Warum in Heidenheim die Grundsteuer und die Gewerbesteuer erhöht werden sollen
Die Heidenheimer werden ab dem kommenden Jahr aller Wahrscheinlichkeit mehr Steuern zahlen müssen. Zwar hat der Gemeinderat die Erhöhung von Gewerbe- und Grundsteuer noch nicht beschlossen, doch aus den Stellungnahmen der Fraktionen zum Haushaltsplanentwurf, die in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats abgegeben wurden, geht eine breite Zustimmung zum entsprechenden Vorschlag der Verwaltung vor. Sollte so entschieden werden, wären nicht nur alle Gewebetreibenden und Industriebetriebe, sondern auch Immobilieneigentümer und sehr viele Mieter betroffen. Die Grundsteuer nämlich wird in den meisten Fällen auf den Mietpreis umgelegt.
Die geplanten prozentualen Steuererhöhungen seien unumgänglich geworden, sagte Petra Saretz, Vorsitzende der CDU/FDP-Fraktion. „Die angepeilten Steuersätze sind im überregionalen Vergleich zu hoch, am Ende bleibt uns aber nur dieser Weg, um den Haushalt auszugleichen. Das tragen wir mit Schmerzen mit. Trost ist, dass wir es mit diesen Ausgaben auch schaffen, Attraktivität in der Stadt zu erhalten, die hoffentlich auch Arbeitskräfte und Steuerzahler anzieht, so dass es sich für unsere Unternehmen am Ende lohnt.“ Auch aus Sicht der SPD/Linke-Fraktion sind die Steuererhöhungen notwendig, um die im Haushalt eingestellten Punkte umsetzen zu können. „Schweren Herzens muss hier zum Wohle aller die Grundsteuer moderat erhöht werden“, so die Fraktionsvorsitzende Tanja Weiße, die die Erhöhung als vertretbar bezeichnete. Die Gewerbesteuereinnahmen seien seit Jahren viel zu niedrig. Mit der geplanten Erhöhung sollten künftig „die mehr zahlen, die einen Gewinn erwirtschaften, und sich damit an der für einen erfolgreichen Gewerbetrieb erforderlichen Infrastruktur beteiligen“.
Auch Anamari Filipovic, Vorsitzende der Grünen-Fraktion, erklärte: „Die Vorschläge der Verwaltung zur Finanzstabilisierung werden wir mittragen.“ Insbesondere die Steuererhöhungen seien überfällig und bereits 2019 empfohlen worden. „Hätten wie diese damals auch beschlossen, stünden wir heute besser da.“ Lediglich die Freien Wähler stellen sich gegen eine Erhöhung der Gewerbesteuer: „Wir vertreten die Auffassung, dass wir damit einen Standortnachteil schaffen würden“, so Fraktionssprecher Ralf Willuth. Die größten Gewerbesteuerzahler seien internationale Kapitalgesellschaften, die davon Gebrauch machten, selbst zu beeinflussen, wo sie ihre Gewinne versteuern. Durch eine Erhöhung würden Handel, Handwerk, Dienstleister, Gastronomie und mittelständische Produktionsbetriebe betroffen. „Branchen also, die wir stärken statt schröpfen sollten.“
CDU/FDP-Chefin Petra Saretz blickte in ihrer Rede auf die vergangenen Jahre bis 2019 zurück. In den vergangenen sechs Jahren habe die Stadt 24 Millionen Euro in den Erwerb von Grundstücken und Gebäuden gesteckt, die Ausgaben für Baumaßnahmen lägen bei 177 Millionen Euro. Weitere 15 Millionen stünden in den kommenden vier Jahren für den Erwerb, 145 Millionen Euro für Baumaßnahmen an. „Wir haben die Investitionen gemeinsam und mit großer Mehrheit des Gremiums entschieden, sicherlich waren nicht alle zwingend notwendig, aber für das große Ganze unerlässlich.