Wirtschaftsinvestitionsfestspiele

Warum die Heidenheimer Opernfestspiele ein bedeutender Wirtschaftsfaktor für die Stadt sind

Eine Studie der Dualen Hochschule Heidenheim zur Umwegrentabilität der Heidenheimer Opernfestspiele kommt zu dem Schluss, dass 3,3 Millionen Euro in die Kassen der lokalen Wirtschaft fließen, mit denen man ohne das Festival nicht rechnen könnte.

Heidenheims Opernfestspiele sind kein Fass ohne Boden. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Dualen Hochschule Heidenheim. Laut dieser gelangen für jeden Euro, der von der Stadt für das Festival ausgegeben wird, zwischen zweieinhalb und beinahe vier Euro wieder in die Stadt zurück. Je nach Rechenmodell. Auf alle Fälle fließen jährlich 3,3 Millionen Euro in die Kassen der lokalen Wirtschaft, mit denen man ohne die Opernfestspiele nicht rechnen könnte. Die Förderung mit Geld aus der Stadtkasse ist also nicht nur aus kultureller, sondern ebenso aus ökonomischer Sicht, alles andere als vergeblich, und bringt auch einen vor Ort etwa in Hotels, Restaurants oder Handelsbetrieben spürbaren finanziellen Nutzen mit sich.

Man nennt das Umwegrentabilität. Und dieses Wort wiederum bezeichnet einen Nutzen, der indirekt, sprich auf Umwegen ein mit öffentlichen Geldern subventioniertes Festival wie die Opernfestspiele insgesamt rentabel macht. Die Rechnung ist also eher volkswirtschaftlicher denn betriebswirtschaftlicher Art. Und in Sachen Opernfestspiele aufgemacht wurde sie im Rahmen eines studentischen Lehrprojekts im Studiengang Marketing Management an der DHBW Heidenheim unter der Leitung von Prof. Dr. Sandra Bombe und Prof. Dr. Michael Froböse. Angewandte Wissenschaft mit gewissermaßen heimatlichem Alltagsbezug.

Komplexe Berechnung

Die Bemessung der Umwegrentabilität erfolgt mittels eines Multiplikators, der angibt, in welchem Verhältnis die Zuflüsse in die lokale Wirtschaft zu den Zuschüssen aus dem kommunalen Haushalt stehen. Ein Umwegrentabilitätsfaktor von 2 etwa besagt dabei, dass für jeden Euro Zuschuss an die geförderte Einrichtung eine zusätzliche regionale Wertschöpfung und Steuerrückflüsse in Höhe von zwei Euro generiert werden.

Leiteten die Hochschul-Studie zur Umwegrentabilität der Heidenheimer Opernfestspiele: Prof. Dr. Sandra Bombe und Prof. Dr. Michael Froböse. Foto: Natascha Schröm

Die seriöse Berechnung der Umwegrentabilität ist ein komplexer Vorgang. Ganz grundsätzlich wurde in der DHBW-Studie nur der monetäre Zufluss in die Stadt Heidenheim berücksichtigt, der in einem Umkreis von zehn Kilometern um diese herum hängenblieb und nur solche Ausgaben in die Berechnungen einbezogen, die speziell wegen der Opernfestspiele in dieser Region entstanden waren. Ausgaben auswärtiger Besucher flossen zudem in Abhängigkeit vom Reisegrund in die Rechnung ein.

War der Hauptreisegrund nicht der Besuch der Opernfestspiele, wurden die Ausgaben lediglich mit einem Faktor von 20 Prozent berücksichtigt. Entsprechend wurden pro Besucher immer nur die bereinigten Ausgaben für die weiteren Berechnungen berücksichtigt. Untersucht wurden darüber hinaus auch die Ausgaben von Künstlern sowie die in der Region getätigten Sach- und Materialausgaben der Festspiele selber, inklusive der Summe der Nettogehälter ortsansässiger Mitarbeiter mit Wohnsitz in Heidenheim.

