Finanzstreit

Turbulenzen, Angriffe und eine überraschende Entscheidung im Heidenheimer Kreistagsausschuss

Streit ums Geld dominierte die Sitzung des Verwaltungsausschusses des Heidenheimer Kreistags. Erstmals nutzte die AfD-Fraktion ihre Stimmen taktisch als Zünglein an der Waage.

Wenn es ums Geld geht, ist Streit nie ausgeschlossen. Im Kreistag ist das nicht anders – und das nicht erst, seit die Finanzlage auf allen kommunalen Ebenen angespannt ist. Diesmal rappelte es im Verwaltungsausschuss gehörig im Karton. Gestritten wurde über die sogenannte Kreisumlage, also das Geld, das die Kommunen an den Landkreis überweisen müssen. Zudem ging es vor allem um Angebote im Bereich Klimaschutz und Energie, die der Landkreis freiwillig vorhält. Unter anderem hatten die Freien Wähler das Ende des Zentrums für nachhaltige Energieversorgung, Klimaschutz und Klimafolgenanpassung (ZEKK) gefordert und auch andere Berater infrage gestellt, die auf der Lohnliste des Landkreises stehen.

Während sich in der Frage der Klimaberatungsangebote ein Kompromiss fand, gab es bei der Kreisumlage überraschend keine Lösung.

Finanzielle Herausforderungen und Konfliktlinien

Die Ausgangslage: Weil das Geld hinten und vorne nicht reicht, hat die Kreisverwaltung eine Erhöhung der Kreisumlage von bislang 33 auf 37,5 Prozent vorgeschlagen. Selbst das würde nicht ausreichen, um den Fehlbetrag von 7,3 Millionen Euro zu decken.

Dass dieser Plan nicht aufgehen würde, war bald klar. Es bildeten sich zwei Seiten: Die Fraktionen von CDU/FDP und den Freien Wählern, die zusammen die Mehrheit haben, wollten die Erhöhung auf 35,5 Prozent begrenzen und machten zugleich Vorschläge, wie gespart werden könnte. Sie wiesen zudem auf die Versäumnisse des Landes hin, ausreichend Geld für Pflichtaufgaben bereitzustellen. Auf der anderen Seite, also auf Seiten der Verwaltung, standen die Fraktionen von SPD und Grünen, die allerdings keine Stimmenmehrheit haben.

Heidenheims Landrat Peter Polta zu Kompromiss bereit

Wohl wissend, dass sie gegen die Mehrheitsverhältnisse keine Entscheidung durchbringen würden, unterbreiteten Landrat Peter Polta und Kämmerer Jürgen Eisele in der Sitzung des Verwaltungsausschusses den Kompromissvorschlag, die Kreisumlage auf 36,5 Prozent zu erhöhen. Kämmerer Eisele rechnete vor, dass dann immer noch ein Fehlbetrag bliebe, dieser jedoch verkraftbar sei, nachdem unter anderem im Sozialhaushalt eingespart wurde. Gestrichen wurde zudem die Planungsrate für den Radweg nach Großkuchen, und der Kauf des Straßenmeisterei-Gebäudes in Heidenheim wurde vertagt. Die Mindestliquidität sei ausreichend, sodass das Regierungspräsidium den Haushalt dennoch genehmigen würde, so Eisele.

Heidenheims Alt-OB und der amtierende OB liefern sich Schlagabtausch

Doch die Positionen blieben verhärtet und mündeten in einem Schlagabtausch zwischen zwei Fraktionschefs, wie es ihn so noch nie gegeben hat: Bernhard Ilg (CDU/FDP), früherer Oberbürgermeister von Heidenheim, warf seinem Nachfolger Michael Salomo (SPD) durch die Blume Unfähigkeit vor: Er habe andere für sich den Haushalt lesen lassen; die SPD habe keine Anträge zur Verbesserung des Haushalts eingebracht. „Es ist zu wenig, als Fraktionsvorsitzender der SPD zu sagen: ‚Der Haushalt ist, wie er ist.‘“ Seiner Fraktion sei es daran gelegen, ein Signal nach Stuttgart zu senden: „Damit uns das Land nicht immer mehr Aufgaben aufträgt, die wir uns hier nicht mehr leisten können.“

Salomo entgegnete, seine Fraktion stehe auf der Seite der Landkreisverwaltung. Er argumentierte, dass kostenintensive Projekte wie die Klinik, die Schulen und der Brenzbahnausbau den Menschen in allen Kreiskommunen zugutekämen. Zudem müssten auch die Kommunen auf ihrer Ebene dafür sorgen, dass Zahlungen von Bund und Land eingehalten würden.

