Warum für den Zementhersteller Schwenk die Wasserstoff-Pipeline schnell kommen muss
Das Konsortium CI4C, das aus vier großen Zementherstellern besteht, baut auf dem Firmengelände von Schwenk in Mergelstetten eine Versuchsanlage zur Abscheidung von CO₂ aus der Zementproduktion. Das rund 130 Millionen Euro teure Vorhaben im sogenannten Oxyfuel-Verfahren muss jetzt allerdings mit veränderten Rahmenbedingungen starten: Laut Jürgen Thormann, Geschäftsführer des Konsortiums CI4C, benötigen die Zementhersteller sowohl Strom aus regenerativen Quellen als auch grünen Wasserstoff, damit das Verfahren nachhaltig ist. „Es ist eine Aufgabe der Politik, uns diese Stoffe zur Verfügung zu stellen“, meinte Thormann, der bei der Verleihung des Innovationspreises von IHK und Kreissparkassen einen Vortrag zum Thema hielt.
Wann Wasserstoff nachhaltig ist
Bei den nachhaltigen Energiequellen liegt aber auch das Problem: Mit einem EU-Erlass, einem sogenannten „Delegated Act“ der EU-Kommission, wurden im Frühjahr Kriterien festgelegt, die Wasserstoff in der Produktion erfüllen muss, um als erneuerbar zu gelten. Schwierig sei, dass dabei nur Strom aus erneuerbaren Quellen für die Produktion von grünem Wasserstoff verwendet werden darf, der nicht bisher schon genutzt wird. Das Konsortium müsste praktisch einen eigenen Windpark bauen, um grünen Wasserstoff selbst herzustellen. Das ist in absehbarer Zeit kaum möglich. Dementsprechend wichtig ist für Schwenk auch die geplante Wasserstoff-Pipeline in die Region Ostwürttemberg. Momentan rechnet man damit, dass die Pipeline bis 2030 in Betrieb sein könnte, das wäre für die Pläne von Schwenk allerdings schon sehr spät.
"Das Projekt ist gefährdet"
Die Zeit drängt nämlich auch noch aus einem anderen Grund: „CO₂ darf nur bis 2040 für Refuels verwendet werden“, sagt Thormann. „Damit ist das Projekt gefährdet“, so Thormann in seinem Vortrag. Damit sich Versuche zur Herstellung von sogenanntem synthetischem Treibstoff für Flugzeuge lohnen, den Schwenk in Zusammenarbeit mit dem Kerosin-Hersteller SkyNRG plant, will das Unternehmen möglichst bald mit der Versuchsanlage starten.
Mit dem Bau der Versuchsanlage kümmere sich das Konsortium um ein Thema, „das uns alle angeht“, so Jürgen Thormann. „Wir wollen eine Technik entwickeln, mit der man dem Klimawandel entgegenwirken kann“, sagt er. Die Zementproduktion hat einen Anteil von acht Prozent am weltweiten Ausstoß von CO₂. Allerdings finde die Produktion hauptsächlich in China und Indien statt, so Thormann. Deutschland trage weniger als ein Prozent zur weltweiten Zementproduktion bei. „Man kann sich schon fragen, ob wir überhaupt dazu beitragen können, das Klima zu beeinflussen“, meint Thormann. Jedoch solle in Mergelstetten eine Technologie entwickelt werden, die dann weltweit angewendet werden kann.
Die Zementherstellung in der Versuchsanlage muss unter Luftabschluss erfolgen, damit für die Verbrennung reiner Sauerstoff verwendet werden kann. Wenn das gelingt, enthält die Abluft nahezu 100 Prozent CO₂, das dann als Rohstoff für die Herstellung des synthetischen Kerosins genutzt werden könnte. Unter Umständen müsse man sich aber auch überlegen, welche anderen Produkte mit dem gewonnenen CO₂ hergestellt werden können, so Thormann.
Bau der Versuchsanlage hat schon begonnen
Die Versuchsanlage des Konsortiums CI4C entsteht südlich des Schwenk-Zementwerks auf dem Firmengelände. Die Baukräne wurden in Vorbereitung auf die in den nächsten Wochen und Monaten anstehenden Bauarbeiten aufgestellt. Die Aushubarbeiten für die ersten Fundamente sind bereits erfolgt. Mit dem Bau der Anlage hat das Zementhersteller-Konsoritum die Firma Thyssenkrupp BU Polysius beauftragt.