Interview

Was TSG Schnaitheims Vorsitzender Wolfgang Schön zum 150-jährigen Vereins-Bestehen sagt

Die TSG Schnaitheim feiert in diesem Jahr ihren 150. Geburtstag. Zu diesem Anlass verrät der Vorsitzende Wolfgang Schön in einem Interview, wie es ist, seit insgesamt 22 Jahren im Vorstand beziehungsweise als Vereinsvorsitzender tätig zu sein.

Der Verein TSG Schnaitheim wird in diesem Jahr 150 Jahre alt. Im Interview mit dem Vereinsvorsitzenden Wolfgang Schön gibt er einen Einblick über seine bisherige Zeit in der Vorstandschaft und eine Perspektive, was die Zukunft noch bringen könnte.

Erinnern Sie sich noch an den Moment, als Sie zum Vorsitzenden der TSG Schnaitheim gewählt wurden?

Zum Vorsitzenden oder das erste Mal in den Vorstand als Vize? Da war die Gefühlslage ungefähr so: Okay, das machst du jetzt mal vier bis sechs Jahre. Es wurden zehn, und jetzt auch schon zwölf als erster Vorsitzender. Insgesamt also 22 Jahre und im Juni stehen zwei weitere an. Und jetzt haben wir ja das 150-Jahre-Jubiläum, das ist richtig spannend und herausfordernd.

Ist es ein Vergnügen den Verein zu leiten oder würden Sie auch gern mal mit einem großen Traktor die Straße blockieren? Aus Protest gegen eine allseitige Verantwortung im Ehrenamt, gegen bürokratische Bürden und für mehr Vertrauen? Was nervt am meisten?

Ein richtiges Vergnügen wäre übertrieben, das war’s noch nie. Aber natürlich gibt es einem schon etwas zurück, wenn man was hinbekommen hat. Die Bürokratie und die rechtlichen Ansprüche sind inzwischen um einiges höher als zu meiner Anfangszeit. Eigentlich sollte man als Vorstand Jura studiert haben oder einen Juristen als guten Freund haben. Was aber wirklich schlimm ist, sind die immer weiter anziehenden steuerrechtlichen Vorgaben. Wirtschaftswissenschaften wäre also auch nicht schlecht. Wir Vereine werden inzwischen finanztechnisch angesehen und behandelt wie Wirtschaftsunternehmen.

Es gibt in Schnaitheim schöne Häuser in Hanglagen, dem Ort aber haftet der Ruf an, einer der Arbeiterschaft zu sein, dass hier mit den Händen geschafft wird. Gibt es noch diesen Schnaitheimer Geist und atmet diesen auch der Verein?

Warum sollten Arbeiter nicht am Sonnenhang wohnen dürfen? Aber ja, ich denke, dass dieser Geist immer noch da ist. Sicher nicht so ausgeprägt wie früher, aber da gab es außer den Sport- und Gesangsvereinen auch nicht viel. Trotzdem habe ich den Eindruck, dass die Identifikation mit der TSG in Schnaitheim höher ist als im Stadtgebiet. Wir funktionieren im positiven Sinn immer noch wie ein klassischer Dorfverein. Ond Schnoidamer send ond warad ja scho emmer a wenig oiga. Ich möchte jedenfalls in keinem anderen Verein Vorstand sein als in der TSG Schnaitheim. Jeder vierte Schnaitheimer gehört dem Verein an. Die Mitgliedschaft im Verein scheint ein Muss für Schnaitheimer zu sein. Wie gesagt, wir sind eigentlich immer noch wie ein Dorfverein, und im Dorf hält man einfach zusammen.

Wird man da hineingeboren?

Im Prinzip ja, es gibt das Bonmot, dass Kinder von richtigen TSG-lern noch vor dem Standesamt in der Geschäftsstelle angemeldet werden.

Gerade heute, wo permanent von der Spaltung der Gesellschaft und dem Streit der Parteien die Rede ist, kann da ein Sportverein zur Aussöhnung beitragen? Oder muss eine heile Welt Illusion bleiben?

Es heißt ja im Großen, bei einer Weltmeisterschaft oder den Olympischen Spielen, passen beziehungsweise gehören Sport und Politik nicht zusammen, aber ganz trennen kann man das sicher nicht. Hier im Verein kommen viele Gruppen, viele Nationalitäten und auch viele Ansichten zusammen, aber Sport lehrt Rücksicht aufeinander, es gibt Regeln, die zu beachten sind. Die Welt retten können wir im Sportverein nicht, aber die Grundlagen vorleben, wie mit Problemen und Niederlagen positiv umgegangen werden kann … und wer zu viel Adrenalin hat, profitiert ebenfalls.

Auch im Sport kam es zu Missbrauch und Übergriffen bei schutzbefohlenen Kindern und Jugendlichen. Wie funktioniert jenseits der gesetzlich vorgeschriebenen Überprüfungen eine Kontrolle? Ist der Sportverein ein sicherer Ort?

Meiner aktuellen Ansicht nach ganz eindeutig ja, mir ist in der TSG diesbezüglich nichts bekannt. Aber wie überall kann man nicht für alle und alles die Hand ins Feuer legen. Wir planen aktuell ein Schutzkonzept. Es hat ein Web-Seminar vom Bundesverband Gewaltprävention zum Thema „Schutzkraft sexualisierte Gewalt in Vereinen“ stattgefunden. An dem haben die Mitarbeiterinnen der Geschäftsstelle und ich selbst als Multiplikatoren teilgenommen. Anschließend werden wir mit einer regionalen Einrichtung das Konzept ausarbeiten.

Gibt es Rivalitäten zwischen den Abteilungen, was die Erfüllung ihrer Anliegen durch den Vorstand betrifft? Oder wie schafft man es, dass alle zufrieden sind?

Es werden nie alle zufrieden sein und es ist auch nie alles gut. Es ist wie in der Familie, da kann man es auch nicht allen recht machen. Zu Hause sind es zwei bis vier Betroffene mit überschaubarem Altersabstand. Im Verein sind es 15 unterschiedliche Interessenlagen, die Altersspanne und der Erfahrungshorizont sind wesentlich weiter gespannt. Hier zu vermitteln ist nicht immer einfach, am besten regelt man mögliche Konfliktpunkte bereits proaktiv im Vorfeld. Trotzdem ist es immer wieder spannend, welche Potenziale so ein Zusammenleben bereithalten kann. Es darf sich halt niemand zurückgesetzt fühlen.

Welche Sportart hätten Sie gern noch im Verein?

Aktuell gibt es Gespräche mit den Disc-Golfern aus Söhnstetten, da sind wir ziemlich weit. Das wollten wir zur Landesgartenschau 2006 schon mal machen, aber die untere Naturschutzbehörde zog nicht mit. Jetzt, mit leicht geändertem Konzept, müsste das auf dem Moldenberg klappen. Interessenten für Darts hatten angefragt, aber wir hatten leider keine geeigneten Räumlichkeiten mit freien Kapazitäten. Eine Parallele zur damaligen Abspaltung des Skiclubs sehe ich in der Trennung der American Footballer. Ich habe große Bedenken, ob es in einer überschaubaren Region wie Heidenheim für eine, mit Verlaub, immer noch Randsportart genügend Potenzial für zwei Abteilungen geben kann. Hier hätte im Vorfeld mit mehr Kommunikation einiges besser laufen können und müssen. Aber wenn die dann in 50 Jahren wieder fusionieren, soll’s mir recht sein.

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