Woher die Millionen kommen

Das Ergebnis der Studie basiert auf Zahlenmaterial, das in der Spielzeit 2023 der Opernfestspiele bei Befragungen von Besuchern, Künstlern und Machern des Festivals gesammelt wurde. Ein Drittel der rund 15.000 Besucher in jener Saison war in der Stadt oder einem Umkreis von zehn Kilometern darum herum beheimatet. Die anderen beiden Drittel waren auswärtige Besucher, davon wiederum waren 21 Prozent aus dem restlichen Landkreis Heidenheim, 46 Prozent jedoch von weiter her angereist.

Für 94 Prozent der auswärtigen Besucher waren die Opernfestspiele der Hauptgrund der Anreise. 36 Prozent der auswärtigen Besucher übernachteten in Heidenheim, 21 Prozent blieben für eine Nacht, 15 Prozent gleich für mehrere Nächte. Im Ergebnis der Studie zeigte sich, dass im Schnitt jeder Besucher 87 Euro in Heidenheim und in dem besagten Umkreis ausgegeben hatte. Multipliziert mit der Gesamtbesucherzahl ergab das einen Betrag von rund 1,4 Millionen Euro.

„Eine beachtliche Summe“

Künstlerinnen und Künstler blieben im Schnitt 42 Tage vor Ort und nächtigten zu über 80 Prozent in einer bezahlten Unterkunft, was zu weiteren 0,4 Millionen Euro an zusätzlicher regionaler Wertschöpfung führte. Die lokal getätigten Sach- und Materialausgaben durch die Opernfestspiele schlugen mit weiteren 0,7 Millionen Euro zu Buche.

Und schließlich wurden bei den in die Stadt zurückschlagenden finanziellen Effekten auch noch die ökonomisch indirekt wirkenden berücksichtigt, die insbesondere dadurch entstehen, dass Ausgaben für eine Hotelübernachtung oder einen Restaurantbesuch immer Ausgaben der jeweiligen Betriebe bei weiteren Betrieben nach sich ziehen. Legt man hierfür gemachte Berechnungen des Statistischen Bundesamtes zugrunde, gelangten so weitere 0,8 Millionen Euro zur Gesamtrechnung hinzu, sodass unterm Strich jene 3,3 Millionen Euro zusammenkamen, die im Sommer 2023 in Sachen Opernfestspiele nach Heidenheim flossen. „Für eine Stadt wie Heidenheim ist dies eine beachtliche Summe für die lokale Wirtschaft, die es ohne die Opernfestspiele nicht gäbe“, urteilen Prof. Dr. Sandra Bombe und Prof. Dr. Michael Froböse.

Stadt profitiert direkt

Was nun die Umwegrentabilität anbelangt, so macht die Studie drei Rechnungen auf, denen jeweils verschiedene Rechenmodelle zugrunde liegen. Eine erste, eher, so die beiden Professoren, „zurückhaltende Betrachtung“ setzt die besagten 3,3 Millionen Euro in Relation zu den jährlichen städtischen Zuschüssen für die Festspiele in Höhe von 1,3 Millionen Euro, was einem Wertschöpfungsfaktor von 2,5 entspricht. In diesem Fall spräche man also davon, dass für jeden Euro, den die Stadt für die Opernfestspiele ausgab, zweieinhalb nach Heidenheim zurückflossen.

Das zweite Rechenmodell berücksichtigt eine Heidenheimer Besonderheit, nämlich den Umstand, dass ein Teil der Aufwendungen der Opernfestspiele, vor allem Miet- und Übernachtungskosten und, was ebenfalls Übernachtungskosten anbelangt, auch ein Teil der Ausgaben von Besuchern und Künstlern mehr oder weniger gleich wieder direkt in den städtischen Haushalt zurückfließen.

Das liegt daran, dass sowohl die unter anderem für das Festspielhaus zuständige Congress-und-Event GmbH, als auch zwei der Heidenheimer Hotels, nämlich das Schlosshotel und das Ecome-Hotel, von den Heidenheimer Stadtwerken betrieben werden, bei denen wiederum es sich um eine hundertprozentige Tochter der Stadt handelt.

