Mikroabenteuer

Warum ein Tag mit Hund entspannend sein kann

Silja Kummer wollte schon als kleines Mädchen einen Hund haben. Jetzt hat sie sich Cockapoo-Dame Romy ausgeliehen. So verlief der Tag als Hundemama:

Warum ein Tag mit Hund entspannend sein kann

In der dritten Klasse war das Thema in einem Schulaufsatz „Mein größter Wunsch“. Ich habe beschrieben, wie ich an meinem Geburtstag aus der Schule nach Hause komme und dort ein schwanzwedelnder Cockerspaniel auf mich wartet. Offenbar war es mir gelungen, die Geschichte überzeugend zu erzählen, ich bekam für den Aufsatz eine Eins, aber leider keinen Hund. Auch später in meinem Leben habe ich mir den Wunsch nie erfüllt, weil so ein Tier Zeit und Aufmerksamkeit braucht, die ich bisher nie dafür übrighatte.

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Aber mal einen Hund auszuleihen, das ist doch eine schöne Idee für ein Mikroabenteuer, also trage ich „Hundemama sein“ als Thema ein und überrede einen Kollegen im Ruhestand, seine noch relativ junge Cockapoo-Dame Romy für dieses Experiment auszuleihen. Mit der Rasse – eine Mischung aus Cockerspaniel und Pudel – hat sich mein Kindheitswunsch wenigstens zur Hälfte erfüllt und die Tiere gelten als einfache Anfängerhunde, also vielleicht auch für Hundelaien geeignet.

Möhre, Leine, Leckerli

Romy winselt schon hinter der Haustür, als ich klingle, und begrüßt mich dann mit wilden Hüpfern und sanftem Nagen an meiner Hand. Ich bekomme noch eine halbe Tüte Leckerli für die Hosentasche, eine Möhre und Romys Leine. Das Abenteuer beginnt. Bereitwillig springt der Hund in mein Auto und richtet sich im Fußraum des Beifahrersitzes ein. Während der Fahrt legt Romy ihren Kopf zwischen Sitz und Schalthebel und lässt sich von mir die Ohren kraulen. Ein Automatik-Auto wäre jetzt geschickter, so unterbricht leider jeder Schaltvorgang unsere Mensch-Hund-Idylle.

Wir fahren zusammen in den Garten, der gut eingezäunt ist und dem Hund Auslauf bietet. Dort angekommen wird erst einmal alles beschnüffelt, auch der Mann, der hier schon auf uns wartet. Ich setzte mich auf die Veranda, Romy legt sich daneben. Hund kann ich.

Oder doch nicht? Der Mann stellt fest, dass wir gar kein Spielzeug für Romy dabeihaben und sucht ein Stöckchen für den Hund. Das funktioniert auch und schon toben die beiden über die Wiese. Wilde Spiele sind nicht so mein Ding, aber es ist ja auch in der Kindererziehung so, dass man nicht alles können muss. Die Hundemama ist also eher für die ruhigeren Dinge zuständig.

Romy ist eins von den Kindern – pardon, einer von den Hunden –, die nicht alleine auf weite Entdeckungsreise gehen, sondern immer in der Nähe der Bezugsperson bleiben. Wenn wir uns auf dem Grundstück bewegen, ist Romy aber immer mit dabei und schaut interessiert zu. Während ich Unkraut im Staudenbeet jäte, untersucht sie die Mäusegänge. Wenn ich mit dem Schnittgut zum Kompost gehe, kommt sie mit. Als ich die Blumen hochbinde, jagt sie einem Schmetterling nach, den ich aufgescheucht habe. Zum Glück bleibt er unerreichbar.

Leises Schnarchen am Mittag

Schließlich wird es Zeit für die Mittagspause. Wir essen Brötchen mit Tomate, Romy bekommt Möhre in kleinen Scheiben. Dann verziehen sich alle. Der Mann legt sich in der Gartenhütte aufs Sofa, der Hund auf der Veranda in den Schatten. Bald höre ich leises Schnarchen. Ich genieße die Pause und mache mir ein paar Notizen über mein Mikroabenteuer. Aufregend war es eigentlich nur im Vorfeld. Vor allem die Hundebesitzer in der Redaktion fanden, dass ich mir das alles zu einfach vorstelle. Aber hey, ich habe mir auch einen einfachen Hund ausgeliehen.

