Illusionistische Malereien auf der Straße locken zur nächsten Ausstellung im Heidenheimer Kunstmuseum
Eine Treppe auf dem Gehweg? Ein Schlund, der dich verschlingt? Man sollte derzeit schon ein bisschen aufpassen, wenn man zu Fuß in der Heidenheimer Innenstadt unterwegs ist. Insbesondere zwischen Rathaus und Kunstmuseum. Denn dort stehen die Chancen gerade nicht schlecht, auf Kunst zu treten. Angst davor, dabei über sie zu stolpern oder etwa von ihr in die Tiefe gezogen zu werden, muss allerdings niemand haben. Das Ganze ist ein Täuschungsmanöver.
Verantwortlich dafür ist Philipp A. Schäfer. Der Mann ist Künstler. Und indem er in Heidenheim Gullydeckel und sonstige Schachtverblendungen umgestaltet hat, macht er, wenn man so will, Werbung für die nächste Ausstellung im Kunstmuseum. „Echt jetzt“ lautet deren Motto, eröffnet wird sie am Samstag, 25. November.
Appetit auf Täuschung
Auch dann werden Täuschungen das Thema sein. Denn es wird um die Illusion in der Malerei gehen. Dafür gibt es sogar einen Terminus technicus. "Trompe-l’œil", sagt man elegant auf Französisch, wenn Kunst mittels perspektivischer Darstellung zum Beispiel Dreidimensionalität vortäuscht. Täusche das Auge wäre die wörtliche Übersetzung für das unterschwellige Motto der Schau im Kunstmuseum. Und für diese wiederum liefert, um im fremdsprachlichen Bild zu bleiben, Philipp A. Schäfer mit seiner Aktion mitten in der Stadt gewissermaßen das Amuse gueule, das, diesmal nicht wörtlich übersetzt, Appetithäppchen.
Philipp A. Schäfer also wirbt, wenn man so will, für diese Ausstellung, die mit heutigen Mitteln und aus heutigen Blickwinkeln heraus Bezug nimmt auf eine lang in den Hintergrund der Kunstgeschichte verdrängte Spielart der Malerei, von der nun offenbar wieder eine Verlockung ausgeht. Schäfer macht jedoch nicht nur Reklame für die Heidenheimer Schau mit neuer illusionistischer Malerei, sondern auch in eigener Sache. Denn Schäfer ist Teil der Ausstellung im Kunstmuseum: als ihr Vorbote, aber auch nach deren Eröffnung als Gestalter ihrer Erweiterung in den Außenraum.
Wo ist Nummer sechs?
Sechs „Kanalarbeiten“ von Philipp Schäfer sind es insgesamt, die man derzeit auf beiden Seiten der Strecke zwischen Rathaus und Kunstmuseum entdecken kann. Das jedenfalls sagt der Chef des Kunstmuseums, Marco Hompes. Wobei er ehrlicherweise zugibt, selber erst fünf gefunden zu haben. Die sechste suche er noch. Was übrigens eindeutig schwerer zu sein scheint, als man denken könnte.
Denn auch die beiden HZ-Spürnasen, die sich auf den Weg machten, um findiger zu sein als der Museumsdirektor, konnten am Ende ihrer Exkursion nur bis fünf zählen und fanden Spuren von Philipp A. Schäfer an der Südwestecke des Kunstmuseums, vor dem früheren Commerzbankgebäude, zwischen Elektro-Center und „Poseidon“, am Hintereingang von Steingaß und dann noch knapp vor Erreichen des Rathauses.
Nicht aus der Ultra-Ecke
Nun könnte man ja auf die Idee kommen, den Künstler nach dem sechsten Schauplatz zu fragen. Andererseits sollen ja Herausforderungen auch dazu da sein, angenommen zu werden. Wir werden uns also weiterhin umsehen. Und, wer weiß, womöglich hat jemand, der dies hier liest, ja längst schon das offenbar am besten versteckte sechste und letzte Teil des Ganzen gefunden.
Doch selbst, wenn nicht: Endlich mal wieder neue Kunst im öffentlichen Raum, könnte man sagen, wo in Sachen Malerei ansonsten eigentlich nur noch die Hinterlassenschaften der Spraydosenschüttler und Pinselschwinger aus der Fußball-Ultra-Ecke oder die Zugbeschrifter aus den Bahnhofateliers den Ton angeben. Wem allerdings nicht nur deren, sondern auch Philipp A. Schäfers Arbeiten Dornen im Auge sein sollten, dem sei gesagt, dass Beschwerden über diesen erst recht zwecklos sind. Denn Philipp A. Schäfer malte nicht nur mit behördlicher Genehmigung, sondern sogar mit ausdrücklicher Unterstützung des Heidenheimer Innenstadt-Managements.
Vom 25. November bis zum 3. März
Die Ausstellung „Echt jetzt“ wird am Samstag, 25. November, um 17 Uhr mit einer Vernissage im Heidenheimer Kunstmuseum eröffnet und dort bis zum 3. März 2024 zu sehen sein.