Landgericht Ellwangen

Versuchter Mord: 21-jähriger Heidenheimer zu fünf Jahren Haft verurteilt

Das Landgericht Ellwangen verurteilte einen 21-jährigen Heidenheimer zu fünf Jahren Haft wegen versuchten Mordes. Zwei Frauen erhielten Bewährungsstrafen. Das Trio hatte im Juli 2024 einen 25-Jährigen schwer verletzt zwischen Schnaitheim und Aufhausen zurückgelassen.

Zu fünf Jahren Haft wegen versuchten Mordes hat das Landgericht Ellwangen am Mittwoch einen 21-jährigen Heidenheimer verurteilt. Er hatte am 11. Juli vergangenen Jahres einen 25-Jährigen aus Oberkochen mit einem Gegenstand, Fäusten und Fußtritten ins Gesicht brutal zusammengeschlagen. Die 22 und 25 Jahre alten Frauen, die mitgeholfen haben, das Opfer zu verfolgen und während des Vorfalls im Auto saßen, wurden wegen Beihilfe zur vorsätzlichen Körperverletzung und unterlassender Hilfeleistung zu jeweils zwei Jahren Haft verurteilt.

Das Trio hatte den schwer verletzten Mann auf dem Weg zwischen Schnaitheim und Aufhausen in der Nacht liegengelassen. Er wurde zwei Stunden später von einem Radfahrer gefunden, der den Notarzt verständigte. Die beiden Frauen müssen die Haft zunächst nicht antreten, die Strafen wurde auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Allerdings müssen beide innerhalb von neun Monaten 100 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. „Die Strafe soll für Sie auch spürbar sein“, wandte sich der Vorsitzende Richter Jochen Fleischer an die beiden.

Die Strafe soll für Sie auch spürbar sein.

Jochen Fleischer, Vorsitzender Richter

Das Gericht blieb damit unter den Forderungen von Staatsanwalt Patrick Schmidt, der den 21-Jährigen zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und acht Monaten verurteilt sehen wollte. Für die beiden Frauen forderte er jeweils zwei Jahre und sechs Monate Haft, womit eine Bewährung nicht mehr möglich gewesen wäre.

Ein völlig planloses Leben

Der 21-jährige Täter wurde nach Jugendstrafrecht verurteilt. Dies war möglich, weil er zur Tatzeit noch nicht ganz 20 Jahre alt war und noch nicht die „sittliche und geistige Reife eines Erwachsenen“ gehabt habe, so Richter Fleischer. Nicht nur die Tatsache, dass er ein „völlig planloses Leben in den Tag hinein“ geführt habe, sondern auch sein Verhalten während der dreitägigen Gerichtsverhandlung trug zu dieser Einschätzung bei. Fleischer kritisierte dessen „reichlich unangemessenes Grinsen“ und konstatierte, dass der Angeklagte es offenbar genossen habe, im Mittelpunkt zu stehen.

Wir glauben, dass es in einem sehr engen Rahmen funktionieren kann.

Jochen Fleischer, Vorsitzender Richter

Zuvor hatte Jugendgerichtshelfer Dieter Soika von der Entwicklung des jungen Mannes berichtet. Dieser war 2013 mit seinen Eltern und einer Schwester aus Ungarn nach Deutschland gekommen. Aufgrund von Auffälligkeiten im sozialen Verhalten habe er die Karl-Döttinger-Schule in Heidenheim besucht. Schulischer Ehrgeiz habe ihm völlig gefehlt, stattdessen stellt Soika eine jugendtypische und naive Denkweise fest.

Vorstrafen hatte der 21-Jährige bereits wegen Diebstahls, Fahren ohne Fahrerlaubnis und Körperverletzung. Zuletzt sei die Vollstreckung eines Jugendarrests nicht möglich gewesen, weil er sich zum Großvater nach Ungarn abgesetzt hatte. Soika bescheinigte dem jungen Mann mangelnde Reife, Trotz, dissoziales Verhalten, Unsicherheit und Ängste. Positiv vermerkte er, dass er sich in der Untersuchungshaft vorbildlich verhalten habe, freundlich und aufgeschlossen gewesen sei.

Erziehungsgedanke im Vordergrund

Darauf setzte auch Richter Fleischer seine Hoffnung: „Wir glauben, dass es in einem sehr engen Rahmen funktionieren kann“, sagte er. Bei der Verurteilung nach Jugendstrafrecht stehe der Erziehungsgedanke im Vordergrund, wobei bei einem fast 20-Jährigen auch die Schuldangemessenheit eine Rolle spiele. Der junge Mann habe die Gelegenheit, in Haft eine Ausbildung zu machen. Er müsse aber auch Präventionsangebote annehmen und die Tat aufarbeiten.

Bei den beiden mitangeklagten Frauen sei die Schwierigkeit gewesen, wie ihr Verhalten zu werten sei. Als die beiden den 21-Jährigen auf dem Weg absetzten, wo dieser dem Opfer auflauern wollte, sei ihnen klar gewesen, dass der Mann nochmal auf den 25-Jährigen losgehen werde. Dass sie hinter dem Opfer herfuhren und dessen Standort an den 21-Jährigen weitergaben, sei eindeutig als Beihilfe zu werten. Allerdings hätten sie nicht zur Eskalation der Tat beigetragen, die Fleischer dem 21-Jährigen zur Last legte.

Deshalb wurden die 22-Jährige und die 25-Jährige nicht wegen Beihilfe zum versuchten Mord, sondern nur zur Beihilfe zur vorsätzlichen Körperverletzung verurteilt. Dazu kam die unterlassene Hilfeleistung: „Die Hilfeleistung erfolgte nicht, obwohl alle schon beim ersten Wegfahren realisierten, dass das Opfer mit schweren Kopfverletzungen am Boden lag.“ Es sei klar gewesen, dass der Mann dringend ärztliche Hilfe brauchte.

Sie ist in die Legalität zurückgekehrt.

Jochen Fleischer, Richter

Leben in schwierigen Verhältnissen

Bei der 25-jährigen Frau habe man berücksichtigt, dass es ihre erste Freiheitsstrafe sei, sie die Tat eingeräumt und sie sich entschuldigt habe. Sie lebe in schwierigen Verhältnissen, ihre Kinder seien in Fremdunterbringung und vor Gericht gab sie an, dass sie eine Arbeit in Aussicht habe. „Sie ist in die Legalität zurückgekehrt“, stellte Richter Fleischer fest.

Die 22-jährige Giengenerin hingegen sei zwar zum Zeitpunkt der Tat unter Bewährung gestanden, jedoch wegen einer Jugendstrafe in einer ganz anderen Sache. Sie habe von Anfang an die Karten auf den Tisch gelegt, den Täter benannt und umfassend und konsistent ausgesagt. All dies habe man beim Urteil berücksichtigt, so der Vorsitzende Richter.

Urteil ist noch nicht rechtskräftig

Das Urteil des Landgerichts Ellwangen ist noch nicht rechtskräftig. Alle am Verfahren Beteiligten – Staatsanwaltschaft, die Angeklagten und das Opfer als Nebenkläger – können innerhalb einer Woche das Rechtsmittel der Revision einlegen. Diese muss dann schriftlich begründet werden. Der Bundesgerichtshof würde dann das Urteil auf rechtliche Fehler prüfen.

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