Der Theaterring ist so ein Fall, bei dem man es hinterher grundsätzlich immer besser weiß als vorher. Oder auch nicht. Denn zwar ist man nach jeder Spielzeit in gewisser Weise irgendwie schlauer als vor deren Beginn. Aber das hilft einem nicht unbedingt weiter für die nächste Saison. Denn in jedem neuen Jahr steht man erneut vor der Frage, ob man mit dem Programm wohl einerseits den Geschmack der Abonnenten treffen wird – und ob man damit gleichzeitig andererseits auch noch so viel wie möglich zusätzlich Neugierige ins Theater locken können wird.
Nun beginnt am kommenden Samstag der Vorverkauf für die Spielzeit 2024/25 des Heidenheimer Theaterrings. Und vorab könnte man sagen, dass es das Programm dafür durchaus in sich hat. Gleich mehrere Stücke zum Beispiel werden Anlass geben, auch die Gegenwart zu hinterfragen. Und das, obwohl nicht alle neueren Ursprungs sind. Wer sich allerdings lieber bei Komödie oder Krimi entspannt, kann bestimmt auch auf seine Kosten kommen.
Besserer Besucherschnitt
Hinterher, also nach der Saison, wird man dann auch wissen, ob es wieder ein wenig aufwärts gegangen ist mit dem Theaterring. Der ist so etwas wie das Sorgenkind unter den Schutzbefohlenen des Heidenheimer Kulturamts. Oder, wie es Programmchef Oliver von Fürich formuliert: „Der Theaterring ist die am schwierigsten einzuschätzende unserer Veranstaltungsreihen.“
Jedenfalls war die städtisch verantwortete Theaterreihe in den vergangenen Jahren von einem stetigen Besucher- und Abonnenten-Rückgang betroffen gewesen. Und dann bekam man auch noch von Corona so richtig eins mit. Dass auch die deutschen Theaterbühnen allgemein nach Corona deutlich weniger Besucher begrüßen können, ist da nur ein schwacher Trost.
Denn der ändert nichts daran, dass die Anzahl der Abonnenten seit dem Jahr 2014 von 167 auf inzwischen noch gut 100 zurückgegangen ist. Und dies ist keine auf die vergangenen zehn Jahre beschränkte Entwicklung. Denn im Jahr 2003 hatte man noch 261 Abonnenten gezählt. Seinerzeit lag der Besucherschnitt bei um die 400 Besucher, 2023 war er bei 208 angelangt, nach der Saison 2023/24 aber standen beim Zusammenzählen unterm Strich in dieser Disziplin 250. Eine Aufwärtsbewegung! So könnte es eigentlich weitergehen.
Krimi und Komödie
So oder so hat in den vergangenen Jahren die Abendkasse deutlich an Bedeutung gewonnen. Und dorthin locken soll in der Saison 2023/24 ein Programm, das Oliver von Fürich als „sehr ausgewogen“ beschreibt. Wie es das Publikum sehen wird, weiß man, es sei noch einmal gesagt, selbstverständlich erst hinterher besser. Da kommt’s nichts zuletzt auf die Inszenierungen an, und was dem einen zu „klassisch“ gerät, hält ein anderer womöglich gar für zu „modern“. Auch das ist ein Problem des Theaterrings: Man kann es nie allen recht machen. Und dagegen hilft grundsätzlich nur Neugier. Die jedoch ist, wenn man so will, allein Aufgabe des Publikums.
In der kommenden Spielzeit neugierig sein kann man zunächst auf „Die Mausefalle“. Mit Agatha Christies Kult-Krimi wird am 8. Oktober das Berliner Kriminal-Theater im Konzerthaus erwartet. „Die Mausefalle“ ist in London seit November 1952 täglich auf der Theaterbühne zu erleben, Pausen gab’s lediglich während der Coronazeit. Das Londoner Publikum wird stets erfolgreich gebeten, die Auflösung des Falls für sich zu behalten. Und sogar die Presse behält seit über 70 Jahren den Namen des Mörders für sich.
Ebenfalls aus Berlin kommt die „Komödie am Kurfürstendamm“, die am 21. November Stefan Vögels Komödie „Schuhe, Taschen, Männer“ im Gepäck haben wird. Auf der Bühne der Waldorfschule wird dann mit Bernhard Bettermann und Cheryl Sheperd auch Fernsehprominenz erwartet.
Kann es sein, dass das moralische Gewissen in null Komma nichts vor der eigenen Gier kapituliert? Dieser Frage unter anderem geht Ray Cooneys Farce „Funny Money“ auf den Grund, mit der am 20. Januar die „Komödie am Altstadtmarkt“ ins Konzerthaus kommen wird.
Horváth und Orwell
Nur sehr selten auf der Bühne zu erleben ist Ödön von Horváths „Jugend ohne Gott“, ursprünglich ein Roman, der 1937 einen tiefen Einblick in die deutsche Gesellschaft zur Zeit des Nationalsozialismus gab und auch dazu Anstoß geben könnte, die Gegenwart zu hinterfragen. Zu sehen sein wird am 12. Februar im Festsaal der Waldorfschule eine Inszenierung des Theaters „Poetenpack“ aus Potsdam.
Die Württembergische Landesbühne Esslingen wird am 13. März mit „Jeeps“ im Konzerthaus erwartet. Können Sie sich vorstellen, dass eines Tages in Deutschland eine staatliche Erbschaftslotterie eingeführt wird? Nora Abdel-Maksoud findet den Gedanken jedenfalls nicht abwegig. Und ihre Komödie scheut sich ebenso nicht, drängende Gegenwartsfragen wie soziale Ungerechtigkeit, Klassenunterschiede oder Unzufriedenheit mit der Politik zu thematisieren.
Ein Klassiker schlechthin ist George Orwells „Animal Farm“ aus dem Jahr 1945, auf die das Memminger „Landestheater Schwaben“ zum Saisonausklang am 1. April im Konzerthaus setzen wird. Man kennt solche Parolen ja nach wie vor: „Alle Tiere sind gleich“. Und dass sich zumindest ein paar Schweine herausnehmen, auf Kosten der anderen gleicher zu sein, kennt man auch.
Eintrittskarten und Abonnements
Der Vorverkauf für die Theaterring-Saison beginnt am Samstag, 1. Juni. Auch Abonnements für die Vorstellungen können ab sofort bei der Stadt-Information in der Christianstraße 2 oder unter Tel. 07321.327-7777 gezeichnet werden. Dort und im Pressehaus in Heidenheim sind auch Eintrittskarten für jede einzelne Vorstellung erhältlich. Details zum Programm kann man im Internet unter www.heidenheim.de abrufen.