Annette Rabausch (Freie Wähler) ging das Hin und Her zwischen OB und OB a.D. zu weit: „Diskutieren Sie Ihre Befindlichkeiten vor der Tür oder trinken Sie ein Bier miteinander, aber tragen Sie das nicht hier im Verwaltungsausschuss aus.“ Dieter Henle (Freie Wähler) erwies sich in diesem Streit als diplomatisch, auch wenn er ebenfalls Vorschläge anderer Fraktionen zur Konsolidierung des Kreishaushalts vermisste. „An unseren strategischen Zielen halten wir fest, aber es ist auch legitim, Dinge zu hinterfragen, wenn sie nicht den gewünschten Erfolg haben.“

Streit hin oder her, die Abstimmung endete mit einer Überraschung. Keiner der Vorschläge – weder der der Verwaltung noch der der Fraktionen – fand eine Mehrheit. Das lag daran, dass die AfD-Fraktion erstmals taktisch abstimmte: gegen beide Vorschläge. Deshalb erreichten Freie Wähler und CDU/FDP nur die Hälfte der Stimmen. AfD-Fraktionschef Heiko Röllig hatte gesagt, er werde überhaupt keiner Erhöhung der Kreisumlage zustimmen – als politisches Signal: „Wir müssen ein Zeichen setzen und einmal einen rabenschwarzen Haushalt präsentieren.“

Einigung beim Klimazentrum

Einen Kompromiss fanden die Fraktionen hingegen in Sachen ZEKK. Die Freien Wähler zogen ihren Antrag, das ZEKK zu schließen, zurück – allerdings unter einer Voraussetzung: Landrat Peter Polta sagte zu, im ersten Quartal 2025 ein Modell zu erarbeiten, wie die vielen am Landratsamt angesiedelten Anlaufstellen in Sachen Klimaschutz und Mobilität zusammengeführt werden könnten – eventuell unter dem Dach des ZEKK. Zuvor hatte Polta darum gebeten, dem ZEKK eine Chance zu geben, zumal dieses unter der Geschäftsführung von Anja Bittner seit 2024 erst richtig Fahrt aufgenommen habe und die Finanzierung vonseiten des Landes besser werde.

Die CDU/FDP-Fraktion hatte zuvor den Auswuchs an Projektmanagern und Koordinatoren infrage gestellt. Aktuell beschäftigt der Landkreis einen Projektmanager für die Vorbereitungsplanung des Klimamobilitätsplans, einen Erstberater Elektromobilität, einen Manager für Ladeinfrastruktur, einen Koordinator für Radverkehr und einen E-Government-Koordinator. Polta beruhigte: „Ende 2026 sind alle Förderstellen ausgelaufen.“ Wie viel diese den Landkreis bis dahin noch kosten, wurde in nicht öffentlicher Sitzung beraten – mit Verweis auf den Schutz von Persönlichkeitsrechten.

Kreistag entscheidet am Montag

Der Kreistag verabschiedet den Haushalt für 2025 in seiner Sitzung am Montag, 16. Dezember, 15.30 in der Stadthalle Niederstotzingen. Sind alle 44 Kreisrätinnen und Kreisräte anwesend, werden die Mehrheitsverhältnisse eindeutig sein. Die Fraktionen von CDU/FDP und der Freien Wähler haben zusammen 24 Sitze und die Mehrheit im Gremium. Daher gilt es als wahrscheinlich, dort die klare Entscheidung für eine Kreisumlage von 35,5 Prozent getroffen wird, so wie es die beiden Fraktionen gefordert haben.

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