60 Pfennig für einen Liter Milch in der Flasche. Die Heidenheimer haben sich längst an diesen Preis gewöhnt, als er Anfang 1965 auf 63 Pfennig steigt. Auch in der Heidenheimer Zeitung machen Leserbriefschreiber ihrem Unmut über diesen Schritt Luft, der mit einer grundlegenden Veränderung einhergeht: Tetra-Beutel ersetzen fortan die Glasflaschen.
Im Gespräch mit der HZ sieht sich Max Dawid, Direktor der Heidenheimer Bezirksmilchverwertung, veranlasst, Stellung zu den Vorwürfen zu beziehen. Den Verkaufspreis für Trinkmilch lege nicht sein Haus fest, betont er, vielmehr beruhe er auf der Vorgabe der Bundespreisverordnung.
Eglinger stoßen auf Trinkwasserquelle
Fast schon unbezahlbar ist unterdessen aus Eglinger Sicht, was eine 110 Meter in die Tiefe reichende Bohrung zutage treten lässt: eine Quelle, die pro Sekunde 8,5 Liter reinstes Wasser liefert. In der Vergangenheit hatte der Ort im östlichsten Zipfel des Landkreises immer wieder Schwierigkeiten mit der Wasserversorgung. Sie scheinen jetzt der Vergangenheit anzugehören.
Andere Gemeinden fürchten derweil, die in der zweiten März-Hälfte einsetzende Schneeschmelze könne Schäden an Straßen und Gebäuden verursachen. Zwischen Königsbronn und Itzelberg verlässt die Brenz ihr Bett und verschluckt auf großer Fläche Äcker und Wiesen. Gezittert werden darf auch in Sontheim an der Brenz. Auf einem 400 Meter langen, noch nicht ausgebaggerten und begradigten Abschnitt des Flusses von der Firma Röhm bis zur Landesgrenze drohen Überschwemmungen.

Das Wasserwirtschaftsamt zuckt mit den Schultern: 1965 könne an dieser Situation leider nichts mehr verändert werden. Der auf rund 600.000 Mark veranschlagte Ausbau sei aber für das kommende Jahr vorgesehen. Längst gemacht sind die Hausaufgaben hingegen bei Giengen. Der Bau eines Staudamms in der „Höll“ unweit des Schützenhauses bannt verlässlich die Hochwassergefahr.

Rund um den Heidenheimer Bahnhof sind fleißige Arbeiter unablässig damit beschäftigt, für einen reibungslosen Ablauf des Geschehens zu sorgen. Immer wieder setzen sie einen kleinen Handschneepflug in Gang und räumen Bahnsteige, Schienen und Weichen. Auch die stählerne Fußgängerbrücke beim Bahnübergang nahe der WCM wird regelmäßig von Schnee und Eis befreit. Dass ihre Tage gezählt sind, hat eine ganz andere Ursache: Rost nagt beharrlich an ihrer Standfestigkeit.

Nichts hält nun mal ewig. Andererseits dauert es manchmal eine gefühlte Ewigkeit, bis sich etwas Neues einstellt. So sollen auf der Brenzbahn nicht vor 1966 die ersten Diesellokomotiven verkehren, und damit mindestens ein Jahr später als zunächst geplant. Begründung der Bundesbahndirektion: Der Einsatz der Loks sei nicht nur eine Frage der Lieferung, sondern auch der vorhandenen Mittel.

Gut gerechnet hat im Vergleich dazu offenbar der Kaufmann Hugo Peter Steingass. Er erwirbt von einer Erbengemeinschaft den Gebäudekomplex „Scharfes Eck“ zwischen Eugen-Jaekle-Platz, Brenz- und Grabenstraße. Dort will er ein repräsentatives Kaufhaus errichten. Vom „Griff nach dem exponiertesten Platz im Herzen Heidenheims“ spricht die lokale Presse und befindet, das Vorhaben sei von größter Bedeutung für die Stadtkernsanierung.
Geplant, gebaut und gestaltet wird auch an zahlreichen anderen Ecken: Der Neubau der Rauhbuchschule nähert sich mit großen Schritten seiner Fertigstellung. In der Schwende in Mergelstetten wird ein Teil des Waldes gerodet, um Raum für einen Fußballplatz zu schaffen – derjenige hinterm „Ochsen“, auf dem der örtliche Sportverein bislang seine Heimspiele austrägt, weicht einem neuen Straßenverlauf. Am Rande Nietheims zieht die Franz-Josef-Kapelle mit ihrer eigenwilligen Form die Blicke auf sich.

Derweil halten die Narren das Zepter fest in der Hand. Zeitweise wird in Heidenheim in sieben Sälen gleichzeitig Fasching gefeiert. Und sobald dort die Lichter erlöschen, sucht sich das ausgelassene Treiben eine andere Bühne. Hirnlose Auswüchse inklusive: Gegen 4.30 Uhr lösen vermutlich Jecken am frühen Sonntagmorgen des 21. Februar an einem Feuermelder bei der Firma Zoeppritz in Mergelstetten Alarm aus. Als zwei Löschfahrzeuge eintreffen, sind die Unbekannten bereits über alle Berge.
Welche Rolle in diesem Fall übermäßiger Alkoholgenuss spielt, ist nicht bekannt. Offen bleibt auch, ob die behördliche Mahnung grundsätzlich auf Gehör stößt, an Jugendliche unter 16 Jahren, die ohne Begleitung ihrer Erziehungsberechtigten unterwegs sind, keine alkoholischen Getränke auszuschenken. Die Bezirksmilchverwertung nutzt den amtlicherseits erhobenen Zeigefinger jedenfalls spontan zur Werbung in eigener Sache: Milch sei sowieso gesünder. Und in den eingangs erwähnten Tetra-Beuteln noch hygienischer verpackt als in Glasflaschen ohnehin schon.
Warum ausgerechnet 60 Jahre zurück?
Im Dezember 2008 war der Lokschuppen Schauplatz eines Festabends, bei dem eine seit 60 Jahren bestehende freie und unabhängige Presse in Heidenheim im Mittelpunkt stand. Damals mischten sich Aus- und Rückblicke. Unter anderem wurde die Idee geboren, regelmäßig in Erinnerung zu rufen, worüber die HZ jeweils 60 Jahre zuvor berichtet hatte. Die Serie startete mit der Rückschau auf 1949. Mittlerweile gilt das Augenmerk dem Jahr 1965.