Ökologisch und nachhaltig

Warum der Garten von Sylvia und Wolfgang Bosse in Heidenheim ein zertifizierter Naturgarten ist

Das Ehepaar Sylvia und Wolfgang Bosse aus Heidenheim hat seinen 400 Quadratmeter großen Garten zertifizieren lassen. Es gibt ganz konkrete Kriterien, die einen Naturgarten ausmachen. Welche das sind:

Warum der Garten von Sylvia und Wolfgang Bosse in Heidenheim ein zertifizierter Naturgarten ist

Was ist ein Naturgarten? Ein Garten, in dem die Natur machen darf, was sie will? Dann ist es aber kein Garten mehr, denn dieser entsteht ja nur, wenn die Natur durch den Menschen kultiviert wird. „Ein Naturgarten steht für ökologische Gestaltung und nachhaltige Bewirtschaftung“, so lautet die Definition des Vereins „Natur im Garten“. Und dazu gibt es auch ganz konkrete Kriterien, die ein Naturgarten erfüllen muss. Wer diese erfüllt, kann eine Plakette für seinen Garten bekommen. Verliehen wird diese in Baden-Württemberg vom Landesverband der Gartenfreunde. Die ersten beiden Hobbygärtner im Landkreis Heidenheim, die ihren Garten so zertifizieren ließen, sind Sylvia und Wolfgang Bosse. Geprüft wurde ihr Garten in der Kleingartenanlage Zanger Berg von Wolfgang Dewein, der sich als einer von 16 Zertifizierern in Baden-Württemberg hat ausbilden lassen.

Platz für Vögel, Fische und Insekten

Wie sieht es denn nun aus im Garten der Bosses? Auf 400 Quadratmetern findet sich Platz für zahlreiche Obstbäume und Sträucher, für Gemüse in Hochbeeten aus Holz, für Fische und Insekten in einem kleinen Teich, für Igel in einem kleinen Igelhaus und für Vögel in einem Nistkasten, der an der kleinen Gartenhütte angebracht ist. Der Garten wird im Sinne einer Kreislaufwirtschaft von Wolfgang Bosse bearbeitet: „Es wird nichts aus dem Garten entnommen außer dem, was man essen kann. Alles andere wird kompostiert oder gehäckselt und wieder ausgebracht“, sagt er.

Über den Teich mit Seerosen führt ein hölzerner Steg zur Gartenhütte der Bosses. Rudi Penk

Zum Gießen sammelt Wolfgang Bosse Regenwasser, obwohl es auch einen Wasseranschluss im Garten gibt. „Das Regenwasser ist hinsichtlich Temperatur und PH-Wert viel besser als Leitungswasser“, so der 75-Jährige. Schädlinge werden auf keinen Fall mit Insektiziden vertrieben, Läuse beispielsweise höchstens mit Wasser von den Pflanzen abgewaschen. „Was für den Menschen ein Schädling ist, ist für andere Tiere Nahrung“, begründet der Hobbygärtner seine Zurückhaltung beim Einsatz von Gift im Garten.

Kein Torf, keine Pestizide, kein Kunstdünger

Für die Zertifizierung eines Naturgartens gibt es drei zwingende Kriterien: Es muss auf chemisch-synthetische Pestizide, auf chemisch-synthetischen Dünger sowie auf Torf verzichtet werden. „Das war für uns gar kein Problem, das haben wir schon immer so gemacht“, sagt Sylvia Bosse zu diesen Kernkriterien. Aber auch bei den weiteren Kriterien, mit denen man Punkte für den Naturgarten sammeln kann, hatten die Bosses sehr viele erfüllt, ohne etwas im Garten verändern zu müssen. So haben sie die Auszeichnung mit 35 von 38 überhaupt möglichen Punkten erreicht.
Womit man Punkte für einen Naturgarten sammeln kann, sind beispielsweise Wildgehölze wie Holunder, Haselnuss oder Kornelkirsche, die heimischen Tieren Nahrung in Form von Nüssen und Beeren bieten. Auch eine Wildblumenwiese, die höchstens zweimal pro Jahr gemäht wird, gibt Natur-Punkte. Ein „wildes Eck“, in dem die Pflege fast gänzlich unterlassen wird, kann Tieren einen Rückzugsort bieten. Extrapunkte gibt es für Feuchtbiotope in Form von Teichen, aber auch für Trockenmauern oder Sandbereiche mit lückigem Bewuchs, in denen Wildbienen nisten können. Auch mit einjährigen Blumen und mehrjährigen Stauden trägt man zur Vielfalt im Naturgarten bei, hier sind ungefüllte Blüten wichtig, die Insekten Nahrung bieten.

Natursteine bieten Lebensraum für Amphibien. Rudi Penk

Im Bereich der Bewirtschaftung kann man mit einem Kompost, mit Nützlingsunterkünften, Regenwassernutzung und der Wahl von umweltfreundlichem Material für Wege punkten. Auch für Gemüse und Kräuter gibt es Pluspunkte, weil die Selbstversorgung aus dem eigenen Garten auch ein Beitrag zum Klimaschutz ist. Mulchen wird ebenso positiv bewertet wie Obst- und Beerensträucher sowie die Beachtung von Mischkultur, Fruchtfolge und der Einsatz von Gründüngung.

Die letzten Äpfel am Baum dürfen als Vogelnahrung hängenbleiben. Rudi Penk

Im Garten von Sylvia und Wolfgang Bosse gibt es sehr viele von diesen Naturelementen, was aber nicht bedeutet, dass der Garten unordentlich aussieht. „Naturnahes Gärtnern ist kein Alibi für Faulheit“, sagt Sylvia Bosse. „Das ist kein Wochenend-Grundstück, sondern wir gärtnern nach Kleingärtner-Prinzipien“, ergänzt ihr Mann Wolfgang. Dazu gehört auch, dass das viele Gemüse, das rund ums Jahr geerntet wird, auch sachgemäß gelagert oder weiterverarbeitet wird. Ihre Kenntnisse dazu gibt Sylvia Bosse auch als Vorsitzende der Bezirksfrauengruppe der Gartenfreunde gerne weiter.

Garten zertifizieren lassen: So geht's

Das Leitbild der Gartenfreunde lautet: „Naturgemäß gärtnern, umweltbewusst leben“. Deshalb hat sich das Präsidium des Vereins entschlossen, sich für die Initiative „Natur im Garten“ zu engagieren. Als Naturgarten zertifiziert werden können sowohl Vereins-Kleingärten in Gartenanlagen, aber auch Privatgärten und zwar unabhängig von einer Vereinsmitgliedschaft. Auch öffentliche Schul-oder Lerngärten, private Schaugärten und öffentliche Anlagen können die Plakette bekommen. Laut Fachberater Wolfgang Dewein würde sich auch der Brenzpark in Heidenheim gut für eine Zertifizierung eignen. Weitere Infos gibt es auf www.gartenfreunde-landesverband-bw.de. Die Unterlagen für die Zertifizierung kann man per Mail unter der Adresse info@landesverband-bw.de anfordern. Für die Zertifizierung wird eine Gebühr erhoben.

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