61 Jahre alt werden Heidenheims Opernfestspiele im kommenden Sommer. Komisch wurde es in all der Zeit selten. Und im Hauptprogramm in den vergangenen 33 Jahren nicht mehr. Das wird im nächsten Jahr anders. Denn mit Giacomo Puccinis „Gianni Schicchi“ steht bekanntlich eine veritable Opernkomödie auf dem Spielplan. Damit das Ganze nicht zu ausgelassen wird, gibt’s, auch das ist bekannt, Richard Straussens bluttriefende „Elektra“ gleich mit dazu. Ein Doppelpack. Und so lautet denn das Spielzeitmotto 2025 „Lachen und Weinen“. Doch was im Moment sogar noch wichtiger ist: Am Montag beginnt der Vorverkauf.
Was lustig ist, ist nicht zuletzt oft Geschmackssache. Und es mag ja sein, dass auch Opern wie Mozarts „Zauberflöte“ oder „Entführung“ ihre lustigen Momente haben, auch Webers „Freischütz“ beispielsweise. Den Aufkleber „Komische Oper“ indes würde diesen Werken niemand verpassen. Und es ist lange her, dass Heidenheims Festspiele mit einer Vertreterin dieser Gattung ins Rennen gingen. 1991 war das. Als Neuinszenierung auf dem Programm stand damals Bedřich Smetanas „Die verkaufte Braut“.
Attila in Aquileia
Nun darf also gelacht werden im nächsten Opernsommer, auch wenn’s – „Gianni Schicchi“ wird immer im Festspielhaus zuerst gereicht an den sechs Doppelabenden – hernach, um es mal eher salopp und weniger blutrünstig zu formulieren, von Elektra (bei schönem Wetter im Rittersaal) eins auf die Mütze gibt. Unterm Strich rundum freuen darf sich das Publikum aber auf vier Opern, sechs Konzerte und jede Menge Beiprogramm. Dauern wird die Saison 2025 vom 5. Juni bis zum 27. Juli.
Die Hälfte des Opernprogramms wurde bereits erwähnt. Der Rest ist ebenfalls nicht von Pappe. Und lachen und weinen kann man auch. Alles andere als komisch geht es zunächst einmal auf der Programmschiene zu, die jährlich einen frühen Verdi nach Heidenheim transportiert, denn in Verdis neunter Oper wütet der Hunnenkönig Attila, dessen Namen das Werk auch trägt.
Wüten tut Attila übrigens in Aquileia, jener Stadt im Friaul, deren Name einst mit den Römern auch über die Alpen gekommen und dort an Heidenheim hängengeblieben war. Dass hier nun „Attila“ von der Cappella Aquileia gespielt wird, Heidenheims erst jüngst immerhin für die Abteilung „Orchester des Jahres“ in der Kritikerumfrage der Fachzeitschrift „Opernwelt“ nominierter Kammerphilharmonie, ist selbstverständlich ein Coup am Rande. Premiere ist am 17. Juli.
Kinderoper zieht um
Lustig zu werden wiederum verspricht die Kinderoper der kommenden Spielzeit. „Aschenputtel räumt auf“ heißt die, das Libretto stammt aus den Federn von Jörg Schade und Franz-Georg Stähling, die Musik dazu aus Gioachino Rossinis „La Cenerentola“. Premiere ist am 25. Juni, allerdings nicht, wie gewohnt, im Opernzelt im Brenzpark, sondern im Margarete-Hannsmann-Saal der Stadtbibliothek.
Dieser Ortswechsel wiederum hat auf der einen Seite sowohl klimatische Hintergründe, aber nicht zuletzt auch damit zu tun, dass die Opernfestspiele unter Sparzwang stehen. Bekanntlich ist der jährliche städtische Zuschuss in Höhe von 1,1 Millionen Euro für das Festival aufgrund der angespannten Haushaltslage seit 2022 gedeckelt. Darüber hinaus gewährt wird ein Inflationsausgleich in Höhe von 50.000 Euro. Die tatsächliche allgemeine Kostensteigerung mit eingerechnet, fehlen also, wie Opernfestspieldirektor Marcus Bosch vorrechnet, jedes Jahr 250.000 Euro.
Es muss gespart werden. Dazu gehört auch, was Marcus Bosch „sinnvolle Korrekturen“ nennt. „Wir hatten im Opernzelt mitunter ein massives Temperaturproblem, nicht nur das Publikum bei Vorstellungen, auch die dort probenden Sänger litten nicht selten unter der großen Hitze dort. Das ging so nicht länger weiter, egal, wie wunderschön es dort auch gewesen sein mag. Nun werden wir einen architektonisch herausragenden Ort mitten in der Stadt bespielen, an dem Kinder darüber hinaus in Kontakt mit Büchern gelangen und an dem sich, wer weiß, vielleicht noch mehr Synergieeffekte ergeben. Zudem sparen wir uns dort unter anderem den Aufbau und Abbau von Infrastruktur."
