Das hatte bisher nur Corona geschafft: Das kostenlose Weihnachtsessen, zu dem der Heidenheimer Gastronom Hüseyin Perktas seine Mitbürgerinnen und Mitbürger traditionell am Heiligen Abend einlädt, fällt in diesem Jahr aus. Grund: Der Lokschuppen, in der jüngeren Vergangenheit bereits fünf Mal Schauplatz der Veranstaltung, steht nicht zur Verfügung.
Wenn Perktas auftischt, ist die Hütte voll: Mehrere Hundert Menschen kommen Jahr für Jahr, um sich am Heiligen Abend von dem bekannten Heidenheimer Gastronomen bewirten zu lassen, der vielen noch als ehemaliger Pächter der Konzerthaus-Gaststätte bekannt ist. Schon dort breitete er einst die Arme für seine Gäste aus, ehe der Umzug in den Lokschuppen erfolgte.
Persönliches Dankeschön an die Gesellschaft
Perktas‘ Antrieb ist unverändert geblieben: „Niemand soll am 24. Dezember allein sein müssen“, sagt der 69-Jährige, „völlig egal, wie Glaube, Herkunft, Alter, Geschlecht und Hautfarbe aussehen.“ 1980 als Gastarbeiter aus der Türkei nach Heidenheim gekommen, will er mit dieser Aktion der Gesellschaft danken, die ihn einst aufgenommen und ihm viele Möglichkeiten bis hin zur deutschen Staatsangehörigkeit geboten hat. Geld möchte er für sein Engagement nicht haben: „Ich mache das zusammen mit meinen Helfern ehrenamtlich, lade alle Menschen ein, die gerne kommen möchten, und natürlich muss niemand einen Cent dafür bezahlen.“
Auch in diesem Jahr schien alles wie gewohnt zu laufen. Perktas bestellte die Lebensmittel für 500 Portionen Essen, orderte Weihnachtsbäume, Kerzen und Servietten, sorgte für Mitstreiter, die ihm zur Hand gehen sollten. Als er Anfang vergangener Woche dann noch der Form halber wegen der Räumlichkeiten anfragte, erhielt er zu seiner Überraschung eine Absage.
Keine schriftliche Vereinbarung
Um die Gründe nachvollziehen zu können, muss man die bisherige Praxis kennen: Die Stadt stellte Perktas den Lokschuppen unentgeltlich zur Verfügung, einer schriftlichen Vereinbarung bedurfte es nicht. Stattdessen galt der Termin quasi auf Zuruf als reserviert. Diesmal aber liegen die Dinge anders, wie Ruven Becker erläutert, Geschäftsführer der Congress & Event Heidenheim GmbH, die sich neben dem Congress-Centrum auch um das Konzerthaus und den Lokschuppen kümmert.
Sein Team sei aufgrund fester Buchungen bereits komplett ausgelastet, sagt Becker und verweist auf HZ-Nachfrage auf Konzerte am 21. und am 23. Dezember sowie auf eine private Veranstaltung am 25. Dezember. An diesem Tag finde überdies im Congress-Centrum eine Ü30-Party statt, sodass alle verfügbaren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereits verplant seien.
Nicht genügend Mitarbeiter
Erfolglos geblieben sei sein Versuch, durch Bonuszahlungen kurzfristig Personal für den Heiligen Abend zu gewinnen. „Die Anfrage für diesen Tag ist leider zu spät gekommen, um sie noch berücksichtigen zu können, zumal wir aufgrund der vorliegenden Buchungen schon Urlaube genehmigt hatten“, sagt Becker. Er verfüge über ein hervorragendes Team, das stets parat stehe, „aber auf meine Leute wartet jetzt schon ein enormer Kraftakt, und ich kann da keinen weiteren Druck ausüben“.
Perktas‘ Zusage, mit eigenen Kräften für eine reibungslose Abwicklung und die Reinigung des Lokschuppens zu sorgen, hält Becker entgegen, aufgrund der nachfolgenden Buchungen zu konkreten Vertragsbedingungen sei es unerlässlich, dass die Congress & Event Heidenheim GmbH selber für einen einwandfreien Zustand Sorge trage. Da es sich beim Lokschuppen um eine Versammlungsstätte handele, bedürfe es zudem einer Einweisung in Fluchtwege und Technik. Auch führe an der Rufbereitschaft eines Technikers kein Weg vorbei, „denn es kann von der defekten Sicherung bis zum Brandalarm immer mal etwas vorkommen“.
Personalwechsel trugen zu Problem bei
Becker räumt ein, dass verschiedene Personalwechsel – er selber ist seit August Nachfolger von Günter Wagner – möglicherweise zu der für alle Seiten unbefriedigenden Situation beigetragen haben. Sein Haus unterstütze Perktas’ Aktion seit vielen Jahren und werde das auch in Zukunft tun. Ein größerer zeitlicher Vorlauf solle sicherstellen, kommendes Jahr das Essen am Heiligen Abend wieder wie gewohnt stattfinden zu lassen.
Nicht einverstanden mit Verschiebung
Während die letztlich erfolglose Suche nach einer Ausweichlösung lief, wurde das ursprünglich für den Abend des 23. Dezember geplante Konzert abgesagt. Dem daraufhin von dritter Seite formulierten Vorschlag, das für den Heiligen Abend geplante Essen im Lokschuppen nicht abzusagen, sondern ausnahmsweise einen Tag vorzuziehen, wollte sich Hüseyin Perktas nicht anschließen: „Wir wollen ja gemeinsam den Geburtstag von Jesus Christus feiern, und der ist nun einmal am 24. Dezember“, so seine Begründung, „deshalb soll genau an diesem Tag niemand allein sein müssen.“