Es hat sich offensichtlich herumgesprochen, dass die Konzerte des Voith-Orchesters auch eine längere Anfahrt wert sind. Beim traditionellen Adventskonzert, das gleich zweimal geboten wurde, waren die 450 Plätze im Festsaal der Waldorfschule restlos besetzt. Die Vorfreude war groß, und was an diesem Sonntag geboten wurde, war herausragende Spielkunst.
Einer der Vorstände des Orchesters, Karl Heinz Treß, machte mit seiner charmanten Ansage und Erklärungen zum folgenden Stück den Appetit groß. Er wies darauf hin, dass in der Sinfonia concertante für Violine und Viola in Es-Dur, von Mozart im Alter von 23 Jahren geschrieben, die beiden Soloinstrumente in eine spielerisch freundliche Zwiesprache gehen. „Doch Mozart ist ja schon ein Schelm“, sagte Treß verschmitzt und gab dem Publik den Hinweis, dass der Komponist den beiden Solostimmen durch die Umstimmung der Saiten der Bratsche um einen Halbton höher eine noch engere Vernetzung, eine noch feinere Verwebung umeinander gegeben habe.
Wende ins Fröhlich-Schwungvolle
Und genau das war in diesem ersten Stück des Abends sensationell zu hören. Das Orchester begann, und als sich die beiden Solisten, Johanna Durczok an der Violine und Felix Weischedel an der Viola, aus dem Gesamtklang lösten und hervortraten, war das ein Spiel, ein Umtänzeln, ein sich umeinander Weben und wieder voneinander Lösen, mal im großen Klang des Orchesters, mal als Duett, dass das Publikum atemlos und fröhlich zugleich folgte. Nach dem ersten verspielten Satz war der zweite eher langsam und melancholisch, von Mozart in der Tonart c-Moll geschrieben, die er oftmals für besonders düstere Stimmungen verwendete. Doch es wäre nicht Mozart, wenn das Ganze nicht im dritten Satz wieder aufblühte ins Fröhliche, Schwungvolle, und es war eine Freude, das Orchester und die beiden Solisten in vollkommener Harmonie und unter dem großartigen Dirigat von Patty Kontogianni erleben zu dürfen.
Das Publikum spendete so reichlich Applaus, dass die beiden Solisten sich am Nachmittag zu einer Überraschungszugabe hinreißen ließen: Durczak und Weischedel spielten miteinander die Passacaglia von Johan Halvorsen (1864-1935), einem norwegischen Komponisten, der hier ein Thema von Händel aufgegriffen hat. Was die beiden mehrfach preisgekrönten und international erfahrenen Streicher hier darboten, war umwerfend und große Konzertkunst. Die beiden spielten ihre Stimmen mit einem Klang und einer Feinheit, auch einer Freude und aufeinander bezogen, dass das Publikum nicht anders konnte, als in Jubel auszubrechen.
Solisten nach der Pause als Sprecher
Nach der Pause gab es erneut etwas Besonderes: Die beiden Solisten traten nun als Sprecher auf, an einem Teetischchen sitzend, und lasen passend zu den vom Orchester gespielten berühmten Sätzen aus Tschaikowskys „Nussknacker“-Ballett, worum es in der märchenhaften Geschichte geht. Die junge Clara bekommt einen Nussknacker geschenkt und träumt dann, dass dieser ein Prinz sei, der aber vom bösen Mausekönig verzaubert und dann wieder durch die Zuckerfee erlöst wird. Das Ganze mündet in den berühmten Blumenwalzer, den der junge Prinz mit Clara tanzt. Dazwischen spielte das Orchester meisterhaft die bekannten Tänze: den russischen, den arabischen (sehr spannend!), den chinesischen und den „Tanz der Rohrflöten“. Wie Kontogianni dirigierte, fast mittanzte und ihr Orchester, allesamt großartig spielend, leitete, von den feinsten Nuancen bis zum großen Gesamtklang, war berauschend. Das Publikum ließ das Orchester nicht gehen, bevor noch einmal zwei Zugaben aus dem „Nussknacker“ gegeben wurden. Ein wahrhaft fantastischer Konzertnachmittag.
Als Nächstes folgt Romeo und Julia
Das nächste Projekt des Voith-Orchesters ist das Sinfoniekonzert „Romeo und Julia“. Es wird einen Workshop in Kooperation mit der Musikschule Heidenheim geben, neue Mitspielerinnen und Mitspieler sind herzlich willkommen. Nähere Informationen gibt es unter www.voith-orchester.de/workshop.
Und wer Felix Weischedel erneut erleben möchte, dem sei ein Benefizkonzert zum Neuen Jahr ans Herz gelegt: am 13. Januar um 19 Uhr in der Musikschule Steinheim.