Kommentar von Michael Brendel

Tote Hose statt frohe Botschaft im Heidenheimer Lokschuppen

Traditionell lädt der Heidenheimer Gastronom Hüseyin Perktas die Heidenheimer am Heiligen Abend zum Essen in den Lokschuppen ein. Wegen Abstimmungsproblemen fällt die Veranstaltung diesmal aus. Das bedauert auch Redakteur Michael Brendel.

Ein Blick auf die Brandherde, Konflikte, Kriege, die den Erdball gerade täglich an gefühlt mehr Stellen überziehen, veranschaulicht, woran es vielerorts fehlt: Empathie, Kommunikation, Toleranz. All das verbirgt sich in der frohen Botschaft, die an Weihnachten weltweit gepriesen wird. Im Kleinen lebt sie Jahr für Jahr im Heidenheimer Lokschuppen auf. Weit davon entfernt, auf bloße Worthülsen reduziert zu werden, führt sie dort Menschen vielerlei Couleur zusammen. Unabhängig von Glaube, Nationalität, gesellschaftlichem Status: Hüseyin Perktas rannte mit seiner Tatkraft von Anfang an sämtliche Türen ein und er schafft es seit mehr als zwei Jahrzehnten, am Heiligen Abend alle, die dort Platz nehmen möchten, an einen Tisch zu bringen.

Weil das diesmal aufgrund einer offenkundig unzureichenden Absprache im Vorfeld nicht klappt, gibt es ausschließlich Verlierer. Hüseyin Perktas, der der Veranstaltung mit viel Herzblut zu ihrem Ruf verholfen hat, und der nun zutiefst frustriert ist. Die Stadt, weil das ihr gut zu Gesicht stehende Aushängeschild in Sachen Weltoffenheit, Gemeinsinn und Integration eingemottet bleibt. Und natürlich die zahlreichen Menschen, die sich schon darauf gefreut hatten, den Heiligen Abend auch in diesem Jahr nicht alleine verbringen zu müssen.

Ganz nüchtern betrachtet, macht die Pleite eines deutlich: Die Zeiten, in denen per Handschlag Vereinbartes verlässlich Bestand hat, sind vorbei. Nachkarten bringt nichts, denn ein alleiniger Buhmann, auf den sich die Schuld abladen ließe, ist nicht auszumachen. Wichtig stattdessen: Alle Beteiligten sollten sich an einen Tisch setzen, sobald der größte Ärger verraucht ist, und das Essen für den Heiligen Abend 2025 unverzüglich festzurren. Denn der Fortbestand dieser ausgebremsten Tradition ist nötiger denn je.

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