Betriebsversammlung

TDK-Betriebsrat in Heidenheim hofft auf moderaten Stellenabbau ohne Kündigungen

Am Mittwochnachmittag ging es in einer Betriebsversammlung bei TDK in Heidenheim um den im März angekündigten Abbau von 300 Stellen am Standort. Die Arbeitnehmerseite hat sich beraten lassen. Das sind die ersten Ergebnisse:

Auf dem Betriebsgelände von TDK in Heidenheim war am Mittwoch ein großes Zelt aufgebaut, bestuhlt für 400 Personen. Um 13 Uhr fand dort eine Betriebsversammlung statt, in der es um den geplanten Abbau von 300 Arbeitsplätzen am Standort ging. Die Arbeitnehmerseite hat das Info-Institut, eine Unternehmensberatung für Arbeiternehmer, mit der Untersuchung der Situation in Heidenheim beauftragt. Dieses stellte eine erste Zwischenbilanz seiner Arbeit vor, auch Betriebsratsvorsitzende Marion Beylschmidt und Phillip Boyer von der Gewerkschaft IG Metall informierten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Handlungsbedarf festgestellt

„Die Unternehmensberatung hat viele Daten vom Management abgefragt und auch erhalten“, berichtet die Betriebsratsvorsitzende. Zudem seien Gespräche mit vom Betriebsrat vorgeschlagenen internen Experten und der Geschäftsleitung geführt worden. „Auch das Info-Institut hat festgestellt, dass es einen Handlungsbedarf gibt“, erläutert Marion Beylschmidt. Und bei der schwierigen Lage, in der sich das Unternehmen befinde, würden Personalkosten eine wesentliche Rolle spielen.

Allerdings kommt die Arbeitnehmerseite zu einem anderen Schluss als die TDK-Geschäftsführung: „Wir sind davon überzeugt, dass ein Arbeitsplatzabbau ohne betriebsbedingte Kündigungen funktionieren kann“, so Beylschmidt. Das Unternehmen hatte im März angekündigt, dass von den derzeit rund 540 Arbeitsplätzen rund 300 in den Jahren 2025 und 2026 wegfallen sollen. Ein Teil des vorgesehenen Abbaus soll auch laut der Unternehmensführung durch bereits getroffene Vereinbarungen wie Altersteilzeit oder regulären Renteneintritt erfolgen. Jedoch wären trotzdem betriebsbedingte Kündigungen notwendig.

Momentan gibt es bei TDK in Heidenheim 21 Fertigungslinien, auf denen elektronische Bauelemente (Induktivitäten) für die Automobilindustrie hergestellt werden. 13 dieser Linien sollen, so hat es die Unternehmensführung im März mitgeteilt, schrittweise an die TDK-Standorte Szombathely in Ungarn sowie Hongqi in China verlagert werden. Drei Produktionslinien sollen ganz auslaufen. In Heidenheim würden dann nach Wunsch des Unternehmens vier Produktionslinien und eine Pilotlinie, auf der Prototypen gefertigt werden, verbleiben.

Nicht alle Bereiche defizitär

Laut Phillip Boyer hat die Untersuchung durch das Info-Institut ergeben, dass nicht alle Produktbereiche defizitär sind und deshalb auch ein Teil der Serienfertigung in Heidenheim erhalten bleiben könnte. „Das Unternehmen schreibt sich Qualität auf die Fahnen, die können wir hier in Heidenheim bieten“, sagt er. Sozialverträglicher Stellenabbau bedeute aus Sicht der Gewerkschaft, mit Altersteilzeit zu arbeiten, Mitarbeitenden Qualifizierungsprogramme anzubieten und, falls notwendig, ein Freiwilligenprogramm aufzusetzen.

Geschäftsführung sieht keine Alternative

„Wir haben den Arbeitnehmervertretern zugesichert, dass über Vorschläge zu Alternativen zum geplanten Restrukturierungkonzept ergebnisoffen verhandelt wird“, teilt Thomas Dörken, Standortleiter von TDK in Heidenheim, mit. Der vom Info-Institut als „Fortführungskonzept“ bezeichnete Vorschlag werde geprüft und bewertet, anschließend erfolge eine Stellungnahme des Unternehmens dazu, so Dörken. Allzu große Hoffnung schürt er allerdings nicht: „Derzeit sehen wir keine Alternative. Das wurde auf der Betriebsversammlung durch die Unternehmensleitung auch so kommuniziert.“

Die Arbeitnehmerseite wartet hingegen auf eine aus ihrer Sicht möglichst positive Rückmeldung der Geschäftsleitung. Dabei geht es im Kern um die Frage, wie hoch der Stellenabbau am Ende sein muss, um die Wirtschaftlichkeit des Standorts Heidenheim zu verbessern. Die Betriebsversammlung am Mittwoch wurde flankiert von knapp 300 Holzkreuzen, die der Betriebsrat auf dem TDK-Gelände aufgestellt hat. „Wir wollen damit den Zwiespalt optisch darstellen“, so Marion Beylschmidt. Einerseits würden die Kreuze für die Arbeitsplätze stehen, die begraben werden sollen, andererseits verbinde sich damit auch die Hoffnung, dass das von TDK „Henry“ getaufte Abbauprogramm zu Grabe getragen werden könnte.

Unternehmensgeschichte mit Tradition

Das Unternehmen in den Seewiesen gibt es in Heidenheim bereits seit 1947 und war zunächst ein Siemens-Werk für Rundfundgeräte und Bauelemente. Im Lauf seiner Geschichte wechselte nicht nur der Firmenname mehrmals, es gab auch immer wieder Entlassungswellen und Schwankungen bei den Mitarbeiterzahlen. Unter dem Namen Epcos wurden 2002 und 2006 massiv Arbeitsplätze abgebaut worden. Seit 2009 befindet sich das Unternehmen unter dem Dach des Elektronikkonzerns TDK mit Sitz in Tokio. 2017 feierte man das 70-jährige Standortbestehen mit damals 430 Mitarbeitern. Heute sind 600 Menschen am TDK-Standort Heidenheim beschäftigt, die sich auf 540 Vollzeitstellen umrechnen lassen.

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