Wenn Männer nicht tragen wollen: So war die Premiere von "Männerhort"
Es gibt Männer, die tragen Frauen. Und es gibt Männer, die wollen ihren Frauen nicht beim Tragen helfen. Dann gibt es Tage, da kommt alles zusammen. Frauentragen in Oggenhausen – und Männerhort in Schnaitheim. Hier die einen, dort die anderen. Was auf der einen Seite dabei herauskam, steht bei uns heute auf Seite neun. Wie aber die Premiere im Sasse-Theater ausgegangen ist, wird jetzt hier berichtet.
„Männerhort“, wir sagten es schon. So lautet der Titel der Komödie von Kristof Magnusson, mit der am Samstag die Herbstspielzeit in der Kapellstraße eröffnet wurde. Und wie funktioniert so ein Männerhort? Mit viel Bier. Also wie Frauentragen. Ganz einfach. Doch man ahnt es vielleicht schon: Nicht alle Männer haben es so leicht.
Fußball und Bier
Helmut, Eroll, Lars und Mario zum Beispiel. Die müssen mit ihren Frauen Samstag für Samstag einkaufen. Mindestens fünf Stunden lang. Das heißt: Die Frauen kaufen ein, die Männer werden zum Bezahlen benötigt und ansonsten als Staffage missbraucht. Irgendwann – ob noch während oder anschließend wird nie ganz klar –, fliehen die Herrschaften offenbar unter Angabe fadenscheiniger Gründe in einen Kellererraum des Einkaufcenters, wo es endlich nun noch Bier in Dosen und Fußball im Fernsehen gibt.
Nach und nach und im Fortgang der Treffen wird das Programm etwas unübersichtlicher und offenbaren sich Sprünge in der heilen Männerwelt mit dem grellen Frauenbild. Sogar Abgründe tun sich auf. Freilich immer auf der Grundlage leider ziemlich platter Klischees, die Kristof Magnusson ab und an mit etwas forciert wirkender Anstrengung heftig anhäuft und aufbläst. Mit zunehmender Dauer gern, oft und explizit auch unter der Gürtellinie. Dass dafür der Autor, als das Stück vor ziemlich genau zwanzig Jahren herauskam, gar mit Billy Wilder und Yasmina Reza verglichen wurde, würde man auf keinen Fall glauben wollen, wenn es nicht nachzulesen wäre. Und auf was man vergeblich wartet, sind die dem Ganzen ebenso nachgesagte virtuose Sprache und der Wortwitz.
Starke Schauspieler
Apropos Sprache: Immerhin der Begriff Hort wenigstens wird hier, egal ob vielleicht unabsichtlich oder doch mit voller Klarsicht, nicht falsch verwendet, sondern in der richtigen Richtung. Denn auch wenn es sich bei ihm eigentlich um einen Schatz handelt, so hat doch auch die Bedeutung Versteck eine etymologisch begründbare Berechtigung. Wohingegen, selbst wenn eine Komödie selbstverständlich anders als das Leben funktionieren und der Spiegel, den sie dem Publikum dabei vielleicht ebenfalls vorhalten möchte, durchaus auch ein Zerrspiegel sein darf, sind in Sachen „Männerhort“ doch Zweifel angebracht, ob sich viele Betrachter und Betrachterinnen finden lassen, die sich hier wirklich ernsthaft wiedererkennen wollen und können.
Umso höher einzustufen sind unter solchen Voraussetzungen die schauspielerischen Leistungen im Sasse-Theater. Dennis Hassler, Christoph Kicherer, Marc Jahraus und Markus Beuther leisten hier Bemerkenswertes, indem sie durch ein durchweg hohes Maß an Bühnenpräsenz das ja auch inhaltlich kaum von der Stelle kommende Stück nicht nur am Leben halten, sondern ihm dabei mitunter sogar Beine machen. Alle vier Mimen agieren in ihrem Spiel situationsgerecht, reaktionsschnell und instinktiv richtig. Eindimensional ist hier nichts. Und nur mit den Augen gerollt wird schon gar nicht. Das hat wirklich Hand und Fuß.
Roter Regiefaden
Auch die Inszenierung kann sich sehen lassen. Die drei Regisseure Benjamin Hessenauer, Dominik Offenhäuser und Peter Hessenauer halten im äußerst ansehnlich unansehnlich gehaltenen Bühnenbild von Tamara Hessenauer den Laden zusammen und gießen nicht noch unnötig dort Öl ins Feuer, wo der Autor ohnehin schon die brachiale Keule brät. Dabei geht nie der rote Faden verloren, und wenn im „Männerhort“ plötzlich Panik ausbrechen muss, weil offenbar die Frauen ante portas stehen, dann ist das in seiner Hilflosigkeit so treffend gezeichnet, dass es wirklich auch echt sein könnte. Bravo!
Dann ist der Vorhang zu, aber nach wie vor die Frage offen: Wer trägt nun letztendlich wirklich schwerer an allem, die Frau oder der Mann?
Statt einer Antwort darauf vielleicht eine interessante Geschichte von der Insel Madagaskar. Dort – heute ist das womöglich gar nicht mehr so, vor mehr als dreißig Jahren aber war es in manchen Gegenden gewissermaßen state oft the art – stellte es für einen Mann die größtmögliche Schande dar, wenn er dabei beobachtet wurde, dass er etwas trug, obwohl Frauen in der Nähe gewesen wären.
Vorstellungen bis in den Dezember
Weitere Aufführungen von „Männerhort“ im Sasse-Theater folgen am 21., 22., 28., 29. Oktober, am 3., 11., 18., 19., 25., 26. November und am 2., 3. Dezember. Freitags und samstags beginnen die Vorstellungen um 20 Uhr, sonntags um 18 Uhr. Ausnahme ist eine Matinée am Sonntag, 12. November, die um 11 Uhr beginnen wird. Eintrittskarten sind im Ticketshop des Pressehauses in Heidenheim erhältlich.