Nach Schüssen auf ein Auto in Nattheim

Staatsanwaltschaft klagt 35-jährigen Heidenheimer wegen versuchten Totschlags an

Die Staatsanwaltschaft Ellwangen erhebt Anklage gegen einen 35-jährigen Heidenheimer, der im März auf ein Auto samt Insassen in Nattheim geschossen haben soll. Das Motiv ist weiterhin unklar.

Versuchter Totschlag in drei Fällen sowie Verstoß gegen das Waffengesetz: Das legt die Staatsanwaltschaft Ellwangen einem polizeibekannten und mehrfach vorbestraften Heidenheimer zur Last. Ein halbes Jahr nach der Schießerei auf dem Hof eines Autohändlers wurde Anfang August Anklage zum Landgericht Ellwangen gegen den Mann erhoben. Das teilte Staatsanwalt Maximilian Adis auf Anfrage unserer Zeitung mit.

Dem 35-jährigen Mann werde vorgeworfen, am 5. März auf einem Firmengelände in Nattheim mehrere Schüsse auf ein wegfahrendes Fahrzeug abgefeuert zu haben. Die genauen Hintergründe der Tat bleiben nach wie vor im Dunkeln. „Der Angeklagte hat sich im Ermittlungsverfahren nicht zur Sache eingelassen“, sagte Maximilian Adis. Im Raum stehe eine mutmaßliche Ehrverletzung.

Was geschah am 5. März in Nattheim und Schnaitheim?

An jenem Dienstag im März trafen sich zwei Gruppen von Männern auf dem Hof des Autohauses in Nattheim. Gegen 14 Uhr eskalierte das Treffen. Der Beschuldigte soll laut Anklage mit einer halbautomatischen Pistole auf ein wegfahrendes Fahrzeug geschossen haben, in dem sich drei Personen befanden. Die Schüsse trafen das Auto, verletzt wurde niemand. Dennoch geht die Staatsanwaltschaft laut Adis davon aus, dass der Beschuldigte „die Verursachung tödlicher Verletzungen zumindest billigend in Kauf genommen“ habe.

Der Fahrer des beschossenen Fahrzeugs, ein Audi, alarmierte die Polizei und flüchtete nach Schnaitheim, wo er sich auf das Gelände eines weiteren Autohändlers rettete. Dort stellte die Polizei mehrere Einschusslöcher am Audi fest.

Fahndungserfolg in Sarajevo

Nach der Tat floh der 35-Jährige und schaffte es zunächst auch unterzutauchen. Überregional wurde nach ihm per Europäischem Haftbefehl gesucht. Zwei Wochen später, am 19. März, gelang den Behörden der Durchbruch: Der Verdächtige wurde auf dem Flughafen in Sarajevo, der Hauptstadt von Bosnien-Herzegowina, entdeckt und festgenommen. Eine Zeitung vor Ort berichtete, dass er sich auf dem Weg in die Türkei befunden haben soll. Ende Juli wurde der Heidenheimer laut Angaben der Staatsanwaltschaft nach Deutschland ausgeliefert. Seitdem befindet sich der Mann in Untersuchungshaft. Das Landgericht Ellwangen hat nun über die Eröffnung des Hauptverfahrens und die Anberaumung der Verhandlungstermine zu entscheiden.

Zum Zeitpunkt der Tat auf Bewährung frei

Der Beschuldigte stand zum Zeitpunkt der Schießerei unter Bewährung. Im November 2018 war er am Landgericht Ellwangen zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und acht Monaten verurteilt worden, im Zusammenhang mit Drogenhandel und Falschgeld. Hinzu kam eine weitere zehnmonatige Freiheitsstrafe, die das Amtsgericht Ulm wegen gefährlicher Körperverletzung verhängt hatte. „Von dieser Gesamtstrafe saß der Heidenheimer zwei Drittel ab, der Rest der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt“, so Adis. Seitdem war der Mann wieder in Heidenheim unterwegs.

In Ermittlerkreisen ist der Beschuldigte kein Unbekannter. Schon bei den Verhandlungen zuvor spielte seine Vergangenheit und die lange Liste an Vorstrafen eine Rolle. Die erste Jugendstrafe gab es schon 2003, als der Angeklagte noch nicht einmal 15 Jahre alt war. 2006 wurde er wegen Handels mit Betäubungsmitteln verurteilt, was ihm eine zweijährige Jugendstrafe einbrachte. Wieder vor Gericht stand er 2012, jedoch flüchtete er in einer Verhandlungspause und setzte sich zunächst nach Rumänien und dann nach England ab, wo ihn die dortige Polizei festnahm. Wiederum verbrachte er zwei Jahre im Gefängnis. Nachdem er im Februar 2015 aus der Haft entlassen wurde, gründete er das Chapter Ulm-Heidenheim der United Tribuns, einer rockerähnlichen Gruppierung, deren Chef er war.

Wie hoch könnte eine Strafe bei einer Verurteilung ausfallen

Für versuchten Totschlag sieht das Strafgesetzbuch zunächst einmal denselben Strafrahmen vor, der auch für den vollendeten Totschlag gilt – also eine Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren. Allerdings hat das Gericht je nach Umständen auch die Möglichkeit, diese Strafe abzumildern. Beim Verstoß gegen das Waffengesetz ist zudem eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren möglich.

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