Opernfestspiele

Wie das "Gotteslob" des Philharmonischen Chors Brünn in der Pauluskirche Herzen berührte

Ergriffenheit, Bewunderung und größten Respekt erntete der Tschechische Philharmonische Chor Brünn für sein Konzert "Gotteslob" in der Pauluskirche. Es zeigte sich einmal mehr: Der Brünner Chor ist eine Klasse für sich.

Es gibt ja manchmal die Bitte zu Beginn eines Konzerts, das Publikum möge doch nicht zwischen den Stücken applaudieren, sondern den Beifall ganz am Schluss spenden. Eine solche Bitte gab es am Donnerstag in der Pauluskirche beim Konzert im Rahmen der Opernfestspiele „Gotteslob“ des Tschechischen Philharmonischen Chors Brünn nicht, einer solchen Bitte bedurfte es auch gar nicht. Denn es schien so, als habe das Publikum gar nicht gewagt, irgendwelche anderen Töne als die gesungenen zu hören. Keinen Mucks gab es während des Vortrags, kein Klatschen dazwischen. Dagegen war Ergriffenheit, Bewunderung und größter Respekt deutlich spürbar: Der Chor verblüffte mit seinem perfekten Vortrag und beeindruckte tief.

Was da von den Sängerinnen und Sängern unter der Leitung von Petr Fiala geleistet wird, das ist an sich bereits ein Gotteslob. Mit den zu großer Strahlkraft verschmelzenden Stimmen, die zu feinster wie auch voluminöser Dynamik in zartesten Übergängen und auch abrupten Wechseln fähig sind, vermochte der Chorklang tief im Herzen zu berühren. Und das machte ein bisschen sprachlos vor Bewunderung vor einer solchen Leistung, die Petr Fiala mit seinem sensiblen Dirigat hervorzurufen imstande ist.

Eine Klasse für sich

Das alles könnte nun in die verschiedensten Einzelteile seziert werden. Das Gespür für schnelle, beschwingte Passagen könnte gerühmt werden wie auch das für feierliche, getragene Weisen und die meisterlichen Fähigkeiten, jedes Tempo zu beherrschen, ohne dass an Glanz verloren geht. Es könnte gepriesen werden, zu welchem Volumen der Chor aufwallen kann, wenn er doch an anderer Stelle ganz sanft und sacht klingt und immer noch ans Innerste dringt. Es könnte ganz profan hervorgehoben werden, welche große Anzahl an Männerstimmen im Chor versammelt ist, wo doch sonst in Chören Männer händeringend gesucht sind. Es könnte herausgestellt werden, wie souverän und virtuos die Harmonien beherrscht werden. Das alles könnte gesagt werden, und es wäre alles richtig und vielleicht noch ein wenig untertrieben. Doch gilt auch in diesem Falle, dass das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile: Der Tschechische Philharmonische Chor Brünn ist ganz einfach eine Klasse für sich. Das hat er wie so oft schon in Heidenheim auch an diesem Abend abermals sehr eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

Hinzu kommt – auch das ein eindrucksvoller Teil des Ganzen - , dass für das „Gotteslob“ ein Programm von Renaissance bis ins 20. Jahrhundert zusammengestellt wurde, das wenig bis hierzulande sogar unbekannte Werke enthielt.  Die sehr andächtigen „Klagelieder des Propheten Jeremias“ von Jacobus Gallus aus dem heute slowenischen Ribnica gehörten dazu, wobei der Chor hier auf Altarraum und Empore verteilt war, sodass das Publikum gewissermaßen von Andacht umhüllt war.

Kaum bekannt ist hier der barocke Komponist Černohorský, der in Tschechien als der „böhmische Bach“ gilt. Sein „Laudetur Jesus Christus“ bestach mit großer Feierlichkeit, die der Chor auch bei dem anspruchsvollen, beschwingten Tempo zu keiner Zeit vermissen ließ. Aus Verdis „Quattro pezzi sacri“  waren das Ave Maria und Stabat Mater zu hören: Verdi hatte sie einst bekundetermaßen nur unter Schmerzen veröffentlicht, fand er doch solchen Wohlgefallen daran, dass er sie für sich allein behalten wollte. Glücklicherweise entschied er sich dagegen: Der Genuss an diesen Werken, zumal so hervorragend wie vom Brünner Chor interpretiert, wäre sonst ja ewig versagt geblieben.

Faszinierende Werke im Programm

Von Anton Dvořák hatte der Chor für dieses Konzert Ave Maria und Ave Maria Stella ausgewählt: In beiden Stücken brillierte der Chor mit Solistin Marie Vrbová von der Empore aus. Von dort aus erklang auch „Otčenáš“, das Vaterunser des 1854 in Mähren geborenen Komponisten Leoš Janáček: Ein faszinierendes Werk mit flirrender Harfe (Pavla Kopecká), wohl dosierten Orgelakzenten (Linda Sitková) und dem Gegensatz von höchsten und filigranen Tenortönen (Tomáš Kořinek) und kraftvollen und energiegeladenen Chorpassagen, die wie Glockenschläge anmuteten.

Sehr gut gefallen konnte auch die ganz anders als gewohnt angelegte und sehr reizvolle Missa brevis F-Dur op. 21 des zu den berühmtesten böhmischen Komponisten zählenden Zdenĕk Fibich: Ganz modern anmutende Rhythmen gingen hier mit einer hohen Expressivität einher, die in den vielen dynamischen Wechseln niemals abriss.

Waren die einzelnen Programmteile bereits sehr beeindruckend, so war es das große Ganze umso mehr. Und so blieben Zuhörer und deren Hände auch am Ende zunächst noch still und in Ergriffenheit verharrt, um dann aber sehr nachhaltig Applaus zu spenden und dafür auch nach und nach aufzustehen. Der Chor bedankte sich mit dem „Ave verum“ von Mozart  - und da war sie denn auch wieder, die Ergriffenheit. Und auch die Erkenntnis: Der Brünner Chor ist eine Klasse für sich.

Eines der besten europäischen Vokalensembles

Der Tschechische Philharmonische Chor Brünn wurde 1990 von Petr Fiala gegründet, der auch Musikdirektor, Komponist und Dirigent des Chores ist. Unter seiner Leitung hat sich der Chor als eines der besten europäischen Vokalensembles etabliert, dem unter anderen drei ECHO Klassik-Preise verliehen wurden. Seit 2015 gehört der Chor zum festen Partner der Opernfestspiele Heidenheim.

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