Kommentar

Vesperkirche in Heidenheim: Zukunft darf keine finanzielle Frage sein

Die Heidenheimer Vesperkirche benötigt dringend Geld. Genügend Sponsoren zu finden, darf kein Problem sein, findet Michael Brendel.

Ist die Vesperkirche ein Erfolgsmodell? Manchem mag dieses Attribut auf den ersten Blick verfehlt erscheinen, hat die Veranstaltung doch auch mit Hunger, Einsamkeit und Armut zu tun. Beim genaueren Hinsehen aber wird schnell klar: Genau aus diesem Grund ist die Vesperkirche eben ein Erfolgsmodell. Sie sättigt. Und zwar an Leib und Seele. Denn sie bietet nicht nur volle Teller. Sie bringt darüber hinaus für kurze Zeit Menschen zusammen, die sich sonst vielleicht nie begegnet wären: begüterte und bedürftige, alte und junge, fröhliche und beladene.

Was nie vergessen werden darf: Dieses Modell funktioniert, solange es von Solidarität getragen ist. Wer es sich leisten kann, bezahlt mehr, damit auch jene teilhaben können, für die schon ein warmes Mittagessen einen finanziellen Kraftakt darstellt. Der Luxus, sich die Höhe des eigenen Beitrags selbst aussuchen zu können, darf daher niemals in die Versuchung münden, möglichst günstig zu speisen. Sonst gerät auf Dauer das gesamte System ins Wanken.

Die Vesperkirche hat darüber hinaus etwas mit Bürgerstolz zu tun. Wer sich einig mit seinen Mitmenschen weiß, fühlt sich wohl, weil Gemeinschaft stark macht. Wo es dieses Empfinden nicht gibt, will man nicht leben. Deshalb sollten alle Verantwortung Tragenden dringend daran arbeiten, entgegen der bisherigen Praxis öffentliche Zuwendungen zu gewähren.

Garantiert lassen sich darüber hinaus unter den vielen Unternehmerinnen und Unternehmern aus Heidenheim und Umgebung welche finden, die als Sponsoren zwar gerne in Bälle und Beine investieren, zugleich aber soziales Engagement als Verpflichtung ansehen und diesem bislang vielleicht nur aus Gedankenlosigkeit zu wenig Beachtung schenkten.

Bis zu 400 Essen wurden zuletzt in der Pauluskirche ausgegeben. Tag für Tag. Gleichzeitig sorgten etwa 50 Ehrenamtliche für einen möglichst reibungslosen Ablauf. Sie begrüßten die Gäste, deckten die Tische, bedienten, spülten, hörten zu, schnitten Haare, musizierten und taten vieles mehr. All das ohne Entlohnung. Und doch kostet die Vesperkirche viel Geld, ja. Aber sie ist unbezahlbar, weil sie ein beeindruckendes Beispiel für den gesellschaftlichen Zusammenhalt darstellt. Deshalb muss sie eine Zukunft haben.