Neues Jahr. Aber auch neues Glück? Wer schon lange vergeblich darauf hofft, dass es mit der Modernisierung der Brenzbahn 2025 endlich vorangeht, wird bei der Antwort auf diese Frage allenfalls verhaltenen Optimismus durchschimmern lassen. Das gilt nicht nur für jene, die sich dem Mammutprojekt immer wieder aufgrund eines politischen oder behördlichen Amts nähern. Auch mit einem gänzlich privaten Interesse an Eisenbahnen ausgestattete Menschen lenken ihren Blick stets aufs Neue auf das schon seit Generationen ohne habhafte Ergebnisse diskutierte Vorhaben – und wissen ihre Einschätzung bisweilen in weniger von Rücksichtnahme auf Entscheidungsträger geprägte Worte zu kleiden.
Rolf Sonnenfroh beispielsweise ist um ein klares Urteil nicht verlegen. „Der Zug ist abgefahren“, sagt der 78-Jährige resigniert. Dabei hängt dem gebürtigen Heidenheimer die grundsätzliche Leidenschaft für die Bahn schon von Kindesbeinen an in den Kleidern: Der Großvater war Schrankenwärter an der Brenzstraße, er selber wuchs an der Felsenstraße auf, von wo aus die Dampfloks gut zu sehen, zu hören und zu riechen waren.
Eisenbahn im Miniaturformat
Gerne hätte Sonnenfroh sein Berufsleben bei der Bahn verbracht. Eine augenärztliche Untersuchung ließ den Traum vom Fahrdienst allerdings frühzeitig platzen, und so wurde aus ihm ein Bankkaufmann, der seinen Enthusiasmus fortan im Nachbau auslebte: Seit Jahrzehnten schon bastelt er an seiner etliche Quadratmeter großen Miniatureisenbahn, fügt ständig Gleise, Gebäude, Berge, Flüsse hinzu. Die Wände des Raumes im Dachgeschoss schmücken unter anderem ein Schild, das einst am Heidenheimer Bahnhof angebracht war, und ein Fahrplan der Königlich Württembergischen Staats-Eisenbahnen von 1911.
Reichlich Nostalgie also, die Sonnenfroh im Alltag zu seinem Bedauern längst aufs Abstellgleis geschoben sieht: „Wenn Sie früher im Schnellzug unterwegs waren, saßen Sie in einem Abteil. Mittlerweile ist alles den Flugzeugen nachgemacht. Da fehlt jedes Flair.“ Die heute eingesetzten Triebwagen böten das Ambiente einer Straßenbahn, bemängelt er und erinnert an die mit einer Vielzahl von Fotos aus seinem Fundus dokumentierte Zeit, in der durch Heidenheim noch Eil- und Schnellzüge mit ihren Kurswagen Richtung Dortmund, Hannover, Hamburg oder Berlin unterwegs waren.
Ihm sei selbstverständlich klar, dass sich die Zeiten änderten, sagt Sonnenfroh. Aber gerade deshalb verstehe er nicht, „warum man jetzt die Bahnsteige so kurz macht, dass gerade mal zwei Triebwagen Platz haben, während doch angeblich gewollt ist, dass viel mehr Menschen mit der Bahn fahren, was dann ja im Endeffekt längere Züge bedeutet“. Auch brauche sich niemand darüber zu wundern, „dass an den Autobahnen immer mehr Logistikhallen entstehen und immer mehr Laster auf unseren Straßen unterwegs sind, wenn man die Industriegleise abbaut“.
Wird im Zuge von Stuttgart 21 derzeit über die Digitalisierung des Bahnverkehrs gesprochen, ist aus hiesiger Warte die Elektrifizierung der Strecke zwischen Ulm und Aalen das erklärte Ziel. Dass sie noch immer weit entfernt ist, vermag sich Sonnenfroh nicht zu erschließen. Zumal es Außenstehenden schwerfällt, angesichts unterschiedlicher Maßnahmenpakete vom stündlichen Express zwischen Aalen und Ulm über den Halbstundentakt zwischen Aalen und Heidenheim bis zum teilweise zweigleisigen Ausbau und die Elektrifizierung, den Durchblick zu behalten.
Ganz zu schweigen von den zuletzt für Planung und Ausbau veranschlagten 620 Millionen Euro, deren Aufteilung zwischen dem Land sowie den Landkreisen Heidenheim, Ostalb und Alb-Donau völlig offen ist. „Ich mag schon gar nicht mehr hinhören, mir reicht es, wenn ich den aktuellen Zustand sehe, an dem sich ja eh nichts ändert“, sagt Sonnenfroh mit Blick auf die Bereiche des Bahngeländes, die sich die Natur sukzessive zurückzuholen scheint.
Pünktlichkeit angemahnt
Deutlich griffiger als persönliche Empfindungen kommen die Ergebnisse einer Befragung von Fahrgästen aus dem Vorjahr daher. Diese erbrachte zwar vergleichsweise gute Noten, wobei vor allem die Zuverlässigkeit der Züge auf der Brenzbahn gelobt wurde. Noch Luft nach oben war den Antworten zufolge aber hinsichtlich der Pünktlichkeit. Auch Rolf Sonnenfroh sieht hier den größten Nachholbedarf: „Solange sich da nichts ändert, fahre ich nicht mehr mit der Bahn.“