Medizinische Versorgung

Was der Landkreis Heidenheim gegen den Mangel an Hausärzten tun will

2025 wird der Versorgungsgrad mit Hausärzten im Landkreis Heidenheim auf dramatische 60,7 Prozent sinken, Tendenz weiter fallend. Schon jetzt finden viele Patientinnen und Patienten keine Praxis mehr, die sie aufnimmt. Gesundheitsamtsleiter Christoph Bauer sieht einige Handlungsansätze auf Landkreisebene:

Die Zeiten der guten ärztlichen Versorgung im Landkreis Heidenheim sind zu Ende. Das ist keine neue Nachricht, die Entwicklung zeichnet sich seit vielen Jahren ab, und der Mangel ist jetzt schon für viele Menschen spürbar, die auf der Suche nach einer neuen Hausarztpraxis sind. Im kommenden Jahr rutscht der Landkreis aber auch auf dem Papier in die Unterversorgung: Der hausärztliche Versorgungsgrad wird für 2025 mit 60,7 Prozent prognostiziert. Die Zahlen stellte Christoph Bauer, Leiter des Fachbereichs Gesundheit im Landratsamt Heidenheim, dem Verwaltungsausschuss vor.

„Die Probleme waren absehbar“, berichtete Bauer den Kreisrätinnen und Kreisräten, und der Landkreis beschäftigt sich auch schon seit 2010 mit dem Thema. Damals wurde der „Atlas der medizinischen Versorgung“ im Landkreis Heidenheim zum ersten Mal aufgelegt, 2013 fand eine Gesundheitskonferenz zum Thema ärztliche Versorgung statt. Bislang sei es gelungen, noch nicht in den roten Bereich der Unterversorgung zu kommen, erläuterte Bauer. 2024 liegt der Versorgungsgrad bei 80,8 Prozent. Bislang sei es noch möglich gewesen, dass niedergelassene Ärzte die Patientinnen und Patienten von Praxen ohne Nachfolger übernommen hätten. Diese Kapazitäten seien nun erschöpft, „es gibt keine Kompensationsmöglichkeiten mehr“, so Bauer.

Neue Generation mit anderer Lebensplanung

Der Chef des Gesundheitsamts benannte zwei Gründe für die aktuelle Situation: Zum einen die Altersstruktur der Hausärztinnen und Hausärzte: „Die Generation der Babyboomer geht jetzt in den Ruhestand“, so Bauer. Zum anderen habe die neue Generation der Ärztinnen und Ärzte eine andere Lebensplanung: „Die jungen Ärztinnen und Ärzte bevorzugen eine angestellte Tätigkeit im Team, möchten geregelte Arbeitszeiten, oft auch in Teilzeit, und eine Entlastung von der Bürokratie“, erklärte Bauer. 80 Prozent der Medizinstudenten seien heute weiblich, weshalb auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine immer größere Rolle spiele.

Um der Entwicklung entgegenzuwirken, hat Bauer zwei Handlungsfelder ausgemacht: Er schlägt vor, sich einerseits auf die Gewinnung und Anbindung junger Medizinerinnen und Mediziner zu fokussieren und andererseits die vorhandenen Hausarztpraxen in besserem Praxismanagement zu schulen, damit mehr Patientinnen und Patienten pro Hausarzt versorgt werden können. „Und man muss den Patienten die Situation erklären, damit sie wissen, warum es vielleicht manchmal länger dauert, bis sie einen Termin bekommen“, so Bauer.

Christoph Bauer, Leiter des Gesundheitsamts, erläuterte die Pläne des Landkreises. Foto: Markus Brandhuber

Um junge Ärztinnen und Ärzte in den Landkreis Heidenheim zu holen, müsse man attraktiv sein, meinte der Gesundheitsamtsleiter. Glücklicherweise habe man ein Klinikum vor Ort, über das man versuchen könne, die Nachwuchsmediziner so früh wie möglich zu binden. Innovative Praxisformen, interprofessionelle Teams und die Möglichkeit, eine „Work-Life-Balance“ zu leben, waren weitere Punkte, die Bauer aufführte.

Ein brennendes Thema

„Der Blick darauf, wie die Situation ist, hilft dem Patienten nicht weiter, der gerade einen Hausarzt sucht“, merkte CDU-Fraktionsvorsitzender Bernhard Ilg an. Er wünschte sich, dass das Thema bei der Kreistagssitzung am Montag, 18. März (um 15 Uhr im Landratsamt), noch einmal auf die Tagesordnung kommt, damit auch die beiden Landtagsabgeordneten Martin Grath (Grüne) und SPD (Andreas Stoch), die Kreistagsmitglieder sind, ihre Sichtweise zu diesem „brennenden Thema“ äußern können. Er forderte den Landkreis auf, selbst zu handeln und Themen wie beispielsweise eine Kita am Klinikum nicht an die Gemeinden weiterzureichen.

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„Das Thema treibt mich um“, bekannte auch Dieter Henle, Kreisrat für die Freien Wähler und Giengens Oberbürgermeister. Die ärztliche Versorgung sei Teil der Daseinsvorsorge. Er wünsche sich eine kreisweite Offensive, um Ärzte zu finden. Er verwies darauf, dass die Stadt Giengen einen Arztmanager angestellt habe. Walter Macher (SPD) sagte, bei der Gewinnung von Ärzten könne der Landkreis nur über das Klinikum Einfluss nehmen, während Annette Rabausch (Freie Wähler) forderte, die Kassenärztliche Vereinigung (KV) unter Druck zu setzen, auch wenn sie keinen Ansatzpunkt dafür benennen konnte, wie das geschehen soll.

Der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, Matthias Kraut, zielte in dieselbe Richtung: „Alle Kommunen und der Landkreis engagieren sich für die ärztliche Versorgung, die KV tut das nicht und das ärgert mich.“ Er regte an, Studentinnen und Studenten aus dem Landkreis Heidenheim schon im Studium zu unterstützen, weil diese später eher in den Landkreis zurückkommen würden als junge Menschen, die in einer größeren Stadt aufgewachsen sind. Christoph Bauer nannte dies „einen guten Ansatz“, der aber im Moment nicht weiterhelfen würde, sondern eher langfristig gedacht sei.

Gesundheitskonferenz zur ambulanten medizinischen Versorgung

Bei der Gesundheitskonferenz des Landkreises steht in diesem Jahr die ambulante medizinische Versorgung im Mittelpunkt. Der Atlas „Ambulante Versorgung“ soll neu aufgelegt werden, es ist eine Fortbildungsreihe „Management Arztpraxis“ geplant, zudem gibt es Verbundweiterbildungen zusammen mit Uni Ulm, der Kreisärzteschaft und dem Klinikum. Bei einem Fachtag „Ambulante Versorgung“ soll es fachliche Vorträge geben, aber auch die Bevölkerung soll mit eingebunden werden.

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