Jahresbegegnung der Handwerkskammer

Welche Rolle das Handwerk in Wirtschaft und Gesellschaft spielt

Bei der Jahresbegegnung der Handwerkskammer wurden auch Probleme angesprochen, mit denen die Betriebe zu kämpfen haben.

Dass es die Handwerksbetriebe und das Handwerk allgemein nicht immer leicht und mit zahlreichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, wurde bei der Jahresbegegnung der Handwerkskammer Ulm deutlich, die am Freitagabend in der Voith-Arena stattfand. „Das Handwerk ist traditionell und nachhaltig, die Betriebe bleiben über Generationen in der Familie und damit die Wertschöpfung vor Ort“, sagte Kammerpräsident Joachim Krimmer. Für manche sei dies jedoch nicht unbedingt positiv belegt. „Was viele nicht wissen, ist, dass das Handwerk auch innovativ und digital ist, dass auch hier KI eingesetzt wird und dass die Betriebe sehr modern sind und arbeiten.“ Gegen die Vorurteile, dass viele Handwerkbetriebe noch althergebracht sind, müsse vorgegangen werden, so der Tenor des Kammerpräsidenten.

Immerhin scheint sich ein Umdenken breitzumachen: Die Zahl der Auszubildenden in den Handwerksbetrieben im Kammerbezirk konnte gegenüber dem Vorjahr um sechs Prozent erhöht werden. „Wir bieten jungen Menschen breite Chancen, auch in Krisenzeiten, die Berufe sind unglaublich vielfältig. Im Handwerk findet jedes Talent und jede Fähigkeit seinen Platz.“ Ohne die Handwerksbetriebe, so Krimmer, sei die Region eine andere. Deshalb müsse alles dafür getan werden, die Unternehmen zu sichern, Übergaben so einfach wie möglich zu machen und zu unterstützen und junge Menschen für die Handwerksberufe zu begeistern. Denn noch immer seien 400 Ausbildungsplätze unbesetzt. „Es ist dringend notwendig, dass die Handwerksberufe aufgewertet werden, dass es ausreichend Mittel für die Weiterbildung gibt und dass in den Schulen das Handwerk mit anderen Berufen gleichgesetzt wird“, appellierte Krimmer. Er beklagte zudem, dass die Politik keine fairen Spielregeln biete, dass viele Verfahren zu lange dauern und die Bürokratie überbordend sei.

Tragende Säule der Wirtschaft

Daraus, dass es entsprechende Probleme gibt, machte die Baden-Württembergische Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut kein Hehl. Das Handwerk sei eine tagende Säule der Wirtschaft und stehe für eine Geisteshaltung: „Nicht schwätzen, sondern anpacken. Das Handwerk zieht den Karren.“ Das Land verdanke dem Handwerk Stärke, Wohlstand und Lebensqualität, weil es sehr stark in der Gesellschaft verwurzelt sei. Außerdem sei das Handwerk von besonderer Bedeutung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, weil es auch aus dem Ehrenamt nicht wegzudenken sei.

Aktuell stecke die Wirtschaft in einer tiefen Krise, von der auch viele Bereiche des Handwerks betroffen seien, so die Ministerin. Zwar sei das „kraftlose Erscheinungsbild“ der Wirtschaft nicht ausschließlich hausgemacht, doch spielten auch strukturelle Probleme in Deutschland eine Rolle. Dazu gehörten Schnelligkeit, zu wenig Flexibilität und Hemmungen, neue Dinge schnell aufzugreifen: „Wir sind Weltmeister der Selbstfesselung, müssen aber Weltmeister der Entfesselung werden“, so Hoffmeister-Kraut. „Ich möchte den Standort nicht schlechtreden, wir haben ein hervorragendes Fundamt, aber viele Bedingungen müssen sich ändern“, so die Ministerin: „Seit Jahren machen Deutschland und die EU eine Misstrauensgesetzgebung, das macht alles nicht besser.“ Sie räumte ein, dass es viel zu viel Bürokratie gebe, die auch die Handwerksbetriebe hemme. Deshalb habe man im Land die Entlastungsallianz ins Leben gerufen. Auf diese Weise solle versucht werden, Schritt für Schritt Bürokratie abzubauen. „Die Wirtschaft steht unter enormem Veränderungsdruck und die Politik muss dabei unterstütze. Wir brauchen mehr Eigenverantwortung und weniger Planwirtschaft“, so die CDU-Politikerin. „Wenn wir die Weichen umstellen, kann es bald wieder aufwärtsgehen.“

Oberbürgermeister Michael Salomo zog in seinem Grußwort eine Parallele vom Handwerk zum FCH: „Um erfolgreich zu sein, braucht man Zeile und einen klaren Weg dorthin.“ Das Handwerk stehe für Machen, Gestalten und Zukunft. Leider sei das Bewusstsein fürs Handwerk zu wenig ausgepägt, das zu ändern sei eine gemeinsame Aufgabe. Die Stadt Heidenheim jedenfalls tue das ihre, um die heimischen Betriebe zu unterstützen.

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Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut überreichte dem Präsidenten der Handwerkskammer, Joachim Krimmer, das Bundesverdienstkreuz am Bande. Markus Brandhuber

Bundesverdienstkreuz für Joachim Krimmer

Im Rahmen der Jahresbegegnung überreichte die Wirtschaftsministerin dem Handwerkskammer-Präsidenten Joachim Krimmer das Bundesverdienstkreuz am Bande. Durch seine Haltung und die generelle Bereitschaft, für andere Verantwortung zu übernehmen und sich für das Wohl der Allgemeinheit einzusetzen, zeichne Krimmer aus, so Hoffmeister-Kraut in ihrer Laudatio. Der Kammerpräsident sei eine starke Stimme des Handwerks, für ihn sei der Beruf zugleich Berufung. Der in Leutkirch lebende Krimmer setze sich seit vielen Jahren fürs Handwerk ein, sei aber auch kommunalpolitisch und in anderen Bereichen sehr aktiv.

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