Spurensuche

Out of Oggenhausen: Warum Charles B. Cameron aus Kansas City nach Heidenheim reiste und was er hier herausfand

Der US-Amerikaner Charles B. Cameron machte sich auf den Weg von Kansas City im Mittleren Westen nach Heidenheim auf der Ostalb. Dies hat familiäre, aber auch sportliche Gründe:

Out of Oggenhausen: Warum Charles B. Cameron aus Kansas City nach Heidenheim reiste und was er hier herausfand

Anfang Oktober erreichte die Redaktion eine E-Mail aus Olathe, einem Vorort von Kansas City in den USA. Selten haben solche Mails einen lokalen Bezug, in diesem Fall aber schon: Sie kam von Charles B. Cameron, dessen Urgroßeltern im Jahr 1881 in die USA ausgewandert sind. Johannes Georg Rau, der Urgroßvater, stammte aus Heidenheim, die Urgroßmutter Magdalena Ziegler aus Oggenhausen. 1880 hatte das Paar geheiratet, kurz darauf begann das große Abenteuer Amerika. Der Mittlere Westen, wohin das Ehepaar Rau zog, war damals noch der berühmte „wilde Westen“.

Der 69-jährige Charles Cameron, von Freunden Chuck genannt, beschäftigt sich schon seit mehr als 45 Jahren mit der Geschichte seiner Familie – zumindest mit dem deutschen Teil, denn von der großväterlichen Seite kamen auch noch Iren und Schotten mit ins Spiel. In seiner Mail kündigte Cameron einen Besuch in Heidenheim an, der in dieser Woche tatsächlich stattfand. „Ich bin seit Anfang des Jahres in Rente“, berichtet er. Aus diesem Anlass habe er es sich selbst zum Geschenk gemacht, endlich nach Deutschland zu reisen. Neben der Ahnenforschung gibt es noch eine zweite Leidenschaft, die ihn zur Reise bewogen hat: Er ist American-Football-Fan und wird sich vor dem Rückflug das Spiel der Kansas City Chiefs gegen die Miami Dolphins in Frankfurt anschauen.

Historische Aufnahme von Heidenheim

Auf der Spurensuche nach den familiären Wurzeln wurde begleitet von zahlreichen Fotos, die Charles Cameron auf seinem Handy mit dabeihatte. Das älteste davon ist eine Aufnahme der Stadt Heidenheim mit Schloss Hellenstein im Hintergrund, die womöglich vom Schmittenberg aus gemacht wurde. Während weite Teile des heutigen Stadtgebiets noch gar nicht bebaut sind, erkennt man als noch bestehende Gebäude den Bahnhof, die Olgaschule, die Michaelskirche und das alte Forsthaus am Bahnhofsplatz.

Historische Aufnahme von Heidenheim: Das Bild nahmen die Urgroßeltern von Charles Cameron mit in die USA. privat

Ein Vorhaben, das der Besucher aus den USA in Heidenheim umsetzen wollte, war es, ein aktuelles Bild aus einer ähnlichen Perspektive aufzunehmen, um die Veränderungen zu sehen. Das ist nicht ganz exakt gelungen, da der Standort des damaligen Fotografen mittlerweile stark bewachsen ist. Aber dafür hat Cameron etwas herausgefunden: Er dachte, die Aufnahme stamme aus den 1880er-Jahren. Bei einem Besuch im Museum auf Schloss Hellenstein entdeckte er einen Abzug desselben Fotos und hat er erfahren, dass das Bild bereits 1867 aufgenommen wurde.

Wie eine Detektivgeschichte

„Es ist für mich wie eine Detektivgeschichte“, erzählt Cameron. Spaß mache ihm die Jagd nach Informationen über die Geschichte seiner Familie, es sei aber am Ende gar nicht wichtig, was er herausfinde - der Weg ist sozusagen das Ziel. Camerons Großmutter Mary Sophia Rau wurde 1882 in Kansas City, Missouri, geboren. Im Jahr 1900 wurde die junge Frau von ihren Eltern nach Heidenheim geschickt, vermutlich deshalb, weil sie sich in den Iren Charles B. Cameron verliebt hatte, und die Eltern lieber einen deutschstämmigen Schwiegersohn gehabt hätten. Auch von diesem Aufenthalt in Heidenheim und Oggenhausen hat Charles Cameron Fotos, und natürlich stand die Fahrt mit dem Taxi nach Oggenhausen auch auf seinem Besuchsprogramm in Deutschland.

Die Verschickung nach Europa hatte am Ende nicht den von den Eltern gewünschten Effekt, Mary S. Rau heiratete 1906 in Kansas City Charles B. Cameron – der verwirrenderweise denselben Namen trug wie sein Enkelsohn. „In unserer Familie sind Namen gerne wiederverwendet worden“, erzählt dieser lachend. Das mache allerdings die Familienforschung komplizierter.

"In front of Voith offices"

Während der großen Depression in den USA in den 1930er-Jahren habe sein Großvater einen sehr guten Job gehabt und konnte mit seiner fünfköpfigen Familie eine sechswöchige Reise nach Europa machen, bei der sie sechs Länder besuchten. Mit der „Queen Mary“ setzten die Camerons über den Atlantik, und natürlich stand auch ein Besuch in Heidenheim auf dem Programm. Auch von diesem Aufenthalt auf der Schwäbischen Alb im Jahr 1937 gibt es zahlreiche Fotos. Eines davon ist vor dem Eingang von Voith aufgenommen worden und ist beschriftet mit: „The Rochau-Kecks and Camerons in front of Voith offices“. Eine Cousine seiner Großmutter habe bei Voith Paper gearbeitet, erklärt Charles Cameron dazu.

Diese Aufnahme entstand 1937 vor dem Eingang zur Firma Voith. privat

Ein weiteres Foto könnte vielleicht auch mit Voith zu tun haben: Es zeigt die Druckrohrleitung des Schwarzenbachwerks in Forbach im Schwarzwald, möglicherweise ist es mit Turbinen aus Heidenheim ausgestattet. Während der Vater von Charles Cameron sich gut an diese letzte Reise der Familie Cameron nach Heidenheim erinnern konnte und seinen sieben Kindern oft davon erzählt hat, sind die direkten familiären Verbindungen nach Deutschland mittlerweile abgerissen. Aber der Besucher aus Kansas City hatte trotzdem großen Spaß daran, die Stadt zu erkunden, aus der seine Familie stammt. „Die Heidenheimer waren sehr offen und freundlich“, sagt er. Für ihn hat sich ein persönlicher Traum erfüllt: „Ich werde diese Reise nie vergessen.“

Jetzt einfach weiterlesen
Jetzt einfach weiterlesen mit HZ
- Alle HZ+ Artikel lesen und hören
- Exklusive Bilder und Videos aus der Region
- Volle Flexibilität: monatlich kündbar