“ 2019 sei das Gesamtergebnis des Haushalts noch positiv gewesen, ab 2020 seien Verluste erwirtschaftet worden. „Wir haben in dem Zeitraum die Erträge um 30 Millionen erhöht, die Ausgaben aber um 40 Millionen“. Am Ende helfe für den strukturellen Ausgleich nur, Kosten zu sparen, so Saretz. Zwar ist der Haushalt ihrer Meinung nach nicht generationengerecht, doch sei so vieles angeschoben, das die Stadt zukunftsfähig mache, „dass wir dies so noch aushalten können und auch müssen, und wir es auch somit vor den nächsten Generationen vertreten können.“
Wie die CDU/FDP-Fraktion verzichtet auch die SPD/Linke-Fraktion in diesem Jahr auf Anträge, die den Haushalt belasten könnten. Wie Tanja Weiße erklärte, seien die sechs wichtigsten Anliegen ihrer Fraktion auf den Weg gebracht. So gehe es in Sachen Wohnbau und bezahlbarem Wohnraum in der Stadt deutlich voran. Insgesamt entstünden 832 neue Wohneinheiten, „der Wohnbau mit städtischer Einflussnahme nimmt endlich wieder Fahrt auf“. Für den gesellschaftlichen Zusammenhalt sei es wichtig, bei den freiwilligen Aufgaben nicht zu sparen, „die Freiwilligkeitsleistungen sollen erhalten bleiben. Für Neues gibt es gerade wenig Spielraum.“ Wichtig ist Weiße auch die Belebung der Innenstadt und die Umsetzung des Verkehrsentwicklungsplans sowie die Förderung der Jugend und des Breitensports.
Auch von Seiten der Grünen werde jede Initiative zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum unterstützt, so deren Vorsitzende Anamari Filiopovic. „Auch wenn dies bedeutet, dass Geld in die Hand genommen werden muss.“ Grundsätzlich gebiete es bei klammen Kassen die Redlichkeit, Aufgaben und Ausgaben zu hinterfragen. „Dass man damit bei den Betroffenen keine Jubelschreie auslöst, liegt in der Natur der Sache.“ Sie forderte alle Beteiligten im kommunalen Raum auf, Entscheidungen immer auf der Sachebene zu bewerten und nicht persönlich zu nehmen. Mit einer Reihe von Anträgen und Forderungen der Grünen-Fraktion, die sich in erster Linie mit dem Radverkehr beschäftigen, wird sich die Verwaltung in den kommenden Wochen auseinandersetzen müssen.
Für die Freien Wähler sagte Ralf Willuth: „Unsere kommunale Finanzsituation ist sehr angespannt, erfordert ein Umdenken und rasches Handeln.“ In der Vergangenheit habe die Stadt viele Pflichtaufgaben wie den Bau und die Sanierung von Sportstätten, Schulen und Kindergärten vorbildlich erfüllt und sogar in Vorzeigeprojekte investiert. Doch angesichts der Tatsache, dass bis 2027 insgesamt 110 Millionen Euro mehr ausgegeben als eingenommen werden, verändere alles: „Um in dieser Lage handlungsfähig zu bleiben, müssen wir unsere Erträge steigern und die Ausgaben senken.“ Möglichkeiten dafür sieht Willuth im Verkauf von Gewerbegrundstücken und Bauplätzen sowie durch die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum, um über mehr Einwohner mehr Schlüsselzuweisungen zu bekommen.
Wichtige Einnahmen
Die Stadtverwaltung hat vorgeschlagen, den Gewerbesteuerhebesatz um 20 auf 400 Hebesatzpunkte zu erhöhen. Das würde zu einer Einnahmensteigerung von 1,5 Millionen Euro jährlich führen. Durch die Erhöhung des Hebesatzes für die Grundsteuer B kommen der Stadtkasse zusätzlich eine Million Euro zugute. Steuern und Zuweisungen von Bund und Land sind die wichtigsten Einnahmequellen der Stadt.