150 Jahre nach der Gründung

Warum die TSG Schnaitheim noch immer wie ein Dorfverein ist

In diesem Jahr feiert die TSG Schnaitheim ihr 150-jähriges Bestehen. Worin der Schlüssel des Erfolgs liegt, wurde beim Festakt deutlich.

Sich jeden Tag aufs Neue selbst motivieren, klare Ziele setzen und diese mit großer Selbstdisziplin auch erreichen, sich von Rückschlägen und Misserfolgen nicht niederwerfen und entmutigen lassen und mit einem Lächeln durchs Leben gehen. Das und anderes trägt Matthias Berg zufolge zum Erfolg im Leben bei. Und was fürs Leben gilt, kann auch so auf die TSG Schnaitheim übertragen werden, denn wie sonst hätte es der Verein geschafft, 150 Jahre erfolgreich zu bestehen. Zu diesem Jubiläum fand am Donnerstagabend ein großer Festakt in der Turn- und Festhalle statt, bei dem Berg, vielfacher Medaillengewinner bei Paralympics und Weltmeisterschaften, Jurist, studierter Hornist, und Fernseh-Sportkommentator, den Festvortrag hielt. Der sollte auch dazu dienen, die Verantwortlichen und Mitglieder des Sportvereins zu motivieren, in ihrem Tun fortzufahren.

Doch wie kann es gelingen, dass ein Verein, der über mehr als 2800 Mitglieder verfügt, auch nach 150 Jahren des Bestehens noch immer ehrenamtlich geleitet wird? „Wir funktionieren immer noch wie ein Dorfverein, das geht nur, wenn wirklich alle zusammenhalten. Die Sportler ebenso wie die Abteilungsleiter und die Vorstände“, machte der langjährige Vorsitzende Wolfgang Schön in einer Gesprächsrunde mit Moderator Matthias Jochner und dem TSG-Ehrenvorsitzenden Thomas Umrath deutlich. Der betonte, dass es in den zurückliegenden eineinhalb Jahrhunderten lediglich 15 Vorsitzende gegeben hat, seit 1966 seien es nur fünf gewesen. „Diese Kontinuität macht unseren Verein aus“, sagte Umrath. „Die Leute bei der Stange zu halten – das schaffen die Verantwortlichen in den Abteilungen“, ergänzte Schön.

Wartelisten und Aufnahmestopp: Keine Nachwuchssorgen bei der TSG

Das scheint mit großem Erfolg zu gelingen, denn um Nachwuchs muss man sich bei der TSG keine Sorgen machen. „Wir versuchen nicht, uns mit dem FCH zu vergleichen, aber auch wir haben steigende Mitgliederzahlen“, sagte Schön, in manchen Abteilungen gebe es derzeit schon einen Aufnahmestopp und Wartelisten. „Bei uns boomt die Jugend extrem. Wir nehmen das dankbar mit, aber wollen uns nicht darauf ausruhen, sondern weiter daran arbeiten“, so der Vorsitzende, der mehrfach betonte, dass die TSG ein Breitensportverein sei.

Dass sich der schon immer selbst zu helfen gewusst habe, machte Umrath bei einem kleinen Rückblick auf die Hallensituation deutlich, denn schon in den 1990er Jahren habe es Kapazitätsprobleme gegeben: „In guter Zusammenarbeit und mit Unterstützung der Stadt konnten wir die immer wieder lösen“, sagte der Ehrenvorsitzende, nicht ohne fallen zu lassen, dass in Sachen Hallenkapazität auch derzeit nicht alles zum Besten bestellt sei.

