Einsatz fürs Tierwohl

Warum sich die Katzenfrauen eine Katzenschutzverordnung für den ganzen Landkreis wünschen

Bisher gibt es Katzenschutzverordnungen nur in drei Kommunen des Landkreises Heidenheim. Eine „Katzenschwemme“, Krankheiten bei den Tieren und steigende Kosten sorgen aus Sicht der sogenannten Katzenfrauen für dringenden Handlungsbedarf im ganzen Kreisgebiet.

Von einer „Katzenschwemme“ ist derzeit bei ihnen die Rede: Die sogenannten Katzenfrauen und -männer, die sich im Landkreis Heidenheim mit viel Engagement ehrenamtlich um die Betreuung freilaufender Katzen kümmern, schlagen Alarm und machen sich für die kreisweite Einführung einer Katzenschutzverordnung (KVO) stark, über die seit einigen Monaten diskutiert wird. Es geht ihnen um die Verringerung des Tierleids, das sich aus der unkontrollierten Vermehrung vor allem bei den verwilderten Hauskatzen ergibt. Und die Situation im Kreistierheim bei der Katzen-Aufnahmekapazität kann man als angespannt ansehen.

Katzenschutzverordnungen gibt es bislang in Nattheim, Hermaringen und Giengen

Mittlerweile würde eine Kätzin bis zu dreimal im Jahr Junge bekommen, so Tamara Schwab, Katzenfrau aus Bissingen. „Niemand weiß mehr, wohin mit den Tieren. Viele sind krank und die Kosten explodieren“, schildert sie die Situation. Eine KVO, die eine Reduzierung der Population mittels Kastrieren und Registrieren von Streunerkatzen möglich macht, haben bislang im Landkreis aber nur die Gemeinden Nattheim und Hermaringen sowie die Stadt Giengen beschlossen. Eine solche Verordnung umfasst außerdem auch eine Kastrations- und Registrierungspflicht für freilaufende Halterkatzen.

Von einem „katastrophalen Zustand“ spricht auch Stella Witteschnik vom Verein Katzen- und Tierhilfe Heidenheim, der private Pflegestellen für Katzen unterhält. Erst vor ein paar Wochen sei sie zum Kloster Anhausen gerufen worden, wo sie ein völlig verwurmtes Kätzchen vorgefunden habe. Und mindestens 15 weitere große und kleine Streunerkatzen habe sie dort entdeckt, die man jetzt an einer eingerichteten Futterstelle einzufangen versuche. Dem Nachwuchs bei den verwilderten Tieren in der jetzigen Jahreszeit sagt Witteschnik ein tragisches Schicksal voraus: „Die Kleinen, die jetzt auf die Welt kommen, werden alle erfrieren.“

Der Arbeitsaufwand der Katzenfrauen ist gewaltig

Die Überlebenschancen von verwilderten Hauskatzen gelten als schlecht, viele Tiere verwahrlosen und verenden jämmerlich. Eine KVO gibt Kommunen die rechtliche Handhabe zum Einfangen, Registrieren und Kastrieren. „Die Einführung der Katzenschutzverordnung in den Gemeinden erfolgt zu schleppend, um das Tierleid zu lindern“, beklagt Witteschnik, die selbst zwei eigene Katzen hat sowie elf weitere Jungtiere, die auf Vermittlung an Halter warten. Sie sei täglich unterwegs beim Tiere fangen, zu den Pflegestellen und zum Tierarzt. „Es artet bei mir zum Vollzeitjob aus.“

Ulrike Schachner (links) und Heide Hecht gehören zu den Katzenfrauen im Kreis Heidenheim. Die kränkelnde Kätzin Mona hat Heide Hecht im Februar in Heldenfingen gefunden und zu sich genommen. Foto: Rudi Penk

Ähnlich geht es auch Heide Hecht, der Vorsitzenden des Vereins Katzen- und Tierhilfe, und den bis auf Steinheim und Königsbronn aus dem ganzen Kreis Heidenheim kommenden 34 Katzenfrauen und -männern, die sich als Gruppe unter dem Namen „Katzenengel“ zusammengefunden haben. Viele Stunden wenden sie ehrenamtlich jeden Tag auf für die Versorgung der Tiere an Futter- und Pflegestellen und die Fahrten dorthin. Sie kümmern sich um das Einfangen der verwilderten Katzen und weiter dann um deren Kastration und eine Erfassung der Tiere mittels Chip oder Tätowierung. Eventuell werden die Katzen dann an der Fundstelle auch wieder ausgesetzt. Heide Hecht: „Wir haben jetzt im Herbst auch lauter kranke Kätzchen.“

Katzenfrau Tamara Schwab berichtet von „Brennpunkt-Kommunen“ mit besonders vielen Tieren. So seien etwa an den Futterstellen in Herbrechtingen ungefähr 50 Katzen zu versorgen. In Gerstetten seien es etwa 40, ergänzt Heide Hecht. Und auch in Niederstotzingen hätten sie aufgrund von Meldungen den Eindruck, dass es dort sehr viele Tiere seien.