Fast vier Euro für einen

Dieser direkte finanzielle Rückfluss wird in der Studie mit rund 550.000 Euro veranschlagt und vom Betrag des städtischen Zuschusses für die Opernfestspiele abgezogen, der nun noch rund 800.000 Euro betrug, weshalb sich die Umwegrentabilität des Festivals auf 3,6 erhöhte.

Und schließlich auf 3,8 steigt deren Faktor, wenn, wie dies in der Studie in einem dritten Schritt geschieht, zudem noch ein sogenannter Werbeäquivalenzwert berücksichtigt wird. Dieser gibt an, wie viel es die Stadt gekostet hätte, die gleiche Fläche, Sendezeit oder Sichtbarkeit durch bezahlte Werbung zu erreichen, die durch kostenlose redaktionelle Inhalte zum Beispiel in regionalen und überregionalen Zeitungen, in Magazinen oder in Rundfunk- und Fernsehberichten erreicht wurde. Die 200.000 Euro, die hierfür in der Studie beziffert werden, seien, so die DHBW-Professoren Sandra Bombe und Michael Froböse, allerdings „sehr zurückhaltend“ veranschlagt.

Geld, das sonst ausbliebe

Unterm Strich könnte man die Opernfestspiele auch als städtisches Wirtschaftsinvestitionsprogramm betrachten, das zu indirekten Einnahmen in Höhe von 3,3 Millionen Euro führt, die sonst nicht in der Stadt landen würden. So jedenfalls sieht das Marcus Bosch. „Wenn es die Festspiele nicht schon gäbe, müsste man sie erfinden“, sagt der Opernfestspielintendant. „Denn das Geld, das durch die Festspiele in die Stadt gelangt, kommt dort, wo es vor allem landet, also in Hotellerie, Gastronomie oder beim Congress-Centrum, zielgenau in der ansonsten dort herrschenden wirtschaftlichen Sauregurkenzeit an. Und das behaupte nicht nur ich, das wird uns von Vertretern aus den genannten Bereichen auch bestätigt.“

Auch die Stadtverwaltung als Trägerin der Opernfestspiele zeigt sich über die Ergebnisse der Studie erfreut. Oberbürgermeister Michael Salomo sagt, dass hier deutlich werde, was die Opernfestspiele in vielerlei Hinsicht für die Stadt Heidenheim leisten. Neben den künstlerisch-inhaltlichen und gesellschaftlichen Aspekten seien die Festspiele ein bedeutender Wirtschaftsfaktor.

„Sowohl städtische als auch nichtstädtische Unternehmen profitieren in hohem Maße von den Festspielen. Darum ist der städtische Zuschuss für die Opernfestspiele auch in wirtschaftlicher Hinsicht gut investiertes Geld. Am ausgewiesenen Werbewert des Festivals, der in der Studie lediglich mit einem Teilbetrag berücksichtigt ist, erkennen wir zudem, welchen handfesten Beitrag die Festspiele leisten in Sachen Imageentwicklung und Profilbildung unserer Stadt.“

Leipzig, Schleswig, Heidelberg, Heidenheim

Die Umwegrentabilität von Kultureinrichtungen wurde auch andernorts schon untersucht. So beträgt die errechnete Umwegrentabilität des Leipziger Gewandhauses beispielsweise 2,5, die des Schleswig-Holstein-Musikfestivals 3,9 oder die des Heidelberger Frühlings 4,05. Da die Studien nicht nur Unterschiede bezüglich der Tiefe und Breite der erhobenen Daten aufweisen, sondern auch unterschiedliche Effekte berücksichtigen oder aber Reiseziele wie Leipzig oder Heidelberg allein schon in Sachen Städtetourismus anders einzustufen sind als Heidenheim, lassen sich diese Ergebnisse, wenn überhaupt, nur schwer vergleichen.

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