Zusammenhalt ist wichtig

Dass die Stadt die Vereine auch zukünftig nach Kräften unterstützen wird, versicherte Oberbürgermeister Michael Salomo in seinem Grußwort. Die TSG sei auch nach 150 Jahren noch gut aufgestellt, „was hier angepackt wird, ist stimmig“. Der Breitensportverein sei auch wichtig für die Gesellschaft und schaffe in Schnaitheim Identität, auch weil er dazu beitrage, dass sich junge Menschen sinnvoll beschäftigten und sportlich betätigen. „Das hält fit und hilft auch, mit Niederlagen umzugehen“, sagte Landrat Peter Polta beim Festabend. Auch er betonte die Bedeutung des Sports in Zusammenhang mit der Gesellschaft, immerhin sei jeder vierte Schnaitheimer Mitglied in der TSG und ihren 15 Abteilungen. Dass es keine Nachwuchsprobleme gebe, sei ein Zeichen für die hochwertige Arbeit, die hier geleistet werde.

Auf die Geschichte der Vereine in Baden-Württemberg ging WLSB-Präsident Andreas Felchle ein. Sportvereine seinen immer mit gesellschaftlichen Veränderungen einhergegangen. 1871 habe es mit der Gründung des Kaiserreichs einen „unheimlichen Aufschwung“ gegeben, und damit sei es auch zur zweiten großen Welle der Vereinsgründungen nach 1848 gekommen. In dieser zweiten Phase sei die TSG Schnaitheim entstanden, die heute noch ein bedeutender Teil der Gesellschaft und Gemeinschaft sei. „In Sportvereinen wird nicht nur Sport getrieben, sie sind Ankerpunkte, hier findet man zusammen. Auch im Zeitalter der Digitalisierung werden Sportvereine immer etwas Analoges haben“, so Felchle. Die Vereine böten mehr als die Organisation von Wettkämpfen, „sie sind Säulen der demokratischen freiheitlichen Gesellschaft“. Dafür bräuchten sie aber auch Freiheit, und um diese lohne es sich zu kämpfen.

Der Sportkreispräsident Klaus-Dieter Marx betonte in seinem Grußwort, dass der Vorstand der TSG Schnaitheim immer auf Augenhöhe mit den Mitgliedern gestanden habe, „er wird von den Mitgliedern getragen, und das macht die TSG zu einer großen Familie“. Dieses Zusammengehörigkeitsgefühl mache den Verein bis heute aus. „Hier geht es nicht nur um Sport, sondern auch um Bewegung“. Wie auch die Vorsitzende des Schwäbischen Turnerbundes, Sabine Schröder, wünschte Marx der TSG für die Zukunft, dass der Zusammenhalt Bestand haben möge.

Matthias Berg hielt den launischen, besinnlichen aber auch sehr motivierenden Festvortrag am Jubiläumsabend. Markus Brandhuber

Aus Rückschlägen lernen

Die Motivation dafür leistete der Hauptredner Matthias Berg. Rund eineinhalb Stunden lange erzählte er auf launige, teils humorvolle, aber auch ernste und besinnliche Art aus seinem Leben, das von seiner Contergan-bedingten Behinderung geprägt ist. Trotz vieler Widrigkeiten und Rückfälle, zeigt er auf, wie es ihm immer wieder gelungen ist, aus Tiefschlägen zu lernen und daran persönlich zu wachsen. Sportlich, musikalisch und beruflich höchst erfolgreich, machte er klar, dass es wichtig ist, mit Energie und Motivation durchs Leben zu gehen, nicht aufzugeben, und immer wieder zu versuchen, selbst Brücken zu anderen Menschen zu bauen. „Aus Rückschlägen habe ich sehr viel fürs Leben gelernt: Man braucht ein klares Ziel vor Augen und muss sich immer wieder fragen, wohin man will, um das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren.“ Das, Disziplin, Organisation und der Wille, etwas zu erreichen, seien der Schlüssel zum Erfolg.

Großes Jubiläumsprogramm

Im Jahr 1874, also vor 150 Jahren, wurde die Turn- und Sportgemeinde Schnaitheim gegründet. Dieses Jubiläum wird kräftig gefeiert. Nach dem Festakt am Donnerstagabend und einem „Schwäbischen Abend“ am Freitag, findet am Samstag, 8. Juni, die große Jubiläumsparty statt. Am Sonntag gibt es dann einen ökumenischen Gottesdienst mit anschließendem Frühschoppen. Für Samstag, 20. Juli, ist außerdem ein Kindertag geplant.

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