An manchen Orten haben die Katzenfrauen auch Häuschen für die Futterstellen aufgestellt. Foto: Heide Hecht

Zu Hause kümmere sie sich derzeit um acht Katzen, so Hecht. Hinzu kämen an elf Futterstellen in Bolheim, Herbrechtingen, Gerstetten, Heuchstetten und Gussenstadt weitere 50, die von ihr versorgt werden. Die Nattheimer Katzenfrau Ulrike Schachner hat drei Katzen bei sich daheim und etwa 25 an fünf Futterstellen in Nattheim und Fleinheim, denen sie täglich Futter bringt. Vier Katzen bei sich und eine Futterstelle mit etwa zehn Tieren in Bissingen betreut Schwab. Hinzu kommen weitere Betreuerinnen und Betreuer im gesamten Landkreis an diversen Futterstellen, die sich beispielsweise in Garten- oder Industrieanlagen befinden können.

Im Heidenheimer Tierheim ist es derzeit schwierig mit Plätzen für Katzen

„Es ist ganz wichtig, dass alle elf Kommunen im Landkreis die KVO haben“, sagen die drei Katzenfrauen übereinstimmend. Und auch die Tierheimleiterin und stellvertretende Vorsitzende des Kreistierschutzvereins Heidenheim, Julia Lambertz, befürwortet die Katzenschutzverordnung. Es gebe freilebend zu viele unkastrierte Katzen. Das Tierheim verfüge über 60 Plätze für Katzen und sei gegenwärtig eigentlich voll. „Wir haben keinen Aufnahmestopp, aber für spontane oder nicht wirklich dringende Fälle gibt es zurzeit nur die Warteliste“, schildert sie. Wenn die Katzenfrauen ein Tier finden und direkt vorbeibringen wollen, werde es momentan schwierig. Dennoch werde immer versucht, etwas zu organisieren.

Katzen, die ins Tierheim gebracht werden und keinen Halter haben, würden nach einer Quarantäne immer kastriert und registriert, sobald sie alt genug dazu sind, so Lambertz. Dann werde versucht, sie zu vermitteln oder – wenn das nicht möglich erscheint – sie wieder an eine Futterstelle zu bringen, an der Platz herrscht. Die Registrierung ermögliche es auch, an den Futterstellen schnell zu erkennen, dass man sich um eine bestimmte Katze nicht mehr kümmern muss. Bei Tieren ohne Besitzer würden die Tierarztkosten für die Kastration über einen Fonds des Vereins finanziert, über den auch die Katzenfrauen diese Leistung abrechnen könnten.

Während die ärztliche Erstversorgung eines verletzten Fundtiers von der jeweiligen Gemeinde übernommen werde, würden eventuelle weitere Tierarztkosten von den Katzenfrauen selbst getragen – soweit nicht das Tierheim tätig werde, schildert Ulrike Schachner. Im Jahr komme für die „Katzenengel“ privat so insgesamt die Summe von 8000 bis 10.000 Euro an Kosten zusammen, schätzt Tamara Schwab. Deshalb hoffe die Gruppe darauf, sich in näherer Zukunft einer Organisation anschließen zu können, bei der Spendenannahmen möglich sind. So könnte dann auch der durch ihren Einsatz entstehende persönliche Kostendruck für die Katzenfrauen und -männer etwas gedämpft werden.

Katzenregistrierung und Fundtiermeldung

Ulrike Schachner, Katzenfrau aus Nattheim, weist auf die Wichtigkeit hin, dass Katzenhalter ihr gechiptes oder tätowiertes Tier bei den Online-Tierregistern „Tasso“ oder „Findefix“ erfassen lassen. Das erleichtert das Zurückführen eines Fundtiers. Bei der Entdeckung einer verletzten Katze solle der jeweilige Finder möglichst nicht als erstes bei den Katzenfrauen anrufen, sondern den Fund beim Tierheim (auch Anrufbeantworter), bei der Gemeinde oder zur Not auch bei der Polizei melden. „Dieses Vorgehen wäre für uns eine Erleichterung“, sagt Schachner angesichts dessen, dass oft Tag und Nacht bei ihr das Telefon klingele. Vor anfallenden Kosten für den Tierarzt brauche man keine Befürchtungen zu haben, da eine notwendige Erstversorgung von der Gemeinde getragen werde.

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