Kabarett

Wie Martina Schwarzmann ihr Publikum im Congress-Centrum herausforderte

Mit dem Programm „Ganz einfach“ hatte Kabarettistin Martina Schwarzmann für ihr Publikum in Heidenheim jede Menge Lacher parat

Nicht viel Tamtam gebe es bei ihr, keinen Tanz, keine Einspieler, keine Videos, warnt Kabarettistin Martina Schwarzmann gleich zu Beginn ihres Programms „Ganz einfach“, das am Samstagabend im nahezu vollbesetzten Congress-Centrum zu erleben war.

„Ganz einfach“, das gilt ganz bestimmt für den Bühnenaufbau: ein Stuhl, ein Tisch, eine Gitarre und eine Kabarettistin, die da ganz einfach erzählt aus ihrem Leben mit ihrer Familie auf dem Bauernhof in Altomünster und dann und wann ein Lied singt. Tatsächlich: Das Konzept ist ganz einfach, aber das bedeutet nun nicht, dass das auch ganz einfach für die Zuhörer wäre. Ganz im Gegenteil: Ganz schön anstrengend ist das, will man von diesem pointengespickten Programm im schönsten Fürstenfeldbruck-Bayrisch auch nicht eine verpassen, während man gerade noch den Lachanfall vom letzten Gag ausleben muss. Und immer muss man so höllisch auf Zack sein, weil sie ihre Pointen immer so von hinten anlegt, so harmlos daherplaudernd, um vierunddreißig Wendungen, die noch gar nicht erahnen lassen, worauf es hinausläuft.

Drei Stunden Lachmarathon

Und darauf läuft es immer hinaus: Dass ihre eigenwillige Betrachtungsweise von Alltagssituationen und ihre noch eigenwilligere Schilderung derselben Lacher um Lacher generieren, sodass man nach den rund drei Stunden das Gefühl hat, man habe jetzt diese Zeit mit einem Lachmarathon verbracht. Am gemütlichsten hat es, so scheint es, die Künstlerin selbst, die ja in schönster Ruhe ihre Erlebnisse ausbreitet, zu keiner Zeit reißerisch, nie laut, nie lacherheischend, aber eben immer saukomisch.

So erfahren die Zuschauer, wie sie die Corona-Zeit verbracht hat, die sie gerade dann erwischt hat, als sie ein neues Programm schreiben wollte – aber „jetzt, wo alle sterben?“. Also begab auch sie sich ins Homeschooling für ihre Kinder und entdeckte Neues: dass Kinder gar nicht unbedingt von selbst lernen wollen beispielsweise. Dass ein Apfelbrocker bei Halloween sehr gut den Sicherheitsabstand gewährleistet. Oder auch das Geräusch rotbeiniger Baumwanzen beim Geschlechtsverkehr, das plötzlich zu hören war, weil kein Fluglärm es überdeckte.

Von Fröschen und Silberfischen

Die vielen skurrilen Dinge im Alltag, Martina Schwarzmann hat Auge und Ohr dafür, und auch wenn sie sagt, vieles sei ihr einfach wurscht, was ihr Glücksrezept ist, so spürt sie doch auf, was vielleicht nicht wurscht ist: ein flachgefahrener eingetrockneter Frosch beispielsweise, der doch gut noch als Essiggurkenersatz in der Rindsroulade dienen kann. Oder ein Tourist, der sich genau auskennt mit Vollkorngetreide und Stachelkühen. Vielleicht auch die Silberfischerl, die sich vielleicht denken, „Ih, ein Mensch“, Fruchtfliegen, die doch Schädelweh haben müssen, wenn sie so oft an Lampen fliegen, alte Bananen, die im Gegensatz zum Brot auch der Toaster nicht retten kann, es sei denn, dass man schon sehr lange toastet und dann der Kompressor ran muss.

Martina Schwarzmann hat ganz offensichtlich Spaß am Alltag, mit ihrer „flodderesken“ Familie, beim Getreidestreicheln, beim Blick in den Spiegel, den sie mit einem anerkennenden „Das reicht“ kommentiert. Freut sich daran, dass ihr plötzlich aufgeht, dass Staubsaugerbeutel ausgetauscht werden können, oder auch daran, dass anderen nie aufgeht, dass es nicht „Fäkalienmarkt“, sondern „Viktualienmarkt“ heißt, und auch nicht „unter fernen Oliven“, sondern „unter ferner liefen“, welche ebenso wie die „Umgebungsstraße“ hartnäckig benutzt werden – liegt ja schließlich auch in der Umgebung.

Lieber bunt als blau-weiß

Und das geht, obwohl es so seelenruhig präsentiert wird, Schlag auf Schlag, die Schlagzahl ist hoch, die Herausforderung für die Zuhörer groß und immer lohnenswert, ein Programm, bei dem getrost die Augen geschlossen werden können, um ganz zu genießen, oder auch um dem Flirren zu entgehen, das vom leicht irritierend angestrahlten blauen Vorhang ausgeht. Auf das hätte gerne verzichtet werden können – auf alles andere nicht. Nicht die schön mäandernden G'schichten, nicht die großartigen mitreißenden Lieder über den ganzen blau-weißen (sic!) „Heimatscheiß“, wenn doch bunt zu bevorzugen sei, oder das „geile Erwachsensein“, auch wenn es dann besonders herausfordernd wurde, die fein konstruierten Texte mit so vielen Worten zu verstehen. Das galt ganz besonders für die Zugabe, das „Ponylied“ im Country-Stil, in dem der so herrliche bayerische Dialekt noch mit einem amerikanischen Akzent geschmückt wird. Das muss man auch erst einmal schaffen, die rollenden „R“ nicht durcheinanderzubringen. Demnächst wird Martina Schwarzmann in Leipzig und Dresden auftreten. Viel Spaß schon jetzt, das wird sicherlich dort noch herausfordernder als hier. Hier jedenfalls hat sich die Anstrengung gelohnt: Ein Riesenabend war das. Ganz einfach.

Start mit unauffälliger Kindheit

Martina Schwarzmann wurde 1979 in Überacker bei Fürstenfeldbruck geboren und lebt heute mit ihrem Mann und ihren vier Kindern auf einem Bauernhof in Altomünster. Nach einer „unauffälligen“ Kindheit erlernte sie zunächst den Beruf der Köchin, nahm dann Gitarrenunterricht, und ist seit 2000 auf den Bühnen in ganz Deutschland unterwegs. Zu ihren zahlreichen Auszeichnungen gehören der Bayerische und der Deutsche Kabarettpreis, der Deutsche Kleinkunstpreis und der Salzburger Stier.

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