Regionale Initiative

Was die Marke Ostalb-Lamm seit 20 Jahren einzigartig im Landkreis Heidenheim macht

Seit 2004 gibt es im Landkreis Heidenheim die Marke Ostalb-Lamm, die für hochwertiges Fleisch, aber auch für die Landschaftspflege der Wacholderheiden steht. Ein Interview zur Standortbestimmung nach 20 Jahren.

Die Hüteschafhaltung hat eine lange Tradition und einen hohen Stellenwert im Landkreis Heidenheim. Die für die Region typische Kulturlandschaft der Wacholderheiden wird durch die Schafbeweidung gepflegt und bewahrt. Doch die Weideschäferei ist eine harte und aufwendige Arbeit. Deshalb will die Heidenheimer Initiative Ostalb-Lamm bei der Existenzsicherung der Schäfer und damit beim Erhalt der heimischen Landschaft helfen. Der Weg dazu führt vorrangig über die Vermarktung des hochwertigen und qualitätvollen Fleischs der heimischen Tiere. Die Leiterin des Forums Ernährung HDH und der diesem angegliederten Initiative, Daniela Schweikhart, und Martin Bosch, Chef des mitwirkenden Heidenheimer Gasthofs Linde, schildern im Interview, wie es um die Vermarktung des regionalen Markenprodukts steht.

Die Gründung der einst von der EU über Leader plus geförderten Initiative Ostalb-Lamm geht auf das Jahr 2004 zurück. Somit besteht sie 2024 seit 20 Jahren. Das geschützte Markenzeichen Ostalb-Lamm galt damals bis 2006. Ist es heute immer noch eine geschützte Marke?

Daniela Schweikhart: Ja. Wir haben jetzt gerade das Markenrecht wieder auf zehn Jahre verlängert, um es als Prädikat für diese Region und diese Landschaft deutlich zu machen. Die Verbundenheit zwischen der Region hier und dem Ostalb-Lamm fördert eine Identität und eine Verbundenheit zum Kunden - zu dem, der Genießer ist und der es gerne isst.

Welche Gedanken steckten bei der Gründung hinter dieser Initiative?

Martin Bosch: Sie ist entstanden aus dem Heidenheimer Wirtekreis, der diese Marke gemeinsam mit dem Landratsamt ins Leben gerufen hat. Hintergrund war eigentlich, dass die Kollegen damals sehr fortschrittlich dachten und sagten: Es ist wichtig, dass wir die regionale Wirtschaft stärken, also bei dem Produkt natürlich auch die Schäfer. Kurze Wege und kurze Lieferketten waren ebenfalls ein Thema. Aus Gastronomensicht ist es immer gut, wenn sie wissen, wo das Produkt herkommt und wir dem Gast sagen können, das Schaf ist hier zehn Kilometer weiter auf der Wacholderheide gestanden. Sie verkaufen ja beim Restaurantbesuch auch ein Gefühl und nicht nur ein Essen.

Ein weiterer Gedanke dahinter war von Anfang an aber auch die Pflege der heimischen Landschaft.

Schweikhart: Es geht hier natürlich ganz klar um die Landschaftspflege. Man braucht für den Erhalt der Wacholderheiden auf jeden Fall Schafe. Und in den Schafherden laufen ja auch Ziegen mit, die dann das Holzigere fressen. Kühe brauchen höheres Gras und die Fauna und Flora würde sich verändern auf der Wacholderheide. Deswegen braucht man genau diese Art von Hütehaltung, die eben ein-, zwei- oder dreimal im Jahr dort drübergeht über die Flächen. Sonst würden sie verbuschen und zuwachsen. So besteht eben die Frage, wie man diese Tiere dann verwertet. Was Schafe liefern, sind natürlich Fell und Wolle und Fleisch. Und die Schäfer leben auch von der Landschaftspflege. Das ist der größte Teil ihres Einkommens, gefolgt mit deutlichem Abstand vom Fleisch.

Beim Fleisch steht die Marke für eine sehr hohe Qualität.

