Ein Erbpachtvertrag und seine Folgen

Was eine Bewohnerin des Heidenheimer Eugen-Loderer-Zentrums jetzt befürchtet

Eine Heidenheimerin wollte ihren Lebensabend in einer Eigentumswohnung im Eugen-Loderer-Zentrum verbringen. Wegen eines auslaufenden Erbpachtvertrags steht sie nun vor einer ungewissen Zukunft. Wie es zu dieser Situation kam:

Was eine Bewohnerin des Heidenheimer Eugen-Loderer-Zentrums jetzt befürchtet

Was passiert mit dem Eugen-Loderer-Zentrum, wenn der Erbpachtvertrag am 16. April 2025 endet? Diese Frage ist in den vergangenen Monaten brisant geworden, weil die Stadt Heidenheim ein Ankaufsrecht für das rund 6000 Quadratmeter große Grundstück hat, für das die Frist am 15. Oktober dieses Jahres endet. Eigentlich hat der Gemeinderat den Kauf bereits Ende Juni abgelehnt, allerdings in dem Glauben, der Erbpachtvertrag würde verlängert werden. Dieses Angebot hat die Georg Neff GmbH, der das Grundstück gehört, Ende August zurückgenommen – für die Firma sei es administrativ nicht möglich, die 262 Einzelverträge mit den Erbpachtnehmern neu aufzusetzen, so die Begründung.

"Natürlich haben wir uns Fragen gestellt"

Im Eugen-Loderer-Zentrum befinden sich unter anderem Eigentumswohnungen, die die ursprünglichen Besitzer vom damaligen Investor Grundstücks- und Baugesellschaft Heidenheim (GBH) gekauft haben. Ihnen gehört zwar die Wohnung, aber nicht das zugehörige Grundstück. Eine von ihnen ist Herta W. (Name von der Redaktion geändert), die die Wohnung zusammen mit ihrem Mann vor mehr als zehn Jahren von einer Seniorin gekauft hat. „Natürlich haben wir damals verschiedene Fragen gestellt, als wir erfahren haben, dass Erbpacht besteht“, sagt die 73-Jährige.

Ansprechpartner beim Wohnungskauf war die GBH Service GmbH, von der die Käuferin schriftlich die Auskunft bekam: „Nach Ablauf des Erbbaurechts im Jahr 2024 hat sich die Stadt Heidenheim verpflichtet, das Ankaufsrecht für das Grundstück auszuüben.“ Als unwahrscheinlichere Alternative wird genannt, dass die Neff GmbH den Erbbaurechtsvertrag verlängern könnte. „Der Heimfall mit Entschädigungszahlungen ist aus heutiger Sicht ausgeschlossen“, schrieb der damalige Bevollmächtigte des Unternehmens.

Genau dieser Heimfall würde aber momentan eintreten, wenn die Stadt dabei bleibt, ihr Vorkaufsrecht nicht auszuüben und die Georg Neff GmbH den Erbpachtvertrag nicht verlängert. Die Immobilien würden dann in den Besitz des Grundstückseigentümers übergehen, der dafür eine Entschädigung in Höhe von 66,6 Prozent des aktuellen Verkehrswerts bezahlen müsste. Würde die Georg Neff GmbH einen Investor finden, der ihr das Grundstück abkauft, würde dieser die zugehörigen Gebäude zu zwei Dritteln des aktuellen Verkehrswerts bekommen, was durchaus wie ein einträgliches Geschäft klingt.

Das Geld bereits beiseitegelegt

„Wir hätten nicht gekauft, wenn wir gewusst hätten, dass wir eventuell wieder aus der Wohnung raus müssen“, sagt Herta W. Wie sie und ihr mittlerweile verstorbener Mann hätten auch sehr viele andere Nachbarn im Eugen-Loderer-Zentrum die Wohnungen für den Lebensabend gekauft. Zwar seien die Konditionen den Käufern bekannt gewesen, aber sie seien eben davon ausgegangen, dass die Wohnungen mit Ablauf des Erbpachtvertrags in ihr Eigentum übergehen würden. „Wir haben auch Geld beiseitegelegt, weil wir damit gerechnet haben, unseren Grundstücksanteil kaufen zu müssen“, sagt die Bewohnerin des Eugen-Loderer-Zentrums.

Neben dem Brief der GBH Service GmbH, der natürlich keinerlei rechtliche Bindung nach sich zieht, stützen sich die Wohnungseigentümer vor allem auf einen Vertrag, den die Stadt Heidenheim mit der GBH unter ihrem Geschäftsführer Martin Griesinger im Jahr 1994 abgeschlossen hat. Während im Vertrag zwischen der Stadt und der Georg Neff GmbH aus dem Jahr 1991 nur von einem Ankaufsrecht der Stadt Heidenheim die Rede ist, steht im Vertrag mit der GBH: „Die Stadt verpflichtet sich gegenüber dem Erwerber, dieses Ankaufsrecht auszuüben, sobald die Voraussetzungen dafür gegeben sind.“ Der Erwerber ist die GBH, die das Recht hätte, die Stadt zum Kauf zu verpflichten. Die Menschen, die ihre Immobilie wiederum von der GBH gekauft haben, sind ihr gegenüber verpflichtet, ihren Grundstücksanteil nach Ablauf des Erbpachtvertrags zu kaufen.  

Die Krux der Geschichte könnte nun also im Verkauf der GBH liegen: Die Wohnungsbaugesellschaft, an der die Stadt über ihre Tochter Stadtwerke einen großen Anteil gehalten hatte, wurde 2006 an die Gagfah verkauft, die später selbst aufgekauft und zur Vonovia wurde. Damit hat die Stadt keinerlei Einfluss mehr auf die Wohnungsbaugesellschaft, die Rechtsnachfolgerin der GBH ist.

Gemeinderat berät noch einmal

Der Gemeinderat wurde mittlerweile über die jüngsten Entwicklungen in Sachen Eugen-Loderer-Zentrum und Erbpachtvertrag im nicht öffentlichen Teil der letzten Gemeinderatssitzung informiert, so der städtische Pressesprecher Stefan Bentele. „Wir erarbeiten jetzt eine Sitzungsvorlage für die Gemeinderatssitzung am Donnerstag, 19. Oktober, damit der Gemeinderat entscheiden kann, wie weiter verfahren wird.“ Allerdings werde die Beratung nicht öffentlich erfolgen, weil es sich um Grundstücksangelegenheiten handle. Die bestehende Frist für den Ankauf durch die Stadt bis zum 15. Oktober sei verlängert worden. „Wir werden nach der Entscheidung des Gemeinderats zügig über den Ausgang und das weitere Vorgehen informieren“, sichert Bentele zu.

Herta W. findet es schade, dass die Angelegenheit nicht öffentlich beraten wird. „Die Mieter und Eigentümer im Eugen-Loderer-Zentrum sind sehr überrascht worden von den jüngsten Entwicklungen“, sagt die 73-Jährige.

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