Der in Mittenwald umstrittene Karwendelbahn-Vorstand Wolfgang W. Reich erwägt eine Kandidatur als Mittenwalder Rathauschef. Die Wahrscheinlichkeit dafür liege bei über 50 Prozent, kündigt der Heidenheimer Geschäftsmann an. Vor 13 Jahren war Wolfgang Wilhelm Reich (45) in Mittenwald ein völlig unbeschriebenes Blatt. Doch dann sorgte er als Hauptaktionär der Karwendelbahn AG mit unorthodoxen Methoden immer wieder für Kopfschütteln im Rathaus, in Behörden oder vor Gericht. Dort ficht der ehemalige Degen-Vizeweltmeister regelmäßig so manchen Strauß aus – erst vor einigen Tagen beschäftigte die Causa Karwendelbahn die Justiz in Garmisch-Partenkirchen.
Aktuell ist die Wahrscheinlichkeit über 50 Prozent, dass ich als Bürgermeister von Mittenwald kandidiere.
Wolfgang Wilhelm Reich
Ausgerechnet der Prozess erprobte Reich, der Aufsichtsbehörden durch diverse Schwarzbauten provozierte, träumt nun im Vorfeld der Kommunalwahlen im März 2026 vom Mittenwalder Rathaus. „Aktuell ist die Wahrscheinlichkeit über 50 Prozent, dass ich als Bürgermeister von Mittenwald kandidiere“, lässt der 45-Jährige via Presse-Mitteilung verlautbaren. „Die Kandidatur hängt aber natürlich auch davon ab, ob sich entsprechend weitere geeignete Kandidaten aufstellen lassen.“
Erweckungserlebnis in der Berggaststätte der Karwendelbahn
Doch wie kommt gerade der streitbare Heidenheimer, der dem Vernehmen nach einem nicht unerheblichen Teil der Rathaus-Belegschaft ein Hausverbot in der Karwendelbahn erteilt hat, auf die Idee, in gut einem Jahr das Gemeindeamt zu erobern? Glaubt man Reich, soll das Erweckungserlebnis im Sommer 2024 stattgefunden haben – hoch droben in der Karwendelbahn-Berggaststätte. Auf über 2200 Metern Höhe finden seit einigen Jahren regelmäßig Vermietertage statt. Dort soll es laut Reich nicht wenige gegeben haben, die ihn zu einer Kandidatur ermuntert haben. Namen nennt der mögliche Quereinsteiger gegenüber dem Tagblatt keine. „Allerdings würden Sie überrascht sein, wer mich alles unterstützen wird.“
In einer Presse-Mitteilung feiert Reich, dass er sich „gegen alle Widerstände“ durchgesetzt habe – „insbesondere auch aus dem Rathaus“ – als er beispielsweise die Berggaststätte sanierte. Zur Erinnerung: Auch bei diesem Projekt bevorzugte der Karwendelbahn-Vorstand die Politik der vollendeten Tatsachen.
Den Status Quo von Mittenwald bezeichnet der Heidenheimer als „ernüchternd“ – und erwähnt in diesem Zusammenhang das geschlossene Kranzberg-Gipfelhaus oder Eisstadion, das insolvente Hotelprojekt am Kaffeefeld sowie das abgerissene Hallenbad. „Mittenwald kann mehr, und die Bürger dürfen mehr erwarten“, so Reich in seiner Presse-Stellungnahme.
In Anlehnung an eine erfolgreiche amerikanische Wahlkampagne könnte man auch sagen: Macht Mittenwald wieder groß! Politisch ordnet sich der Karwendelbahn-Vorstand, dessen Vater, der Wolfgang E. Reich heißt, für die AfD im Heidenheimer Gemeinderat sitzt, im konservativ-liberalen Lager ein. „Darüber hinaus gibt es derzeit noch Überlegungen, mit einer eigenen Liste zur Gemeinderatswahl in Mittenwald anzutreten", sagt Reich.
Das alles klingt für den amtierenden Bürgermeister Enrico Corongiu (SPD) eher befremdlich. Darauf angesprochen, kommt ein Antwortversuch nur zögerlich. „Da muss man nicht viel sagen dazu: Ein demokratischer Prozess – dann ist es halt so.“