Neue Flächen für Windkraft

Warum die Stadt Heidenheim gegen die geplanten Vorranggebiete ist

In Ostwürttemberg sollen 30 neue Vorrangflächen für Windkraft ausgewiesen werden. Warum sich die Stadt Heidenheim dagegen ausspricht.

Wo „Teilfortschreibung Windenergie 2025“ draufsteht, ist viel Emotion drin. Das wurde einmal mehr deutlich, als es jetzt im Heidenheimer Gemeinderat um die Pläne des Regionalverbands Ostwürttemberg ging. Mit großer Mehrheit schlossen sich die Stadträtinnen und Stadträte der ablehnenden Haltung des Rathauses an.

Die Zielsetzung ist bekannt: 30 neue Vorranggebiete, in denen weitere Windkraftanlagen aufgestellt werden könnten, sollen in Ostwürttemberg ausgewiesen werden. Im aktuellen Stadium des Verfahrens sind die sogenannten Träger öffentlicher Belange, und damit auch die Stadt Heidenheim, aufgefordert, Stellungnahmen abzugeben.

Viele mögliche Standorte nahe Großkuchen

Ralf Käpplinger, im Rathaus Leiter des Fachbereichs Stadtentwicklung, Umwelt und Vermessung, lenkte den Blick auf fünf Sektoren, die auf Heidenheimer Gemarkung liegen und teilweise an bestehende Vorranggebiete anschließen. Sie befinden sich nördlich Großkuchens auf der West- und Ostseite der Autobahn, westlich Großkuchens an der Gemarkung Ebnat, nahe Ochsenberg, westlich Kleinkuchens und südlich Oggenhausens.

Die Vorgabe des Landes Baden-Württemberg, zwei Prozent der Fläche für regenerative Energien vorzusehen, bedeute für die Stadt Heidenheim, „dass 214 Hektar für Windkraftanlagen und Freiflächen-Photovoltaik bereitzustellen sind“, so Käpplinger. Aktuell seien bereits 46 Prozent dieser Fläche belegt, rechnete er vor. 65 Hektar entfielen auf bestehende Windkraftanlagen, 33 Hektar auf installierte oder geplante Freiflächen-Photovoltaikanlagen. Der Großteil davon – 65 Hektar Windkraft und 20 Hektar Photovoltaik – befinde sich auf Großkuchener Markung.

Photovoltaikanlagen auf öffentlichen Gebäuden

Käpplinger wies außerdem darauf hin, dass die öffentlichen Gebäude in der Stadt wo immer möglich mit Photovoltaikanlagen versehen würden, während die Stadtwerke an Erneuerbare-Energien-Anlagen beteiligt seien, die ca. 469 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr erzeugten. Resümee: Die Stadt Heidenheim trage maßgeblich dazu bei, erneuerbare Energien voranzutreiben und zu etablieren. Das gelte vor allem für Großkuchen und Kleinkuchen.

Die dortigen Anlagen seien gemäß den gesetzlichen Vorgaben errichtet worden, stellten gleichwohl hinsichtlich Landschaftsbild, Erholungswert und Umwelt eine Belastung für die Orte dar. Im Ergebnis lehne die Stadt Heidenheim deshalb die neuen Vorrangflächen für Windkraftanlagen ab. Oberbürgermeister Michael Salomo untermauerte diese Haltung mit dem Hinweis, Heidenheim sei gut aufgestellt, was die Erzeugung von Energie bei gleichzeitig möglichst geringem Verbrauch betreffe.

Mangelnder Stolz auf Beitrag zur Energiewende beklagt

Vera Wolf (Grüne) beklagte die aus ihrer Warte „massivste Überbelastung für das Gebiet“, ihre Fraktionskollegin Anamari Filipovic prangerte an, in der Vor-Salomo-Zeit sei es versäumt worden, „Stolz reinzubringen, zur Energiewende beizutragen“. Die Grünen stünden ohne Wenn und Aber zu dieser, allerdings stelle eine große Belastung dar, „dass in der Vergangenheit viel Porzellan zerbrochen wurde“.

Michael Kolb (CDU) mahnte an, die Stadt solle nicht den Eindruck erwecken, nur für Windkraft zu sein, „wenn sie weit entfernt stattfindet“. Bislang seien immer Kompromisse gefunden worden, räumte Frank Rebmann (Grüne) ein. Jetzt aber gehe es auch um den möglichen Bau vieler Windräder, die zwar im Ostalbkreis stünden, aber den Bereich um Nietheim und Großkuchen beträfen. Rückblickend gab er zu bedenken, dass bislang kein finanzieller Ausgleich bei den unmittelbar Betroffenen angekommen sei: „Beispielsweise hätte verbilligter Strom sicher für eine größere Akzeptanz gesorgt.“

Ortschaftsräte schließen sich städtischer Stellungnahme an

Im Vorfeld der Gemeinderatssitzung hatte sich der Oggenhauser Ortschaftsrat einstimmig dem Wortlaut der städtischen Stellungnahme angeschlossen. Diese wurde schlussendlich bei einer Enthaltung und drei Gegenstimmen (Reinhard Püschel, Anamari Filipovic, Stefani Schall-Uhl) angenommen. Auf Bitte des Großkuchener Ortschaftsrats wurde er um den Passus ergänzt, dass der Ort mit Blick auf ein Umspannwerk, Hochspannungsleitungen, Freiflächen-Photovoltaik und Steinbrüche schon eine starke Belastung zu tragen habe, weshalb weitere Windkraftanlagen nicht zumutbar seien.

Kritik am Zeitplan

Ist es sinnvoll, die Stellungnahmen zur Fortschreibung der Windkraft ausgerechnet im unmittelbaren Vorfeld der Kommunalwahlen Anfang Juni einzufordern? „Der Zeitpunkt ist schon sehr ungünstig, wurde aber vom Ministerpräsidenten vorgegeben“, sagt Oberbürgermeister Michael Salomo. In der Erklärung der Stadt Heidenheim findet sich zudem der Hinweis, die jetzigen Stadträtinnen und Stadträte bzw. Ortschaftsrätinnen und Ortschaftsräte wollten ihren Nachfolgern aufgrund der Kürze der Zeit zur Meinungsbildung keine Stellungnahmen zu den einzelnen Flächen vorwegnehmen.

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