Zwei Jahre sind vergangen seit den Vorfällen, für die sich jetzt zwei Brüder jetzt vor dem Jugendschöffengericht verantworten mussten. Jedem der beiden wurden zwei Fälle von Körperverletzung vorgeworfen, doch die Wahrheitsfindung gestaltete sich nicht einfach. Eine Vielzahl an Zeugen wurde gehört, wobei vor allen Dingen ein Vorfall in einem Jugendtreff in Großkuchen im Fokus stand.
In einer Nacht im März 2022 kam es dort zu einer Auseinandersetzung zwischen Jugendlichen aus Nattheim und aus Großkuchen, in deren Verlauf auch ein Messer im Spiel war, jedoch niemand damit verletzt wurde. Der ältere der beiden Angeklagte, inzwischen 20 Jahre alt, soll einem anderen Beteiligten mit der Faust ins Gesicht geschlagen und ihm dabei das Nasenbein gebrochen haben. In der Verhandlung stritt der Angeklagte dies auch nicht ab, doch konnten zahlreiche Aussagen von Zeugen wenig Licht ins Dunkel bringen. Fakt ist, dass die beiden Brüder gemeinsam mit zwei weiteren jungen Männer wohl recht aggressiv aufgetreten sind. Drunter und drüber sei es bei der Auseinandersetzung gegangen, an der zahlreiche Gäste des Jugendtreffs beteiligt gewesen seien, sagte eine Zeugin aus. Etliche der Zeugen konnten sich auch nicht an den Vorfall erinnern, teils, weil der lang zurückliegt, teils aber wohl auch, weil sie alkoholisiert waren.
Mit dem Messer am Bauch verletzt
Auch den zweiten Anklagepunkt räumte der ältere der angeklagten Brüder ein: Im Bereich des Heidenheimer Rewe-Marktes zog er im Streit mit anderen ein Messer und verletzte einen Mann am Bauch. Vorausgegangen sei dem eine Schlägerei mit mehreren Beteiligten. Das Opfer erklärte bei der Verhandlung, dass der Streit von ihm selbst ausgegangen sei, die Verletzung am Bauch habe er zunächst gar nicht bemerkt.
Geständig war auch der jüngere der beiden Angeklagten. Er hatte sich im September 2022, damals 15 Jahre alt, von einem anderen jungen Mann provoziert gefühlt und ihm im Heidenheimer Rewe-Markt nach einer verbalen Auseinandersetzung eine Kopfnuss gegeben, die zu einer Prellung und einer Platzwunde führte. Im Juni 2023 griff er einen anderen jungen Mann in der Wilhelmstraße, schlug ihn nieder und trat auf den am Boden Liegenden ein. Dieser Vorfall wurde sogar gefilmt.
Schwierige Situation des Angeklagten
Zu der Zeit, als die Taten stattfanden, habe der ältere der beiden Brüder große familiäre und schulische Konflikte auszutragen, es sei eine schwierige Phase für ihn gewesen, sagte Jugendgerichtshelfer Dieter Soika. Erst nach 13 Schuljahren habe er den Hauptschulabschluss geschafft, zudem habe er zu dieser Zeit sehr viel Alkohol getrunken. Frust und Aggression hätten zum Verhalten des Angeklagten geführt, doch seitdem sei er nicht mehr negativ aufgefallen. Auch der jüngere Bruder habe es nicht einfach gehabt, jedoch sei er auf einem sehr guten Weg.
Der Staatsanwalt sah die Anklagepunkte gegen beide Beschuldigte bestätigt und rechnete ihnen an, die Taten eingeräumt zu haben. Auch angesichts dessen, dass diese zwei Jahre zurückliegen, sah er eine Jugendstrafe als nicht angemessen an, „das würde nichts mehr bringen.“ Vielmehr forderte er für den älteren Bruder 100 Stunden gemeinnützige Arbeit, für den jüngeren eine Geldauflage in Höhe von 1.000 Euro, weil dieser einer Teilzeitbeschäftigung nachgeht.
Beide jungen Männer zu Kurzarrest verurteilt
Die Verteidigerin des Älteren forderte im Fall der Schlägerei in Großkuchen einen Freispruch, weil nicht klar habe belegt werden könne, welche Rolle der Angeklagte gespielt habe, für die zweite Tat hielt sie 50 gemeinnützige Arbeitsstunden für gerechtfertigt. Letzten Endes verurteilte Richter Jens Pfrommer beide wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu jeweils vier Tagen Kurzarrest sowie den älteren zu 80 und den jüngeren Bruder zu 50 Stunden gemeinnütziger Arbeit. Mehrfach machte Pfrommer deutlich, dass das Verhalten der beiden nicht toleriert werden könne und dass sie erheblich härter bestraft worden wären, wäre nicht so viel Zeit seit den Taten vergangen und wären Menschen schlimmer verletzt worden.
Was ist Kurzarrest?
Der Kurzarrest wird vom Gericht statt des Freizeitarrestes verhängt, wenn der zusammenhängende Vollzug aus Gründen der Erziehung zweckmäßig erscheint und weder die Ausbildung noch die Arbeit der Jugendlichen beeinträchtigt werden. Er kann sich über zwei bis vier Tage erstrecken und wird immer in den Jugendarrestanstalten verbüßt.