Warum die Pop-up-Oper „Woyzeck“ eigentlich gar keine Pop-up-Oper ist
Quizfrage: Was haben die kleine Raupe Nimmersatt und Franz Woyzeck gemeinsam? Wenig, möchte man meinen. Recht würde man damit haben. Einen Aspekt gibt es da aber doch, zumindest in diesem Jahr und ganz besonders in Heidenheim: Pop-up. „Die kleine Raupe Nimmersatt“ fällt heutzutage in die Sparte der Pop-up-Bücher – allgemein und vor allem früher eher als Aufklappbücher bekannt. „Woyzeck“ ploppt beziehungsweise poppt in Heidenheim kommende Woche als Pop-up-Oper auf.
Nach dem Erfolg der Georg-Elser-Oper „Nau bens hald i“ in den vergangenen drei Jahren hält das Format damit einmal mehr Einzug in den Opernfestspielen, erneut ein Auftragswerk, erstmals in Kooperation mit dem Theater Aalen. Dort, aus Aalen, kommt auch der Intendant Tonio Kleinknecht. Ihm ist das Libretto auf Basis des Dramas von Georg Büchner zu verdanken. Die Musik stammt aus der Feder von Marijn Simons – in Heidenheim kein unbekanntes Gesicht.
Zweite Pop-up-Oper nach „Nau bens hald i“
Seine Uraufführung erlebte diese Opernversion von „Woyzeck“ bereits Ende Mai in Aalen. Am Samstag, 8. Juli, ist Heidenheim an der Reihe. Die Handlung ist so bekannt wie beklemmend: Der einfache Soldat Franz Woyzeck lässt sich von seinem Hauptmann und einem skrupellosen Arzt physisch und psychisch ausnutzen. Des Geldes wegen erträgt Woyzeck diese Demütigungen, hat er doch seine Freundin Marie und das gemeinsame uneheliche Kind zu versorgen. Eines Tages erwischt Woyzeck Marie mit einem Nebenbuhler – der Rest soll an dieser Stelle nicht vorweg genommen werden. So manchen „Woyzeck“-Novizen soll’s ja doch noch geben.
Doch zurück zur Pop-up-Oper: Hinter diesem Begriff steckt ein musikalisches Werk, das irgendwo und an abwechselnden Orten plötzlich auftaucht, gespielt wird, und ebenso schnell wieder entschwindet. Legt man diese Definition zugrunde, handelt es sich bei „Woyzeck“ im strengeren Sinne eigentlich nicht um eine Pop-up-Oper. In Heidenheim erlebt das Werk mit dem Voith Training Center nämlich nur einen Aufführungsort – wenn man von einer Inszenierung im Lokschuppen im Rahmen des Theaterrings einmal absieht. Zum Vergleich: „Nau bens hald i“ spielte sich an gut einer Handvoll Orte ab, manche standen sogar wenige Tage vor Aufführungsbeginn noch nicht final fest.
Opernfestspiele Heidenheim erstmals im Voith Training Center
Sei’s drum. Mit dem Voith Training Center fügen die Opernfestspiele ihrem Arsenal einen fünften Aufführungsort hinzu, einen sechsten, wenn man das Zeitgenossen-Festival in der Stadtbibliothek dazuzählt. Zuletzt konnte man das Training Center aus kultureller Sicht im Rahmen der Ausstellung „Kunst bewegt“ betrachten. Mit ihr einher ging die Verleihung des Kunstpreises „Kunst und Technik“, den der Kunstverein Heidenheim, die Firma Voith und die Hanns-Voith-Stiftung Ende 2021 erstmals vergeben haben.
Mit Preisen überhäuft wird der künftige temporäre Bewohner des Training Centers nicht, eher mit Unglück. Wo Woyzeck kommenden Samstag dem Wahnsinn verfällt, speisen Voithianer übrigens für gewöhnlich. Die Kantine wird für die Dauer der rund 45-minütigen Oper zur Bühne umgewandelt. Danach zieht sie von dannen. Ein bisschen Pop-up steckt als doch drin.
„Woyzeck“: viermal Heidenheim, viermal außerhalb
Premiere feiert „Woyzeck“ in Heidenheim am Samstag, 8. Juli, ab 18 Uhr im Voith Training Center. Dort wird es noch an zwei weiteren Abenden aufgeführt: Sonntag, 9. Juli, ab 18 Uhr sowie Dienstag, 11. Juli, ab 19 Uhr.
Außerhalb des Landkreises kann man „Woyzeck“ etwa im Garten Palais Adelmann in Ellwangen besuchen. Termin ist hier Mittwoch, 12. Juli, ab 19 Uhr. Auf Schloss Wasseralfingen gibt es drei Aufführungen: Freitag, 14. Juli, und Samstag, 15. Juli, jeweils ab 20 Uhr sowie Sonntag, 16. Juli, ab 19 Uhr.
Im Lokschuppen gibt es die Pop-up-Oper am Donnerstag, 25. Januar, als Teil der Theaterringreihe zu sehen. Karten für sämtliche Termine gibt es im Pressehaus in Heidenheim sowie unter laendleevents.de