Der Landkreis muss sparen, und weil die Sozial- und Jugendhilfe mit knapp 100 Millionen Euro fast die Hälfte der Ausgaben ausmacht, hatten sowohl die CDU-FDP-Fraktion als auch die Freien Wähler Anträge zum Haushalt 2025 gestellt, in diesem Bereich zwei Millionen Euro einzusparen. Zu diesen Anträgen bezog die Landkreisverwaltung am Montag im Jugendhilfeausschuss Stellung und machte ihrerseits den Vorschlag, die Einsparung auf eine Million Euro zu begrenzen. Dafür sollen maximal 500.000 Euro im Bereich der Jugendhilfe und maximal 500.000 Euro im Bereich der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung wegfallen. Der Jugendhilfeausschuss stimmte diesem Antrag der Verwaltung mit acht zu sieben Stimmen zu. Dies klingt wie eine einfache Lösung, das Problem ist allerdings so komplex, dass diese kaum greifen wird.
Hauptsächlich Pflichtaufgaben
Der Großteil der Leistungen, die der Landkreis im Bereich der Sozial- und Jugendhilfe erbringt, sind Pflichtaufgaben. Dies bedeutet, dass Menschen aufgrund der gesetzlichen Lage Anspruch auf staatliche Leistungen haben, wenn sie bestimmte Bedingungen erfüllen. Dazu zählen beispielsweise die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, Hilfe zur Pflege oder Leistungen für Asylbewerber.
Im Bereich der Jugendhilfe Einfluss auf die Fallzahlen zu nehmen, kann eigentlich nur über Prävention gelingen. Welche Kosten tatsächlich mit Schulsozialarbeit oder Integrationsmanagement eingespart werden können, lässt sich nicht in Euro darstellen, darauf weist die Landkreisverwaltung deutlich hin. Sozialdezernent Matthias Schauz hatte aber ein Schaubild dabei, das die Häufigkeit zeigt, mit der Hilfen zur Erziehung in Anspruch genommen werden. Bis zum Jahr 2016 lag die Hilfehäufigkeit deutlich über dem Landesschnitt, seither bewegt sie sich darunter. „Das wäre angesichts der Sozialstruktur im Landkreis Heidenheim eigentlich nicht zu erwarten“, so Schauz. Deshalb führt er den Wert, der für 2023 bei 31,18 je 1000 Landkreis-Einwohner bis zu 21 Jahren lag, auf die Wirkung von Prävention zurück.
Ein anderes Problem, das im Bereich der Sozial- und Jugendhilfe aus Sicht des Landkreises eine Rolle spielt, sind die Erstattungen des Landes, die nicht in ausreichender Höhe fließen. Die Verwaltung stellte dies exemplarisch anhand der Situation bei den Geflüchteten aus der Ukraine dar: Die Kosten für die Unterbringung von Geflüchteten werden normalerweise fast vollständig vom Land erstattet. Ein Risiko für den Landkreis bestehe nur hinsichtlich des Zeitpunkts, zu dem das Geld fließt.
Geflüchtete aus der Ukraine erhalten jedoch seit dem 1. Juni 2022 Leistungen gemäß dem Sozialgesetzbuch (SGB), und das Land beteiligt sich nur mit einem Pauschalbetrag an diesen Sozialaufwendungen, die die Landkreise aufbringen müssen. Für 2024 hatte der Landkreis mit Erstattungen von 4,8 Millionen Euro geplant, tatsächlich sei nun nur mit 1,4 Millionen Euro zu rechnen. „Das kann so nicht sein“, echauffierte sich Landrat Peter Polta. „Wir machen vor Ort gute Arbeit und die Kosten müssen erstattet werden“, sagte er. „Das Land freut sich, wenn wir im Haushalt mit den Erstattungen nach unten gehen“, ergänzte Kreiskämmerer Jürgen Eisele.
Erhöhter Druck auf die Jugendhilfe
Matthias Schauz wies zudem auf gesellschaftliche Belastungen hin wie die Nachwirkungen der Corona-Pandemie auf das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen, die Zunahme von Kriegen und in deren Folge Flucht und Migration, aber auch der zunehmende Fachkräftemangel im pädagogischen Bereich und der Mangel an Betreuungsplätzen. „Das alles erhöht den Druck auf die Jugendhilfe“, so Schauz.
Petra Saretz (CDU) dankte im Namen ihrer Fraktion für das Aufzeigen der Präventionseffekte. Der Vorschlag, zwei Millionen Euro einzusparen, sei vielleicht „zu hoch gegriffen“ gewesen. Die CDU-FDP-Fraktion sei auch mit einer Million Ersparnis einverstanden. Landrat Polta verwies an dieser Stelle nochmal auf die Grundlage der Sozialausgaben: „Vieles sind gesetzliche Ansprüche. Wir können das schon aus dem Haushalt streichen, müssen es aber am Ende doch bezahlen.“
„Unserer Fraktion ist die Sozial- und Jugendhilfe besonders wichtig“, betonte Tanja Weiße (SPD). Sie nannte den Vorschlag, hier zwei Millionen Euro einzusparen, eine „unfassbare Idee“. Auch eine Million Euro sei zu viel. „Suchen Sie sich einen anderen Bereich zum Sparen aus“, so die Kreisrätin.
Auch Britta John, die als Geschäftsführerin des Kinderschutzbundes Heidenheim Mitglied im Jugendhilfeausschuss ist, warnte davor, den Rotstift in diesem Bereich anzusetzen. „Bitte sparen Sie nicht an der Prävention.“ Diese würde von den freien Trägern oft gar nicht kostendeckend angeboten, sondern mit eigenen Mitteln unterstützt. Kürzungen könnten eine „Motivations-Abwärtsspirale“ auslösen, fürchtete John.
Wer im Jugendhilfeausschuss vertreten ist:
Der Jugendhilfeausschuss des Kreistags besteht aus neun Mitgliedern des Kreistags und sechs Mitgliedern, die von Jugendhilfe-Organisationen kommen. Dies sind Britta John (Kinderschutzbund), Matthias Linder (Eva Heidenheim), Michael Lengler (Kreisjugendring), Markus Mengemann (Caritas), Monika Reichenbach-Oetzel (Awo) und Frauke Rothenbacher (Kreisjugendring). Darüber hinaus gibt es noch vier beratende Mitglieder, die nicht stimmberechtigt sind.