Unter Uns

Warum Windräder alles andere als ein Worst-Case-Szenario sind

Windräder gefallen nicht jedem. Aber Tagebau-Flächen und riesige Kohlekraftwerke sind ok? Catrin Weykopf, Mitglied der HZ-Redaktionsleitung, wundert sich immer wieder darüber, wie sehr sich viele Menschen billige und am besten grüne Energie wünschen, von der aber bitte nicht hier bei uns auf der Ostalb noch mehr erzeugt werden soll.

Woran denken Sie, wenn Sie an ein „Worst-Case“-Szenario denken? Ich denke da an Putin, der möglicherweise noch weitere Staaten überfällt. Oder an Terrorismus, der Unschuldige das Leben kostet. Oder an eine weitere Eskalation in Nahost. Oder dass Trump erneut die Wahl in den USA gewinnt. Oder auch wir eines Tages Rechtspopulisten in der Regierung haben. Oder hier in der Region weitere große Arbeitgeber Produktionsstätten schließen und Hunderte ihre Jobs verlieren.

Woran ich bei „Worst-Case“-Szenario jedenfalls nicht denke, sind mehr Windräder. Doch genauso düster und tatsächlich unter Verwendung des Begriffs „Worst-Case“-Szenario wurde neulich bei einer Infoveranstaltung in Bartholomä über eine künftige neue Ausweisung von Flächen für Windkraft rund um die Gemeinde gesprochen. Da ging beim Anblick von Windradsimulationen ein Raunen durchs Publikum, da versprachen Politiker, sie würden alles versuchen, um Dinge „abzuwenden“ und man habe seine „Schuldigkeit“ in Sachen Windkraft ja auch schon getan. Dabei verriet der Name der Veranstaltung schon, dass das oberste Prinzip einmal mehr lautet: Grüne Energie – ja. Aber bitte nicht bei uns.

Ich mache mich jetzt unbeliebt, aber: Wo soll denn die Energie stattdessen lieber herkommen? Mal wieder aus einem fernen Land, von wo wir sie dann risikoreich, aber Hauptsache billig importieren? Sollen die Last bitte andere tragen, wir wollen hier nur die Benefits? Klar, der Anblick von Windrädern ist objektiv nicht wunderschön. Aber ist der Anblick von Kohle- oder früher Atomkraftwerken besser? Oder von LNG-Terminals an der Küste des Wattenmeers? Sind riesige Tagebauflächen, für die ganze Dörfer umgesiedelt wurden, schön?

Mich erschreckt immer wieder, dass offenbar nach wie vor nicht verstanden wird, dass unser Strom nicht ohne vorher erzeugt zu werden aus der Steckdose kommt und wir, wenn wir auf regenerative Weise sicherheits- und energiepolitisch so unabhängig wie möglich werden wollen, dafür Zugeständnisse machen müssen - auch ganz persönlich. Das mussten all die, die am Tagebau wohnten, auch. Das müssen all die, die dank Atomkraft irgendwann ein Endlager unter den Füßen haben, auch - übrigens für uns alle anderen, die davon Jahrzehntelang in Form von billiger Energie profitiert haben. Ein schönes Wochenende und frohe Ostern.