Der Hügel spielt mit
Überlegungen, wegen des Kostendrucks auch mal ganz auf die Kinderoper zu verzichten, seien, wie Kulturamtsleiter Matthias Jochner einräumt, durchaus angestellt, aber sehr rasch auch wieder verworfen worden. „Das wäre zwar ein erheblicher Sparbetrag gewesen“, sagt Marcus Bosch. „Aber die Junge Oper ist viel zu wichtig, wir können nicht auf sie verzichten. Denn die oberste Maxime bei der Programmplanung lautet, mit den zur Verfügung stehenden Mitteln nach bestem Wissen und Gewissen das Bestmögliche für unser Publikum und für Heidenheim zu machen.“
Und beim Blick auf 2025 gerät der oberste Festspieler gleich mal ins Schwärmen. „Ich bin ja, was Qualität anbelangt, immer selber mein schärfster Kritiker“, schickt Marcus Bosch voraus. „Doch wenn ich das Programm der kommenden Saison als Ganzes betrachtet, dann sehe ich, trotz Sparzwangs, das herausragendste Angebot bisher. Allein die Tatsache, dass unser Grüner Hügel, weil wir den Umzug von drinnen nach draußen mitinszenieren, erstmals ja selber gewissermaßen mitspielen wird, finde ich schon sehr aufregend. Auch die Sängerbesetzungen werden herausragend sein. Und in Sachen Regie und Ausstattung geht es in der Szene arg viel namhafter nicht.“ Um die Hauptproduktion kümmern sich bekanntlich Vera Nemirova (Regie) und Harald Thor (Bühne), „Attila“ inszeniert Matthias Piro, „derzeit der heißeste junge Regisseur in Deutschland“.
Zwei Geigerinnen
Und wie kommt man trotz Sparzwangs an solche Leute? „Normalerweise gar nicht“, sagt Marcus Bosch, der momentan in Innsbruck in Strauss macht und den „Rosenkavalier“ einstudiert. „Das geht nur über persönliche Beziehungen und hat viel mit Vertrauen, auch Renommee zu tun. Ich bin echt stolz darauf, dass diese Leute sich darauf einlassen, unter unseren Bedingungen für uns und mit uns zu arbeiten.“
Auch das angekündigte Konzertprogramm zeugt davon, dass Festspieldirektor Marcus Bosch seine Absicht, die Festspiele immer noch stärker zu profilieren, nicht aus den Augen verliert. Davon kündet keineswegs nur das Eröffnungskonzert am 5. Juni mit der Deutschen Radiophilharmonie Saarbrücken/Kaiserslautern. Das Galakonzert mit der Cappella Aquileia am 20. Juli lockt unter anderem mit Beethovens Fünfter und dem zweiten Violinkonzert von Dmitri Schostakowitsch und dessen Solistin Kristine Balanas.
Viel Beiprogramm
Gleich zweimal wieder (24. und 27. Juli) wird die „Last Night“ gereicht, zu der die Stuttgarter Philharmoniker und die Geigerin Leticia Moreno unter anderem „Also sprach Zarathustra“ von Richard Strauss und Felix Mendelssohn Bartholdys Violinkonzert in e-Moll mitbringen werden. Der Festspielchor aus Brünn gestaltet sein Konzert in der Pauluskirche (10. Juli) unter anderem mit Antonín Dvořák „Stabat Mater“, und zum Jazzkonzert am 26. Juli werden unter dem Motto „In the Mood“ Götz Alsmann, Fola Dada und die SWR-Big-Band erwartet.
Selbstverständlich finden sich auch im kommenden Jahr Programmpunkte wie der „Blaue Abend“, die Schlossbergtafel, das „Quartett der Kritiker“, die Jazzfrühstücke oder die „Late Night“. Und selbstverständlich werden wir an dieser oder an anderer Stelle im Blatt noch tiefer auf Details wie Solisten, Programm oder Ensembles der verschiedenen Veranstaltungen eingehen.
Wo es Eintrittskarten gibt
Eintrittskarten für sämtliche Opernvorstellungen, Konzerte und sonstige Veranstaltungen der Heidenheimer Opernfestspiele 2025 sind ab Montag, 25. November, im Ticketshop des Pressehauses erhältlich.