Bürokratie-Posse

Warum in Heidenheims Außengastronomie Winterruhe statt Winterglühen herrscht

Im März hat der Heidenheimer Gemeinderat den Weg für eine ganzjährige Außengastronomie freigemacht. Doch der Traum von winterlichen Biergärten bleibt vorerst unerfüllt.

Die Sonne bescherte Heidenheim in den vergangenen Tagen einen Hauch von goldenem Herbst. Nicht wenige Gäste nutzten diese Sonnenmomente und nahmen nochmals draußen vor den Cafés und Kneipen Platz. Doch damit ist nun Schluss – unabhängig davon, ob sich die Sonne auch im Winter zeigen sollte: In Heidenheim darf auf öffentlichen Flächen nur bis Ende Oktober draußen aufgestuhlt und bewirtet werden. Ab dem 1. November muss die Außenbestuhlung verschwinden. Nur auf privatem Gelände ist die Bewirtung dann noch möglich. Dabei hatten die Gastronomen gehofft, künftig mehr Freiheiten auch auf öffentlichem Raum zu erhalten.

Im Frühjahr beschloss der Gemeinderat, das Winter-Bewirtungsverbot aufzuheben und durch eine ganzjährige Außenbewirtschaftung mehr Leben auf die Straßen zu bringen. Doch der politische Wille scheint irgendwo in den Mühlen der Verwaltung festzustecken. Die geplante Belebung? Vorerst abgesagt – und mit ihr der Traum von heißem Glühwein an Stehtischen in der Fußgängerzone, Kaffeeklatsch in der winterlichen Sonne oder Mittagssnacks an der frischen Luft.

„Willis kleines Winterdorf“ in Heidenheims Fußgängerzone?

Michael Weihreter vom „König Wilhelm“ in der Fußgängerzone ist einer der Gastronomen, die sich über den Gemeinderatsbeschluss freuten. „Willis kleines Winterdorf“ wollte er vor seinem Lokal aufbauen: Von seinen sechs Tischen im Sommer wollte er einen draußen stehen lassen und dazu noch vier Stehtische aufstellen. Deshalb wandte er sich an die Stadtverwaltung, um zu klären, wie er die Winter-Bewirtung beantragen und die Gebühr dafür bezahlen könne.

Doch die Antwort ließ seine Pläne platzen: „Ich bekam die Auskunft, dass ich meine Außengastronomie am 31. Oktober abbauen muss, ansonsten erfolgt die amtliche Beseitigung des Biergartens.“ Auch der Hinweis auf den Gemeinderatsbeschluss half nicht weiter: Es seien noch weitere Schritte nötig, um diesen Beschluss umzusetzen, hieß es seitens der Stadtverwaltung. Verwiesen wurde darauf, dass zunächst die Sondernutzungssatzung geändert werden müsse.

Weihreter ist enttäuscht. „Mir geht es nicht um meinen Umsatz“, sagt er. Er sei Pensionär und auf diese Einnahmen durch die Außenbewirtschaftung nicht angewiesen. Ihm liege vielmehr daran, Leben in die zunehmend trister werdende Fußgängerzone zu bringen. Warum ein paar Stehtische stören sollten, leuchtet ihm nicht ein.

Ähnlich geht es Stephanie Hüper vom „Wohntraum Heidenheim“ ein paar Häuser weiter südlich in der Hauptstraße. „Es gibt auch im Winter schöne Tage“, sagt sie. Die Bestuhlung vor dem Elmar-Doch-Haus hätte sie abgebaut, die Tische vor ihrem Café jedoch stehen gelassen.

Der Gemeinderat hatte im März beschlossen, die Wintersperre für die Freischanksaison aufzuheben. Der Gastronom hätte dann die Räum- und Streupflicht für die bewirtschafteten Flächen. Außerdem dürfe die Bestuhlung den städtischen Räum- und Streudienst nicht behindern. Aus Klimaschutzgründen sind Heizpilze nicht gestattet.

Warum ist die Satzung fünf Monate nach dem politischen Beschluss nicht geändert?

Tatsächlich scheint nun doch Bewegung in die Sache zu kommen. Die Stühle mussten zwar jetzt erst einmal weg, könnten aber doch bald wieder zurück ins Freie. Christoph Steeger von der Stadtverwaltung erklärt das verwaltungstechnische Prozedere. „Der politische Beschluss im März umfasste die reine Möglichkeit, die Außengastronomie ganzjährig stattfinden zu lassen und die bisherige Freischanksaison zu verlängern.“ Die Überarbeitung der Sondernutzungssatzung sei jedoch schon immer für das 4. Quartal 2024 geplant gewesen.

Über die neue Satzung abstimmen wird der Gemeinderat voraussichtlich in seiner Sitzung am Dienstag, 17. Dezember. Sofern der Gemeinderat die Satzung beschließt, müsse diese noch im Internet amtlich bekanntgemacht werden. Das sei eine Frage von wenigen Tagen, teilt Pressesprecher Stefan Bentele mit. Anschließend könnten die Gastronomen Anträge auf Basis der neuen Satzung stellen, die dann zum 1. Januar 2025 in Kraft tritt. Advent und Weihnachten 2024 werden damit in Heidenheim letztmals ohne mögliche Außengastronomie sein.

In Giengen, Aalen, Schwäbisch Gmünd und Ellwangen mehr Freiheiten

Wie handhaben es andere Städte in der Region mit der Außengastronomie im Winter? In den vier Großen Kreisstädten ringsum gibt es keine jahreszeitlichen Beschränkungen, ergab eine Nachfrage in Schwäbisch Gmünd, Aalen, Ellwangen und Giengen. „Außer bei Veranstaltungen wie dem Weihnachtsmarkt dürfen die Gastronomen ihre Bestuhlung draußen lassen“, heißt es zum Beispiel aus Schwäbisch Gmünd.

„Wir haben dazu keine Auflagen“, sagt Karin Haisch, Pressesprecherin der Stadt Aalen. „Die Außenbewirtung ist bei uns nicht zeitlich befristet, sie ist aber stets widerruflich genehmigt, falls Bedarf für die Fläche besteht, wie etwa für den Wochenmarkt oder bei Veranstaltungen.“

Aus Ellwangen heißt es, dass die Außenbewirtung in der Entscheidung der Gastronomen liegt. Es wird geregelt, wie die Außenbewirtung aussehen darf, aber jahreszeitlich gibt es keine Beschränkung.

Auch in der Nachbarstadt Giengen kennt man die Wintersperre nicht. Wirtschaftsförderin Theresa Winter dazu: „In Giengen wird eine Jahresgebühr für die Sondernutzung im Außenbereich erhoben, die ohne zeitliche Begrenzung gilt.“

Jetzt einfach weiterlesen
Jetzt einfach weiterlesen mit HZ
- Alle HZ+ Artikel lesen und hören
- Exklusive Bilder und Videos aus der Region
- Volle Flexibilität: monatlich kündbar