Protest gegen Stellenabbau

Zähe Verhandlungen und viele Fragen: Heidenheimer TDK-Beschäftigte demonstrieren in München

Am Donnerstag fuhren zahlreiche TDK-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Heidenheim nach München, um dort gegen den geplanten Abbau von 300 Stellen zu protestieren. Was sagt die Gewerkschaft und wie ist die Situation am Standort Heidenheim?

Mit fünf Bussen machten sich am Donnerstagmorgen rund 250 Beschäftigte des Heidenheimer TDK-Standorts auf den Weg nach München, um gegen den geplanten Abbau von 300 Arbeitsplätzen zu protestieren. Zur selben Zeit tagte der Aufsichtsrat am Konzernsitz von TDK Deutschland. Dem gegenüber wollten die Heidenheimer Beschäftigten ein deutliches Zeichen setzen und zeigten, dass sie den Arbeitsplatzabbau nicht so einfach hinnehmen wollen.

Über rund einen Kilometer führte der Demonstrationszug der TDKler auf der von der Polizei gesperrten Rosenheimer Straße zum Hauptsitz, wo die große Kundgebung stattfand. „Mehrere Redner, darunter auch der 1. Bevollmächtigte der Heidenheimer IG Metall, Tobias Bucher, forderten Aufsichtsrat und Management des Konzerns auf, vor der Belegschaft Stellung zu beziehen. „Leider ließ sich von denen keiner blicken. Dass sich in so eine Situation niemand den Mitarbeitern stellt, habe ich bisher noch nicht erlebt“, so Bucher, der dieses Verhalten als „feige“ bezeichnet. Auch die demonstrierende Belegschaft sei über dieses Verhalten frustriert und enttäuscht gewesen. „Wir haben zwar lautstark, aber völlig friedlich demonstriert, und trotzdem hat sich uns keiner der Verantwortlichen gestellt“, so Bucher.

Zähe Verhandlungen des TDK-Betriebsrats mit der Geschäftsführung

Das bemängelt auch der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende des Heidenheimer TDK-Standorts, Florian Grandy. Er berichtete den Demonstrierenden von den Verhandlungen, die der Betriebsrat in den vergangenen Wochen mit der Geschäftsführung geführt hat. Dabei sei es unter anderem darum gegangen, dass das Unternehmen trotz der angekündigten Kündigungen Leiharbeiter einstellen wollte, um einen 24-Stunden-Schichtbetrieb an sieben Tagen bewerkstelligen zu können. „Es waren sehr, sehr zähe und unnötig lange Verhandlungen, und wir sind dem Unternehmen zum Wohle unserer Beschäftigten sogar entgegengekommen“, so Grandy. Letztendlich sei es gelungen, eine Betriebsvereinbarung auszuhandeln, die klare Regeln vorschreibt.

Bei der Veranstaltung in München wurde den Heidenheimern auch die Solidarität von anderen TDK-Standorten zugesichert. Bucher zufolge sprach auch der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Klaus Ryschawy und erklärte, dass der Kampf der Heidenheimer stellvertretend für alle Fertigungsstandorte des Konzerns in Deutschland stehe. Die Heidenheimer Betriebsratsvorsitzende Marion Beylschmidt, die an der Aufsichtsratssitzung teilnahm, habe die Demonstrierenden ermutigt, durchzuhalten.

Gespaltene Stimmung bei den Mitarbeitern

Tobias Bucher warf den Verantwortlichen in seiner Rede vor, nicht alle Optionen geprüft zu haben: „Fertigung ist auch nach wie vor in Deutschland möglich, zumal der Standort hoch automatisiert ist.“ Er bemängelte, dass der Konzern die Fertigung ausgerechnet nach China und Ungarn verlagern will, „und damit in Länder, in denen Rechtsstaatlichkeit und Demokratie mehr als fraglich sind“. Zudem setze man sich damit der Gefahr eines Zusammenbruchs der Lieferketten aus.

Die Stimmung unter den Beschäftigten am Standort Heidenheim bezeichnet Grandy als gespalten. „Es herrscht sehr viel Frust, Enttäuschung und auch Wut, seit der Stellenabbau im März verkündet wurde“, so der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende. Dieser Abbau sei ohne Rücksprache oder Beteiligung des Betriebsrats beschlossen worden. „Bei vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern herrscht seitdem auch eine gewisse Antriebslosigkeit, keiner weiß, wie, wo und wann welche Stellen abgebaut werden sollen. Manche machen sich auch noch Hoffnung, dass sie nicht dabei sein werden“, beschreibt Grandy die Situation. Dabei müsse man sich bewusst sein, dass der Abbau nicht nur in der Produktion, sondern in allen Bereichen des Standorts Heidenheim Auswirkungen haben werde. „Wenn von einem Abbau von 300 Stellen geredet wird, sind mit den Familien mindestens 1000 Menschen betroffen“, sagt auch IG-Metall-Chef Tobias Bucher. Und das wiederum habe Auswirkungen auf ganz Heidenheim.

Auch in den kommenden Wochen und Monaten werden die Verhandlungen über die Zukunft des Heidenheimer Standorts weiterlaufen. Bucher zufolge gibt es Ende Juni einen weiteren Gesprächstermin in großer Runde, aktuell beschäftigten sich Experten mit der Analyse der Situation, ein Wirtschaftsprüfer habe seine Arbeit aufgenommen. „Wir sind auf jeden Fall bestrebt, ein Alternativkonzept zu finden, das den Stellenabbau verhindern oder zumindest minimieren kann“, so Bucher. Am Ende der Sitzung am Donnerstag habe der Aufsichtsratsvorsitzende erklärt, dass man Vorschläge von Seiten der Arbeitnehmer auf jeden Fall prüfen werde.

300 Stellen sollen gestrichen werden

Im März hatte der japanische Elektronikkonzern TDK bekanntgegeben, dass in den Jahren 2025 und 2026 insgesamt 300 der aktuell 540 Arbeitsplätze am Standort Heidenheim wegfallen sollen. Derzeit gibt es in Heidenheim 21 Fertigungslinien, auf denen elektronische Bauelemente hergestellt werden. 13 dieser Linien sollen schrittweise an Standorte in Ungarn und China verlagert werden. Drei weitere Produktionslinien sollen ganz auslaufen. Geht es nach dem Unternehmen, sollen in Heidenheim lediglich vier Linien und eine Pilotlinie, auf der Prototypen gefertigt werden, verbleiben.

Als Gründe für die Verlegung hatte die Geschäftsführung im März die schwache Konjunktur, steigende Fertigungskosten und einen extrem verstärkten internationalen Wettbewerb aus Asien genannt. Im Jahr 2008 hatte TDK das Unternehmen von Epcos übernommen.

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