Schweikhart: Genau. Die vier Kriterien beim Ostalb-Lamm sind heimische Hüteschafhaltung, gentechnikfreies Futter, artgerechte Tierhaltung und eine besonders gute Fleischqualität.

Bosch: Das Schaf war schon immer hier in der Region. Deswegen war das auch für die Schäfer eine Win-Win-Situation, dass es gelungen ist, hochwertige Kriterien festzulegen, die beim Schafverkauf über den regulären in Baden-Württemberg liegen. Das, was man 2004 ins Leben gerufen hat, ist immer noch topaktuell und wird es auch in Zukunft sein, weil die Kulturlandschaft pflegen ein immerwährendes Thema ist.

Inwieweit wurden die Ziele in den vergangenen 20 Jahren, die es die Initiative Ostalb-Lamm jetzt gibt, erreicht?

Schweikhart: So eine Marke durchläuft ja eine Geschichte. Ich denke, das geht so in Wellen. Jetzt versuchen wir, mit der Welle wieder nach oben zu kommen.

Das würde bedeuten, dass sie erstmal unten war.

Schweikhart: Die Marke hat ein bisschen geruht. Und wir versuchen, sie jetzt wieder mit Leben zu füllen. Die Gastronomen sind gefordert, kreative, aktuelle und tolle Rezepte zu machen, um den Genuss immer wieder reinzubringen. Es lebt ja letztlich vom Genuss. Und durch die neue Broschüre versuchen wir, diesen Aspekt erneut anzuregen. Dazu gehören Bezugsquellen für das Lammfleisch und ebenso, was man in der eigenen Küche damit machen kann.

Bosch: Nach 20 Jahren muss man mal schauen, was sich bei den Schäfereien und den Gastronomen verändert hat. Ich bin froh über den Arbeitskreis, der sich jetzt zusammengefunden hat, so dass wir einfach die Möglichkeit haben, zu sagen, wo wir besser oder anders werden können. Man kann vielleicht andere Kollegen ansprechen, die das Produkt gar nicht so auf dem Schirm haben.

Schweikhart: Wir haben diesen Ausschuss vor anderthalb Jahren gegründet, damit wir Grundsatzentscheidungen treffen können, zum Beispiel, wie es mit der Marke weitergeht. Mitglieder sind Schäfer, Gastronomen, meine Person und informell ein Metzger sowie das Schäferkompetenznetzwerk.

Die an der Initiative beteiligten Schäfereien sind mittlerweile mehr geworden, aus den ursprünglich zehn Gaststätten wurden aber sieben. Woran liegt dieser Rückgang?

Bosch: Das ist mein Thema als Dehoga-Kreisstellenvorsitzender. Die Anzahl der Betriebsstätten in der Gastronomie im Landkreis ist heute um 40 Prozent niedriger als 2004. Aufgrund des Strukturwandels sind es dementsprechend heute auch weniger Ostalb-Lamm-Gastronomien. Und zu den damals festgelegten Kriterien beim Ostalb-Lamm gehörte, dass ein Betrieb sieben ganze Lämmer im Jahr abnehmen muss. Das bedeutet ungefähr 140 Kilogramm Fleisch. „From nose to tail“ alles zu verarbeiten, ist für viele Betriebe aus diversen Gründen nicht möglich.

Wo sehen Sie Chancen und Schwierigkeiten bei der Vermarktung des Ostalb-Lamms?

Schweikhart: Chancen liegen ganz klar im Produkt, das Vertrauen wecken soll und für Genuss aus der Region steht. Der Regionaltrend hält ja schon seit einigen Jahren an und ist durch die Corona-Krise nochmal sehr nach vorne gegangen. Die Hofläden haben davon profitiert. Man hat sich darauf besonnen, regionale Wertschöpfungsketten zu nutzen und sein Essen vielleicht eher aus der Region zu kaufen. Ostalb-Lamm ist kein Bio-Produkt. Bei Bio gelten rechtliche, EU-definierte Kriterien. Aber es ist ein regionales Produkt. Die Herausforderung  ist sicher, die unterschiedlichen Bestrebungen unter ein Dach zu kriegen und daraus eine runde Sache zu machen.

Ist es das bisher nicht?

