Kulturschiene

„Starbugs Comedy“ im Heidenheimer Konzerthaus: Ein Trio mit verliebtem Fön

Erfrischend originell und ein Garant zum Durchlachen: „Starbugs Comedy“ eroberte sein Publikum im Heidenheimer Konzerthaus nahezu wortlos.

Eine Mischung aus Tanz, Akrobatik und Comedy versprach „Starbugs Comedy“, das Schweizer Trio, das am Donnerstagabend im Konzerthaus im Rahmen der Kulturschiene zu Gast war. Was sollte man sich unter dieser Mischung wohl vorstellen? Nach Genuss der Show lässt sich jedenfalls feststellen: Die Beschreibung ist wohl ein typisches Beispiel für Schweizer Understatement. Denn das, was die Zuschauer letztlich erhalten haben, enthielt viel mehr als die drei genannten Zutaten: Slapstick, Klamauk und Klamotte.

Pantomime, Glitter und Flitter, Tanz von Lateinamerikanisch über Steppen bis zu Moonwalk, jede Menge Musik und Geräusche statt vieler Worte. Absurditäten und Albernheiten, Perücken, Bademäntel, Battles in Songtexten, Darth Vader und Laubbläser. Und darunter vor allem als Running Gag Adeles „Hello! It’s me“, geschickt platziert oder eben auch geschickt weggelassen, sodass förmlich eine Sehnsucht danach entstehen konnte.

Alles klar? Nein? Dann hilft vielleicht folgende Beschreibung weiter: Fabian Berger, Martin Burtscher und Wassilis Reigel beeindrucken mit einer Kombination aus kraftvollem und zugleich filigranem körperlichem Einsatz. Ihre Darbietung reicht von Akrobatik bis hin zu präziser Mimik. Die Szenen wirken wie ein Schweizer Bergmassiv: majestätisch und klar wie Gletscher, durchzogen von zierlichen Pfaden. Allesamt in ihrer Wirkung prickelnd wie die Luft im Engadin, treffsicher wie Wilhelm Tell und dabei von einer Präzision, die man gemeinhin nur von Schweizer Uhrwerken kennt.

Hütchen-Spiel auf dem Trampolin

Und falls das immer noch nicht als Erläuterung ausreicht, dann noch dies: Allein die Liebesszene zwischen Mann und Fön im Bad zum Schnulzenklassiker „Endless love“ zu erleben, hätte ausgereicht, die drei mit Preisen überhäuften Schweizer ins Herz zu schließen, direkt über den Weg vom Zwerchfell aus, das immer wieder großen Erschütterungen ausgesetzt war. Freilich war auch ihre Kür auf den Waveboards zu „Smooth Criminal“ bestens geeignet, ganz ergriffen vor lauter Komik zu werden. Und ihr Trampolin-Tanz à la Hütchen-Spiel, untermalt mit ein bisschen Strauß, ein bisschen Cancan, sollte Einzug in die olympischen Disziplinen finden.

Wobei die Schwierigkeitsgrade in diesem Fall nicht nur bei Körperbeherrschung, Synchronizität und Sprungkraft, vor allem in Pointenstärke und -dichte zu messen sein werden. Und im Timing, denn das ist bei dem Trio absolut genau auf den Punkt, ob im Tempo oder Zögern, jeder Schritt und jede Geste sitzt und passt. Das muss ja eine Heidenarbeit in den Proben gewesen sein, vielleicht vergleichbar mit dem „extralang in der Conche“, das ja auch bei Schweizer Schokolade exquisiten Genuss verspricht.

Wenn das immer noch nicht genügt, dann nur noch zwei Worte: Einfach gut. Oder drei Worte: Selten so gelacht. Und selten so mitgerissen: In der Schlusssekunde der so schneidig und auch so vielseitig wie ein Schweizer Taschenmesser ausgetüftelten Show, in der man nie sicher sein kann, wohin die einzelnen Szenen inklusive fein austarierter vermeintlicher Missgeschicke führen, stand das Publikum schon in den Rängen. Es applaudierte heftigst und lange, einig wie ein einziges Volk von Brüdern darin, dass das eben Erlebte erfrischend originell zwei Stunden lang durchlachen ließ.

Darüber hinaus: „Time to say goodbye“ gabs als Bonbon obendrein, in einer trashigen Version für die Besetzung Sopran-Abfalleimer und Tenor-Müllkübel. Der Erfolg zeigte sich auch daran, dass die Schlangen vor den „Starbugs“ nach Show gar nicht abrissen, und dafür hätten sie nicht einmal damit werben müssen, dass sie Schweizer Pässe anbieten. Auch vor dem Konzerthaus standen Grüppchen immer noch beieinander, um sich die schönsten Szenen wieder und wiederzuerzählen.

Vom Berner Seenland nach Monte-Carlo

Sie alle wird man daran erkennen, dass sie das „Hello! It’s me!“ wohl als geflügeltes Wort in den Alltag nehmen, wo übrigens auch das so köstlich zelebrierte Dissen durch den Wurf eines einzelnen Konfettistücks guten Einsatz finden könnte.

Und wer hat’s erfunden? Die drei Jungs aus dem Berner Seenland, seit der Schulzeit miteinander befreundet, seit 2014 mit ihren abendfüllenden Shows unterwegs „auf Welttournee, vorwiegend in Deutschland und der Schweiz“, wie sie mit dem ihnen eigenen Schalk im Nacken anführen. Und in Monte-Carlo: Auf dem dortigen internationalen Zirkusfestival wurden sie bereits vierfach ausgezeichnet.

Und wem jetzt immer noch nicht klar ist, was die drei Eidgenossen da veranstalten, dem hilft nur eins: Hingehen. Ulm wäre die nächste Gelegenheit auf der Tour zwischen Elmshorn und Küssnacht. Das wäre der nächste Weg für diejenigen, die diesen Abend verpasst haben – sie haben wirklich was verpasst. Sie könnten in Ulm auch auf diejenigen Heidenheimer treffen, die an diesem Abend süchtig nach „Starbugs“ geworden sind und ihnen gern immer wieder zurufen möchten: „Hello! It's me!“. Gern auch wieder in Heidenheim. Liebend gern.

So geht's weiter

Am 15. März gastieren „Starbugs Comedy" mit ihrer Show im Roxy in Ulm. Für ihren Auftritt am 5. April im Theaterhaus Stuttgart gibt es noch Restkarten.

In der Reihe Kulturschiene geht es weiter am 6. Februar: Dann wird der Kabarettist Bodo Bach im Lokschuppen zu erleben sein.

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