Haushaltsberatung im Kreistag

Warum es für die prekäre finanzielle Situation im Landkreis Heidenheim keine Lösung gibt

Wie lange kann sich der Landkreis Heidenheim noch Investitionen leisten und was passiert, wenn das nicht mehr funktioniert? Die Fraktionsvorsitzenden im Heidenheimer Kreistag bezogen Stellung zum Haushaltsplan für 2024 und benannten dabei sehr viele Probleme - aber keine Lösungen.

Warum es für die prekäre finanzielle Situation im Landkreis Heidenheim keine Lösung gibt

Wie lange kann sich der Landkreis Heidenheim noch Investitionen leisten und was passiert, wenn das nicht mehr funktioniert? Dies war die Leitfrage, mit der sich die Fraktionsvorsitzenden aller Parteien in ihren Haushaltsreden im Kreistag befassten. Die größten Zukunftsprojekte des Landkreises sind das Klinikum, die Brenzbahn und die kürzlich beschlossene Sanierung des Berufsschulzentrums. Von Bernhard Ilg (CDU), Rainer Domberg (SPD), Matthias Kraut (Freie Wähler) und Margit Stumpp (Grüne) gab es dazu auch volle Zustimmung und klare Bekenntnisse.

Fragen blieben aber trotzdem offen. Denn obwohl es von den Fraktionsvorsitzenden Kritik an verschiedenen Punkten gab, hatte auch niemand eine Idee, wie die Probleme des Landkreises zu lösen wären – zu viel hängt von äußeren Faktoren und anderen Ebenen der Politik ab, die in Heidenheim niemand beeinflussen kann. Nicht ganz ernst gemeint war in diesem Zusammenhang der Wunsch von Matthias Kraut nach einem Goldesel im Keller des Landratsamts.

Aggressive Expansion bei Zeiss?

Bernhard Ilg wies auf die Probleme der Wirtschaft hin, von der der Landkreis hinsichtlich der Steuerkraft abhängt. Diese entwickle sich aktuell unter dem Landestrend. Die Expansion bei Zeiss und die Suche des Konzerns nach Arbeitskräften werde „von hiesigen Firmen als teilweise aggressiv empfunden“, so Ilg. Die Rezession führe vor Ort zur Zurückstellung von Investitionen, Pfändungen und Insolvenzen. Einen Hebel sah Ilg in der Zukunftsinitiative Ostwürttemberg, zu der der Landkreis aus dem aktuellen Haushalt
100.000 Euro beisteuert. Die CDU/FDP-Fraktion beantragte einen unterjährigen Bericht der Verwaltung über ihre dortigen Aktivitäten.

Die wichtigste Steuereinnahme des Landkreises sei die Kreisumlage, so Bernhard Ilg. Diese wird von den elf Gemeinden im Landkreis bezahlt und bemisst sich vereinfacht gesagt an deren Steuereinnahmen. Davon reklamiert der Landkreis einen Anteil für sich. Die Kreisumlage steigt 2024 von 32 auf 33 Prozent. „Bedenken wir die notwendigen Investitionen, werden signifikant steigende Kreisumlagehebesätze unausweichlich“, sagte Ilg. 2027 werde man bei 39 Prozent liegen, „und das wird nicht das Ende sein“. Deshalb beantragte die CDU/FPD-Fraktion, der Landkreis solle mit den Kommunen über diese Entwicklung ins Gespräch kommen. Ilg bat um ein „konstruktives Miteinander“.

Rücksicht auf die Gemeinden im Landkreis

Zwar nimmt der Landkreis mit der erhöhten Kreisumlage 78,5 Millionen Euro ein, diese Summe sei aber eigentlich nicht ausreichend, so Rainer Domberg. „Tatsächlich müsste die Kreisumlage um knappe drei Punkte erhöht werden, damit das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts erreicht werden könnte“, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende. Er bescheinigte dem Landrat und dem Kreiskämmerer Rücksicht und Zurückhaltung, was sicher im Interesse der Kreiskommunen sei. In den kommenden Jahren werde diese Zurückhaltung nicht mehr möglich sein, wenn der Landkreis alle Aufgaben erfüllen wolle, die er sich selbst auferlegt habe.