Schweikhart: Was wir erreicht haben, kann sich sehen lassen, aber man kann sich immer verbessern (lacht). Wir wollen auch in zehn Jahren noch hier sitzen und sagen: Super-Produkt, Super-Sache, schmeckt lecker. Und auch jüngere Zielgruppen zu erreichen, das wäre richtig gut. Aber uns beschäftigt natürlich auch die Frage, wie man die Marke weitertransportieren kann.

Bosch: Wir haben mit dem Albschäferweg Deutschlands schönsten Wanderweg. Ein Wanderer, der sich für einen Schäferweg interessiert, landet aus meiner Sicht automatisch beim Ostalb-Lamm. Und Wandern ist bei jungen Menschen auch sehr ein Thema.

Daniela Schweikhart vom Landratsamt Heidenheim und Gastronom Martin Bosch gehören zu den tragenden Personen der seit 20 Jahren existierenden Marken-Initiative Ostalb-Lamm. Rudi Penk

Kaufen die Menschen überhaupt regional?

Schweikhart: Die Regionalschiene ist keine Nische, sondern viele Menschen schauen danach, wo ihre Lebensmittel herkommen. Empfohlen wird immer, dass man nicht so viel Fleisch essen soll und dafür das, was man isst, hochwertiges Fleisch ist. Das ist Lammfleisch, auch wenn es ein Nischenprodukt bleiben wird.

Wie waren die Auswirkungen, als es 2014 – zehn Jahre nach Gründung der Marke Ostalb-Lamm - im Landkreis Heidenheim bei einem Schafhof zum Ausbruch des Q-Fiebers kam, einer bakteriellen Infektion, die von Tieren auf Menschen übertragen wurde und zu Lungenentzündungen führte? Brach der Lammfleisch-Absatz damals ein und hat er sich davon wieder erholt?

Schweikhart:  In dieser Zeit wurden keine Statistiken zum Lammfleischverkauf erhoben.

Bosch: Es gab da tatsächlich einen Einbruch. Ich habe damals im Restaurant weniger Lammfleisch verkauft. Das dauerte ein Jahr, aber dann war das Thema vorbei.

Beteiligen sich die Schäfer an den aktuellen Bauernprotesten?

Schweikhart: Diese Frage müsste an die Schäfer selbst gerichtet werden. Es ist zu vermuten, dass sie sich solidarisch zeigen, denn Schäfer sind ja auch Landwirte.

Bosch: Auch viele Gastronomie-Kollegen kommen historisch gesehen aus der Landwirtschaft. Die Kollegen sind unterwegs gewesen mit dem Traktor. Es besteht eine gewisse Solidarität, denn letzten Endes stehen wir in einer Wertschöpfungskette beim Thema Lebensmittel.

Zum Abschluss: Frau Schweikhart, Sie betreuen die Initiative Ostalb-Lamm seitens des Heidenheimer Landratsamts. Daher gehe ich davon aus, dass Sie keine Vegetarierin sind. Was ist Ihr persönliches kulinarisches Lieblingsgericht vom Ostalb-Lamm?

Schweikhart: Das kann ich gar nicht auf eines reduzieren. Aber ich liebe es, wenn ich Besuch habe aus anderen Regionen Deutschlands, mit ihnen Ostalb-Lamm kaufe und zubereite. Ich esse es sehr gerne und mit großer Überzeugung in verschiedenen Variationen.

Herr Bosch, Ihr Lieblingsgericht?

Bosch: An einer geschmorten Lammhaxe komme ich nicht vorbei.

Neue Broschüre über das Ostalb-Lamm

Gerade erschienen ist die neue 28-seitige Broschüre des Forums Ernährung HDH mit dem Titel „Ostalb-Lamm in den Wacholderheiden der Heimat“. Der Inhalt reicht von der Schäfertradition auf der Ostalb über angeschlossene Schäfereien bis zu Ostalb-Lamm-Rezepten beteiligter Gastronomen. Die Broschüre gibt es in allen Rathäusern des Landkreises Heidenheim und im Landratsamt sowie bei der Tourist Information. Zum Download bereit steht sie unter www.ostalblamm.de.

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