Cockapoos haben ein relativ dichtes Fell, so dass Romy gerne Schattenplätze aufsucht. Und kraulen lässt sie sich auch gerne. Jens Eber

Sobald ich mit Romy im Auto unterwegs war, habe ich mich komplett entspannt. Kann es sein, dass Hunde den Blutdruck senken? Oder man sich so achtsamkeitsmäßig mehr auf das Hier und Jetzt konzentriert, weil der Hund das auch macht? Oder habe ich einfach Glück gehabt? Schon beim ersten Mal, als ich Romy getroffen habe, hatte ich das Gefühl, sehr schnell einen Draht zu diesem Hund zu finden.

Ein Häufchen landet in der Wiese

Eine Abenteuerübung haben wir noch: Wir machen einen Spaziergang. Am Gartentor nehme ich Romy an die Leine und wir gehen los. Bereits nach wenigen Metern macht Romy ihr großes Geschäft in eine Wiese. Genau in dem Moment kommt der Bauer, der die Wiese immer mäht, mit seinem Verkaufswagen vom Wochenmarkt zurück und fährt an uns vorbei. Ich schäme mich sofort sehr, weil ich keine Tüte dabeihabe. Daran habe ich nicht gedacht. Ist aber im Moment nicht zu ändern, also drehe ich mich schnell um und gehe mit meinem Hund weiter.

Beim Spazierengehen haben Romy und ich komplett unterschiedliche Interessen: Ich begutachte die Gärten, an denen wir vorbeikommen, schaue mir an, wie viele Äpfel die Bäume tragen und will möglichst schnell in den Wald, um Holunderbeeren zu pflücken. Romy möchte gerne an allem riechen. Rechts vom Weg, links vom Weg, und manchmal dreht sie auch nochmal um, weil sie offenbar irgendwas vergessen hat zu beschnüffeln. Wir kommen eher langsam voran, die Leine ist ständig im Weg und der Hund zieht daran.

Mittagsschlaf auf der Veranda: Der Hund ist müdegespielt. Silja Kummer

Der Holunder ist eine Enttäuschung, da noch nicht reif, und ich beschließe, noch einen letzten Versuch zu unternehmen, um dem Tag ein bisschen Abenteuercharakter abzutrotzen: Ich lasse Romy von der Leine. Jetzt kommen die Leckerli zum Einsatz: Wir üben ein bisschen bei Fuß zu gehen. Dann spazieren wir weiter, ich gucke, sie schnüffelt, aber das Ganze ist jetzt viel entspannter, weil sie nicht immer an der Leine ziehen muss, wenn sie stehenbleiben will. Als ich sehe, dass uns ein Mann entgegenkommt, rufe ich Romy zu mir und nehme sie wieder an die Leine. Auch das klappt ohne Probleme. Als wir zurück im Garten sind, hole ich ein Tütchen und mache mich auf die Suche nach dem Hundehäufchen, das dann später an einer Hundetoilette entsorgt wird.

Kurz darauf kommt der richtige Hundepapa und holt Romy wieder ab. Sie legt einen Spurt durch den ganzen Garten hin und zeigt sich äußerst begeistert darüber, dass sie offenbar nicht zur Adoption freigegeben wurde.

Fazit: Hundemama sein war kein wirkliches Abenteuer, eher die späte Erfüllung eines Kindheitstraums. Aber ehrlicherweise muss ich auch sagen, dass ich eher eine Hundeoma war: Ich habe das Hundekind gefüttert und gewickelt (entleert, wie der Hundepapa sagt) bekommen, wir durften die coolen Sachen zusammen machen und als es müde war, habe ich es wieder abgegeben. Ich hoffe, dass die Hundeeltern diesen Service schätzen und bald wieder in Anspruch nehmen.

Im nächsten Teil der Mikroabenteuer-Serie versucht sich der Kollege Dominik Florian im Minimalismus.