Vom Plastik-Kaugummi bis hin zum Rathaus-Piercing – einst lieferte das Bildhauer-Symposion in regelmäßigen Abständen Kunst, die die Stadt interessanter machte. Auch der Heidenheimer Künstler Rainer Jooß hat sich für eines seiner nächsten Projekte die Innenstadt vorgeknöpft: an mehreren Wänden soll in den nächsten Monaten und Jahren ein aus Einzelgemälden bestehendes, zusammenhängendes Graffiti-Kunstwerk entstehen. Das erste sogenannte „Mural“ (Wandgemälde) soll auf dem Gebäudekomplex gegenüber des ZOH an der Marienstraße angebracht werden.
Öffentliche Gebäude als Leinwand
Wer in der Vergangenheit bereits mit der Heidenheimer Kunst- und Kulturszene in Berührung gekommen ist, dem ist der Name Rainer Jooß vermutlich ein Begriff. Der studierte Kommunikationsdesigner gestaltet schon seit vielen Jahren die lokale Kulturlandschaft mit, beispielsweise mit der Erweiterung des Rommel-Denkmals um ein die Skulptur eines Minenopfers. Nun hat er es sich aus Eigeninitiative zur Aufgabe gemacht, die Heidenheimer Innenstadt zu verschönern. Das Ganze sei zum jetzigen Zeitpunkt noch „mehr Vision als Projekt“ und ein „offenes Konzept“. Ungefähr so soll das Konzept aber aussehen: Über einen Zeitraum von mehreren Monaten und Jahren werden leere Flächen in der Stadt, wie zum Beispiel Parkhauswände oder Gebäudefronten, von Graffiti-Künstlern verschönert. Die verschiedenen Gemälde sollen im Gesamten „interagieren und ein Zusammenspiel ergeben“, so Jooß.
Das erste bemalte Bauwerk, dass die Heidenheimer zu sehen bekommen werden, soll der Gebäudekomplex gegenüber vom Busbahnhof an der Marienstraße werden. Für dieses Einzelkunstwerk habe Rainer Jooß bereits konkretere Pläne und stünde in Absprache mit den Gebäudebesitzern. „Ich habe zwar noch kein festes Motiv, aber sowohl die Inhaber, als auch ich sind vom groben Konzept überzeugt“, so Jooß. Er habe bereits Kontakt mit Graffiti-Künstlern aus der Umgebung aufgenommen und sei sehr zuversichtlich, dass das erste „Mural“ bereits 2025 fertiggestellt werden könne.
Heidenheim bald neues Mekka für Kunstfans?
Rainer Jooß ist der Meinung, dass Heidenheims Kunstszene viel zu bieten habe. Mit der künstlerischen Umgestaltung der Innenstadt könne man Touristen aus der ganzen Welt nach Heidenheim locken. Sollte seine Vision so umgesetzt werden können, wie er sich das vorstellt, könne Heidenheim in Zukunft zu einem bekannten „Kunst-Hotspot“ werden und so auch die lokale Wirtschaft ankurbeln. Auch die Menschen, die bereits in Heidenheim wohnen, würden laut Jooß von der gesteigerten Attraktivität der Stadt in ihrem Alltagsleben profitieren. „Auch wir Heidenheimer können große Projekte planen und umsetzen“, so Jooß.
„Gerade in Zeiten wie diesen“
Auch wenn Rainer Jooß seine Vision der Innenstadtgestaltung schon seit einigen Monaten verfolgt, findet er sie „gerade in Zeiten wie diesen“ wichtiger als zuvor. Werte würden bei seinen Ideen stets eine Rolle spielen: In einer Zeit, in der eine immer größere Spaltung der Gesellschaft beobachtet werden könne, wäre es nötiger denn je, die Menschen durch Kunst zu vereinen. „Es geht nicht, dass jeder immer in seiner Ecke steht und recht haben will. Wir müssen aufeinander zukommen, Kompromisse finden“, so Jooß.
Wie es mit dem Gesamtprojekt weitergeht, steht noch offen. Für die Finanzierung habe der Kommunikationsdesigner bereits bei verschiedenen Stiftungen angefragt und sei auch schon im Gespräch mit weiteren Hausbesitzern an der Grabenstraße.
Projektfinanzierung durch Stiftungen
Stiftungen fördern Kunstprojekte über spezifische Programme. Künstler und Künstlerinnen reichen einen Antrag mit Projektbeschreibung und Finanzplan ein. Nach Prüfung auf Kriterien, wie künstlerische Qualität und gesellschaftlichen Mehrwert, vergibt die Stiftung Zuschüsse oder Stipendien. Während der Umsetzung müssen regelmäßig Berichte vorgelegt werden. Nach Abschluss des Projekts bewertet die Stiftung oft die Ergebnisse, um den Erfolg und die Wirkung der Förderung zu überprüfen.