Konzert mit einem Lithophon

Simon-Rummel-Ensemble lässt 240 Schieferplatten im Heidenheimer Kunstmuseum erklingen

Im Kunstmuseum steht mit dem Lithophon ein mächtiges Instrument. Das Simon-Rummel-Ensemble griff dessen Stimme auf.

Rascheln, rattern, rauschen: Ist das schon Musik? Ein Klang jedenfalls. Um dem spürt das Kunstmuseum Heidenheim in seiner aktuellen Ausstellung noch bis zum 13. Oktober 2024 nach. Aber weil das Kunstmuseum vorrangig der Gestalt gebenden Kunst verpflichtet ist, geht es im Haus nicht allein um das Hören von Klängen, sondern um die Gegenstände, mittels derer diese sich bilden lassen: Klangkörper also. Und von diesen gibt es deutlich mehr als die bekannten Musikinstrumente. Schieferplatten etwa. Baumarktware.

240 davon hat die Künstlerin Tina Tonagel zu einer geometrisch strengen und eine Museumswand füllenden Installation zusammengefügt. Rückseitig nicht sichtbar montierte kleine Hämmer, die elektronisch betätigt werden und an eine programmierten 15-minütigen Kompositionsschleife gebunden sind, schlagen auf die Tafeln an. Kleine Ungleichheiten im Material und in der Hängung führen bei diesen zu leichten Variationen im Klang. Dieses sogenannte Lithophon von Tonagel gehört trotz seines Großformats zu den stillen Klangkörpern im Museum. Es geht aber auch anders. Sogar mit Pressluft und Prügeln dürfen und sollen die Besucher hier fast schon brachial Klänge schaffen.

Die Schwingungen transkribiert und um Klänge erweitert

Mit dem leisen Lithophon indes hat sich Simon Rummel und dessen neunköpfiges Ensemble von Musikern angefreundet. Der Kölner Komponist und Klangschöpfer hat die Schwingungen der Schieferplatten transkribiert und um Klänge erweitert. Das Resultat dieser „sehr vielen Arbeit“ war am vergangenen Sonntag im Museum zu hören – als Klangkonzert, das vom zahlreichen Publikum mit wachsendem Wohlwollen gehört und gewürdigt wurde. Die von Rummel sogenannten musizierenden „Engel“ begaben sich für ihren ersten Einsatz auf den Balkon im ersten Stock und somit in maximale Distanz zum perkussiven Lithophon.

Von zwei Seiten strömten so die Klänge durch den Raum. „Im Meer“ hat Rummel seine zweite große Komposition genannt, die an diesem Nachmittag zu hören war. Dieses Bild vereinfacht etwas die Beschreibung des kompositorischen Gestus. Wie eine Welle der anderen gleicht und doch keine wie die andere ist, wie diese sich aufbäumt und wie sie ausläuft, so lässt Rummel seine Musik in den Raum fließen. Frei von metrischen und harmonischen Beschränkungen mäandern Klänge, reiben aneinander, zufällige Begegnungen im Dunst, die doch einer geheimen Ordnung folgen und auch in eine Fülle von Wohllaut einmünden können.

Oft leiten die Klarinetten in die Klangwelt, in der aber auch eine Tuba mächtig das Wort führt und hören lässt, dass sie im Meer der Musik so tief tauchen kann wie ein U-Boot. Überhaupt, die Musiker zeigten mit ihren Instrumenten in freiem und arrangierten Spiel, dass diese über Klangmöglichkeiten verfügen, die in einer Notenschrift nicht darstellbar sind. „Einfach passieren lassen“, so Rummels Rat an die Hörer. Die dritte Komposition, die hatte in der Kanzler-Sprache Wumms und Doppel-Wumms. Wie könnte man besser eine Ausstellung anschieben? Nach dem Hören hatte das Publikum viel zu reden.

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