Migration

Vor der Einführung: Noch viele offene Fragen rund um die Bezahlkarte für Geflüchtete im Landkreis Heidenheim

Die Bezahlkarte für Geflüchtete soll in den kommenden Monaten auch im Landkreis Heidenheim eingeführt werden. Noch aber sind viele Details offen.

Seit Mai 2024 ist das aktualisierte Asylbewerberleistungsgesetz in Kraft. Es beinhaltet die bundesweite Einführung der sogenannten Bezahlkarte für Geflüchtete. Die Karte soll an alle Geflüchteten ausgegeben werden, die nicht in der Lage sind, selbst für ihren Lebensunterhalt aufzukommen und deswegen staatliche Leistungen beziehen.

Befürworter der Bezahlkarte versprechen sich dadurch, Deutschland als Zielland für Migranten unattraktiver zu machen und auf Dauer einen Rückgang der Migration. Bundesweit soll die Karte spätestens im Herbst 2024 eingeführt werden. Asylorganisationen und Migrationsforscher sehen die Bezahlkarte indes kritisch. Sie sei diskriminierend und würde nicht zu dem von der Politik erhofften Rückgang der Migration führen.

Auch als Zahlungsmittel in Geschäften?

Die Umsetzung und damit die genaue Ausgestaltung der Bezahlkarte sind Ländersache. Im Landkreis Heidenheim laufen aktuell die Vorbereitungen. Auf HZ-Nachfrage gibt das Landratsamt Heidenheim an, dass noch nicht feststehe, wann genau die Karte eingeführt wird und dass noch zu klären sei, ob die Bezahlkarte lediglich an Geflüchtete ausgegeben wird, die neu im Landkreis ankommen oder auch an diejenigen, die schon länger hier leben.

Ebenfalls noch offen ist, ob Ladenbesitzer im Kreis Heidenheim verpflichtet sind, die Bezahlkarte als Zahlungsmittel zu akzeptieren. Sicher ist hingegen, dass der Landkreis vor der Einführung der Bezahlkarte sowohl Geflüchtete als auch Ladenbesitzer über Rahmenbedingungen und Funktionsweise informieren möchte, heißt es aus dem Landratsamt.

Gemischte Gefühle bei Asylhelfern

So weit zu den Planungen. Doch wie stehen Menschen der Einführung gegenüber, die nahezu täglich mit Geflüchteten zu tun haben und über deren Bedürfnisse Bescheid wissen? Lukas Schuler vom Treffpunkt Integration in Giengen etwa bezweifelt, dass die Bezahlkarte Geflüchtete davon abhalten wird, nach Deutschland zu kommen. „Das Wichtigste für diese Menschen ist zunächst, ein Dach über dem Kopf und etwas zu essen zu haben – und möglichst in Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit eine Zukunft aufbauen zu können“, sagt Schuler.

Allerdings könne die Bezahlkarte auch Vorteile haben, so Schuler. Etwa insofern, als sie zu einer Entlastung der Verwaltung führen könne, weil Asylbewerber ohne eigenes Konto nicht mehr monatlich beim Landratsamt vorsprechen müssten, um an Leistungen zu kommen. Mitarbeiter der Kreiskasse könnten dadurch entlastet werden, so Schulers Einschätzung. Auch im Hinblick auf die fortschreitende Digitalisierung könnte eine Einführung der Karte sinnvoll sein. Jedoch komme es auf die Umsetzung an.

Schuler plädiert für eine Lösung, die Geflüchtete nicht stigmatisiert und die einen reibungslosen Zahlungsverkehr gewährleistet. Zu klären ist auch noch, wie viel Bargeld mit der Karte abgehoben werden kann. An vielen Stellen könne nur bar bezahlt werden, beispielsweise in Schulen oder auf karitativen Flohmärkten. Dies müsse bei der Festlegung, wie viel Bargeld mit der Karte abgehoben werden kann, berücksichtigt werden. „Hier müssen wir verantwortungsvoll agieren.“, so Lukas Schuler. Was Geflüchtete im Landkreis selbst von der Bezahlkarte halten, ist noch unklar. Der Treffpunkt Integration in Giengen plant hierzu aber eine Umfrage unter Geflüchteten.

Mit Geflüchteten selbst hat auch Werner Oßwald vom Freundeskreis Asyl in Heidenheim noch nicht über die Karte gesprochen. Dennoch hat er im Vorfeld der Einführung eine klare Meinung dazu: Es stimme zwar, dass einige Geflüchtete Geld in die Heimat überweisen. Die Bezahlkarte als Maßnahme zur Eindämmung von Migration hält er aber für unsinnig, da sie „null Abschreckungseffekt“ habe. Seiner Meinung nach hätte die Politik hier mehr auf Migrationsexperten und jene mit praktischer Erfahrung im Bereich der Asylhilfe hören sollen. „Geflüchtete werden trotz Bezahlkarte weiter nach Deutschland kommen“, meint Oßwald.

Die Bezahlkarte im Südwesten

Auf die Bezahlkarte für Geflüchtete wird monatlich ein festgelegter Betrag überwiesen, sodass die Karte zum Bezahlen im Alltag genutzt werden kann.

Auslandsüberweisungen sind mit ihr nicht mehr möglich. Damit soll sichergestellt werden, dass Geflüchtete das Geld aus Deutschland zum Leben hier verwenden und es nicht in ihre Heimatländer schicken.

In zahlreichen Bundesländern sind die Karten schon im Einsatz, wenn auch nicht in der geplanten bundeseinheitlichen Form.

In Baden-Württemberg gibt es die Bezahlkarte beispielsweise im Ortenau- und im Zollern-Alb-Kreis. Die ersten Erfahrungen seien positiv, zitiert der Südwestrundfunk (SWR) die zuständigen Behörden der Landkreise. Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg indes bewertet die ersten Monate kritisch.

Jetzt einfach weiterlesen
Jetzt einfach weiterlesen mit HZ
- Alle HZ+ Artikel lesen und hören
- Exklusive Bilder und Videos aus der Region
- Volle Flexibilität: monatlich kündbar