Einkaufen in Heidenheim

Welche Warenhäuser es früher am Standort der Schloss-Arkaden gab

Vor 20 Jahren wurden in Heidenheim die Schloss-Arkaden eröffnet. Welche Kaufhäuser es zuvor am selben innerstädtischen Standort gab.

Wie die Zeit vergeht: Vor 20 Jahren, am 7. Oktober 2004, wurden in Heidenheim die Schloss-Arkaden eröffnet. Damit fand die kurzzeitig stockende innerstädtische Handelsgeschichte eine Fortsetzung, die am selben Standort fast ein halbes Jahrhundert zuvor begonnen hatte. Vom Kaufhaus zum Einkaufscenter: ein Rückblick.

Beste Innenstadtlage, zentrale Verkehrsanbindung, Schlossblick. Klingt nach Werbung für eine Villa in gehobener Wohngegend. Beschreibt aber den baulichen Stellenwert des ersten Heidenheimer Kaufhauses seiner Art: Von einem städtebaulichen Eckpfeiler für die künftige City spricht Oberbürgermeister Elmar Doch, als „der Merkur“, wie er gemeinhin genannt wird, am 4. Oktober 1957 erstmals seine Türen öffnet.

Gerüstet für den großen Ansturm: Das Verkaufspersonal bereitet sich auf die Eröffnung des Merkur-Kaufhauses am 4. Oktober 1957 vor. Foto: HZ-Archiv

Für den Rathauschef nimmt damit ein Haus seinen Betrieb auf, in dem er seinen eigenen Worten zufolge ein volkswirtschaftliches Regulativ hinsichtlich der Versorgung, der Preise und des Arbeitsmarktes sieht. Bereits in der ersten Stunde drängen und schieben sich 2000 Menschen durch das fünfstöckige Gebäude, um das gewaltige Warenangebot in Augenschein zu nehmen.

Die Erwartungen sind groß. Auch bei Dr. Wilhelm Fonk, dem Generaldirektor von Merkur Horten & Co. mit Sitz in Nürnberg. Es sei das Bestreben des Kaufhauses, durch Höchstleistungen der Kaufkraft von Löhnen und Gehältern die beste Verwertung zu geben, formuliert er vor 300 Ehrengästen etwas hölzern die unternehmerische Zielsetzung.

Neu in Heidenheim: Mit Merkur kommt die erste Rolltreppe nach Heidenheim. Foto: HZ-Archiv

400 Verkäuferinnen und Verkäufer sollen der Kundschaft zu Diensten sein, die nicht nur ein beeindruckendes, auf 4300 Quadratmeter verteiltes Sortiment geboten bekommt, sondern auch ein technisches Wunderwerk: die erste auf- und abwärtsfahrende Rolltreppe Heidenheims. Ganze Schülergruppen treffen sich fortan nachmittags „beim Merkur“, um sich bequem durch die neue Welt des Konsums mit ihren Verlockungen tragen zu lassen.

In gerade einmal 96 Arbeitstagen errichtet, weiß Merkur die potenziellen Käufer ebenso rasch zu überzeugen. 43 Jahre später werden rund 65 Millionen Besucher den Weg in das Kaufhaus gefunden und für einen Umsatz von mehr als einer Milliarde Mark gesorgt haben. Der Name Merkur gehört da nach einer Reihe grundlegender Veränderungen längst der Vergangenheit an.

Namenswechsel: Wo einst Merkur draufstand, ist 1992 längst Horten drin. Foto: HZ-Archiv

Zunächst wird das Kaufhaus 1979 und 1980 in drei Abschnitten umgebaut. Erstes Ergebnis: Ab dem 15. November 1979 kann in einem Selbstwahl-Restaurant im dritten Obergeschoss gespeist werden. Ein halbes Jahr und eine Umbenennung später empfängt die Kunden am 13. Mai 1980 erstmals der an der Fassade angebrachte Schriftzug Horten. Bereits seit März vervollständigt ein neu gestalteter Supermarkt im Erdgeschoss das Angebot.

Wer es gewohnt war, zunächst zu Merkur, später zu Horten zu gehen, bekommt es ab September 1994 mit Rupprecht zu tun. Dahinter steckt mit der Kaufring AG eine Einkaufsgesellschaft und das seinerzeit führende Handels-, Dienstleistungs- und Beratungsunternehmen für mittelständisch geprägte Kaufhäuser und Fachgeschäfte. Starke Konkurrenz, die vor den Toren der Stadt unter anderem mit riesigen kostenfreien Parkplätzen zu punkten weiß, trägt maßgeblich zu einer Entwicklung bei, an deren Ende das Rupprecht-Aus steht: Ende 2000 wird in Heidenheim der Schlüssel umgedreht.

Nur noch ein Gerippe: Letzte Einblicke ins leer geräumte Innenleben von Rupprecht. Foto: Helga Wintergerst

Im März 2003 beginnt nach langem Leerstand der Abriss, und innerhalb von vier Wochen geht vor vielen neugierigen Augen ein umfangreiches Kapitel Heidenheimer Konsumgeschichte zu Ende. Ein neues schlägt fast nahtlos die Immobilien Treuhand GmbH & Co. KG (ITG) auf.

Nachdem Archäologen den Boden nach Spuren Heidenheims römischer Historie unter die Lupe genommen haben, baut der Investor aus Düsseldorf am nördlichen Ende der Fußgängerzone für 60 Millionen Euro in Rekordzeit eine Shopping-Mall, die neue Maßstäbe setzt: 14.000 Quadratmeter Verkaufsfläche, 40 Geschäfte, 600 Pkw-Stellplätze, und neben breit gefächertem Einzelhandel unterm selben Dach auch ein Plätzchen fürs Finanzamt und die Kreissparkasse.

Schlussstrich: Im Februar 2003 beginnt nach langen Diskussionen der Abriss der unter Denkmalschutz stehenden Voelter-Villa. Foto: Andreas Pudmensky

Um Raum für das Vorhaben zu schaffen, müssen mehrere Gebäude abgebrochen werden, darunter die Voelter-Villa, in der viele Jahre das Jugendhaus sein Domizil hatte, und das alte Finanzamt an der Schnaitheimer Straße.

Lediglich eineinhalb Jahre liegen zwischen dem Baubeginn und der Einweihungsparty am 7. Oktober 2004. Albert Roelen, geschäftsführender Gesellschafter der ITG, zeigt sich tatkräftig: „Wir wollen ein Dynamo sein im Einzelhandel von Heidenheim, aber wir sind kein Kraftwerk“, blickt er voraus und fordert gleichzeitig die Unterstützung der Stadt ein.

Frühjahr 2003: Während der Abriss des Kaufhauses Rupprecht noch läuft, ist nördlich davon bereits die Bodenplatte für einen Teilbereich der Schloss-Arkaden gegossen. Foto: Helga Wintergerst

Die scheint von Anfang an sicher in Anbetracht der Erwiderung von Oberbürgermeister Bernhard Ilg. Heidenheim brauche das Projekt, um eine Umkehrung des Kaufkraftabflusses zu erreichen, sagt er. Mit dem Einkaufszentrum habe die Stadt ihre Chancen im Wettbewerb „in der allerletzten Minute“ nutzen können. Die Besucherzahlen bestätigen seine Einschätzung: An den drei Eröffnungstagen kommen 123.000 Besucher, nach zwei Jahren sind es schon zehn Millionen. Wie 1957 mit „dem Merkur“ hat Heidenheim wieder einen Publikumsmagneten.

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