Die Fraktionsvorsitzenden im Kreistag äußerten sich zum Haushaltsplan des Landkreises Heidenheim für 2024: (von links) Rainer Domberg (SPD), Margit Stumpp (Grüne), Bernhard Ilg (CDU) und Matthias Kraut (Freie Wähler). Rudi Penk

Dem Optimismus des Landrats hielt Domberg einen „Realitätscheck“ entgegen, der am Ende aber auch zu keinen anderen Ergebnissen führt als die vom optimistischen Peter Polta vorgeschlagenen: Eine Grenze, an der die Unterstützung des Klinikums endet, darf es laut SPD-Fraktion nicht geben. Die Sanierung des Berufsschulzentrums gehöre zu den wichtigsten Aufgaben des Landkreises, auch wenn die Sanierung „schlecht für den Kreishaushalt“ sei.

Von den Freien Wählern kam der Vorschlag, angesichts der brisanten finanziellen Situation für den neugewählten Kreistag nach der Kommunalwahl 2024 eine Klausurtagung einzuberufen. Dabei solle die Frage geklärt werden, „was wir uns in der Zukunft noch leisten können und auf welche Aufgaben wir uns in der Zukunft konzentrieren sollten oder müssen“. Hinsichtlich der Sanierung des Berufsschulzentrums beantragten die Freien Wähler unterjährige Berichte. „Insbesondere, wenn es in die Umsetzungsphase geht, muss der Kreistag die Möglichkeit haben, bei Bedarf die Gesamtmaßnahme zu unterbrechen und gegebenenfalls die Finanzierung anzupassen“, so Kraut.

118 Millionen Euro Schulden fürs Klinikum

Auch das Klinikum haben die Freien Wähler im Blick: Hinsichtlich des zum Jahresende 2024 prognostizierten Schuldenstands des Landkreises würden 118,22 Millionen Euro auf Trägerdarlehen für das Krankenhaus entfallen. Die reine Verschuldung des Landkreises bezifferte er auf 17,27 Millionen Euro. Hinsichtlich des steigenden Personalaufwands beim Landkreis, der mit einer Stellenerhöhung einhergeht, bat Kraut um Information darüber, welche dieser geplanten neuen Stellen Freiwilligkeitsleistungen des Landkreises seien.

Die Gebühren müssen so gestaltet werden, dass sie den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen.

Margit Stumpp, Fraktionsvorsitzende der Grünen

Zwar merkten alle Fraktionen an, dass die Erhöhung der Kreisumlage um einen Prozentpunkt eigentlich zu niedrig ausfalle. Margit Stumpp ging als einzige Rednerin so weit, eine Erhöhung um zwei Prozent zu fordern. Ihre Begründung: „Ansonsten steigt die Gefahr, dass, wie in der Vergangenheit geschehen, Umlagesprünge mit Finanzebben zusammenfallen.“ Was sie damit meinte: Da eine Erhöhung der finanziellen Belastung der Kreisgemeinden ohnehin unumgänglich scheint, wäre es besser, diese jetzt schon in höherem Maße vorzunehmen, solange es den Kommunen finanziell noch einigermaßen gutgeht.
Auf die geplante Erhöhung der Müllgebühren, die der Kreistag zurückgewiesen hat, ging die Grünen-Fraktionsvorsitzende auch nochmal ein: Die geplante Vorgehensweise sei aus Sicht ihrer Fraktion nicht tragbar. Dem Kreistag war eine Gebührenerhöhung vorgeschlagen worden, obwohl die beiden fehlenden Abschlüsse für 2021 und 2022 vermutlich einen Überschuss enthalten werden. Die Gebühren müssten so gestaltet werden, „dass sie den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen“, so Stumpp.

So geht es jetzt weiter:

Der Kreishaushalt wird in der Kreistagssitzung am Montag, 18. Dezember, verabschiedet. Sie beginnt um 15 Uhr und soll in Nattheim stattfinden. Bis dahin tagen auch noch einmal alle fünf Ausschüsse des Kreistags.

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