe. Unterm Strich erhebe aber auch dieser den Anspruch, den Eingemeindungsvertrag einzuhalten: „Wir wollen unsere beiden Sitze behalten.“
Dass es quer durch die Fraktionen unterschiedliche Ansichten gab, machte Michael Kolb (CDU/FDP) deutlich. Schließlich müssten verschiedene Kontraste abgewogen werden: zum einen der Grundsatz, dass jede Stimme gleiches Gewicht haben müsse, und die bewusste Vernachlässigung dieses Prinzips in den Eingemeindungsverträgen; zum anderen die Tatsache, zur gleichen Stadt zu gehören und doch über ein eigenständiges Leben mit eigener Dorfkultur zu verfügen.
Während Norbert Fandrich (SPD/Linke) hervorhob, die Ratsmitglieder seien verpflichtet, Schaden von der Stadt und ihren Bürgern abwenden, hätten folglich auch die Kosten einer eventuellen Neuwahl zu berücksichtigen, mahnte Elisabeth Kömm-Häfner (Grüne) dazu, auch die Belange der Teilorte zu beachten: „Was wäre denn, wenn niemand mehr von dort im Gemeinderat sitzt?“
Mehr garantierte Sitze für Heidenheim
Schlussendlich votierten 16 Stadträtinnen und Stadträte gegen die Abschaffung der unechten Teilortswahl, 14 waren dafür, hinzu kam eine Enthaltung. Mit 20 zu elf Stimmen fand stattdessen der Alternativvorschlag der Stadtverwaltung eine knappe Mehrheit. Er sieht vor, dass auf Heidenheim in Zukunft 31 Sitze im Gemeinderat entfallen. Für Oggenhausen und den gemeinsamen Wohnbezirk Großkuchen, Kleinkuchen, Nietheim und Rotensohl ist es jeweils einer.
Zum Vergleich: Bislang sind Heidenheim 28 Sitze garantiert, Oggenhausen deren zwei, Großkuchen einer, dem gemeinsamen Wohnbezirk Kleinkuchen, Nietheim, Rotensohl ebenfalls einer. Mögliche Ausgleichssitze nicht berücksichtigt (davon gibt es derzeit einen), steigt die Sollstärke des Gremiums somit von 32 auf 33.
Heidenheims Stadtverwaltung sieht Rechtssicherheit
Nach Einschätzung der Stadtverwaltung ergibt sich aus dieser Veränderung und der Abschaffung der unechten Teilortswahl in Großkuchen (siehe Info) „weder eine Über- noch eine Unterrepräsentation, womit aus Sicht der Verwaltung nach der Anpassung der Hauptsatzung für die Kommunalwahl in Heidenheim Rechtssicherheit besteht“, so Rathaussprecher Stefan Bentele. Wie bislang schon würden auch in Zukunft vor jeder Wahl alle Wahlbezirke auf Veränderungen hinsichtlich Bevölkerung und Sitzverteilung geprüft.
Veränderungen in Großkuchen
Bei der Wahl des Großkuchener Ortschaftsrats gilt die unechte Teilortswahl künftig nicht mehr. 16 Stadträtinnen und Stadträte stimmten am Donnerstag für die Abschaffung, zwölf dagegen, drei enthielten sich. Die sich nun ergebenden Veränderungen der Hauptsatzung sollen in der nächsten Sitzung des Gemeinderats, die am 28. September stattfindet, beschlossen werden.