Ende 2024 ist Schluss

Weshalb die letzte Mergelstetter Apotheke vor dem Aus steht

Seit 1994 betreibt Werner Schubert die Zoeppritz-Apotheke in Mergelstetten. Ende des Jahres geht er in den Ruhestand. Woran die Suche nach einem Nachfolger bislang scheiterte.

Zu Risiken und Nebenwirkungen – so lehrt es schon lange der mittlerweile freilich gendergerecht umformulierte Schlusssatz in der Medikamentenwerbung – frage man am besten den Arzt oder den Apotheker. Das mag grundsätzlich hilfreich sein. Geht es aber um die Zukunft seines eigenen Hauses, bleibt Letzterer immer häufiger eine Antwort schuldig. Grund: Gerade für kleinere Apotheken lassen sich nicht mehr so einfach wie früher Nachfolgerinnen oder Nachfolger finden.

Werner Schubert kann ein Lied davon singen. Seit geraumer Zeit schon unternimmt er vielerlei Anstrengungen, um den Fortbestand der Zoeppritz-Apotheke in Mergelstetten zu sichern. Er hat pharmazeutische Großhandlungen informiert, die aus geschäftlichen Gründen natürlich ebenfalls ein Interesse an einem möglichst reibungslosen Übergang haben. Er hat die Apothekerbank und Apotheken im Umland angeschrieben. Er hat mit seinem Steuerberater gesprochen, weil dessen Berufsverband eine deutschlandweite Börse für Apotheken unterhält. Und er hat ein Vermittlungsbüro beauftragt.

Honorare seit zehn Jahren nicht erhöht

Resultat: Bis auf zwei Kontakte blieben sämtliche Bemühungen erfolglos. Die Chancen, nach langer vergeblicher Suche doch noch einen Nachfolger an Land ziehen zu können, scheinen überschaubar. „Wenn eine große Apotheke diejenige in Mergelstetten als Filiale übernehmen würde, dann wäre das finanziell einfach nicht lukrativ genug“, bringt Schubert das Ergebnis seiner Gespräche auf einen kurzen Nenner.

Die Honorare der Apotheken seien seit mehr als zehn Jahren nicht erhöht worden, die Kosten im gleichen Zeitraum hingegen erheblich gestiegen. Das gelte für Energie, Versicherungen, Beiträge und Gehälter gleichermaßen. Schubert bezahlt seine Angestellten übertariflich und hält ein gutes Einkommen für ein selbstverständliches Anliegen. Gleichzeitig verweist er darauf, dass viele in die Industrie wechseln, da diese mit finanziell deutlich attraktiveren Angeboten aufwarten könne.

Hat noch keinen neuen Betreiber: die Zoeppritz-Apotheke in Mergelstetten. Foto: Rudi Penk

Stimmt also die Vorstellung gar nicht mehr, dass Apotheker einen Berufsstand mit Renommee und sehr gutem Einkommen verkörpern? „Da hat sich Etliches grundlegend verändert“, sagt Schubert und hält Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach wie auch vielen von dessen Vorgängern vor, kleine Apotheken vom Markt drängen zu wollen. Das führe dann zwangsläufig zu Lücken vor allem in ländlichen Bereichen.

Den Apothekern bleiben Schubert zufolge bei verschreibungspflichtigen Medikamenten drei Prozent des Einkaufspreises und ein Fixaufschlag in Höhe von 8,76 Euro. Macht beispielsweise bei einem 3179 Euro teuren Krebsmedikament einen „Rohgewinn“ von 104 Euro vor Abzug der Betriebskosten. Berücksichtigt werden müsse, so Schubert, dass Lauterbach den Aufschlag auf zwei Prozent senken wolle. Zudem gelte in Deutschland für Medikamente generell der volle Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent, während er für in Holland ansässige Online-Versandapotheken lediglich neun Prozent betrage, „ohne dass die bei uns Arbeitsplätze schaffen oder Steuern bezahlen“.

Bewusst für Mergelstetten entschieden

All das sah noch anders aus, als Schuberts berufliche Laufbahn begann. Nach dem Studium in Würzburg blieb er zunächst in seiner Praktikums-Apotheke in München und pachtete dann für fünf Jahre eine Apotheke in Lohhof, ehe er sich im April 1994 schließlich für Mergelstetten entschied, nachdem er sich in Süddeutschland umgesehen hatte.

Zunächst trug der Ort noch zwei Apotheken. Diejenige direkt gegenüber an der Weilerstraße ist jedoch seit Ende 2010 Geschichte. Auch ihre Betreiberin hatte seinerzeit keinen Nachfolger gefunden, als sie aus dem Berufsleben ausschied. Dass Schubert Ende 1994 ebenfalls diesen Schritt geht, hat im Wesentlichen zwei Gründe. „Ich werde kommendes Jahr 70 und bin gesundheitlich nicht mehr ganz auf der Höhe“, sagt er mit Verweis auf eine anstehende Operation.

Mietvertrag ist unterschriftsreif

Zum anderen stehen Investitionen in die Hard- und Software der EDV an, die nur bei einem längerfristigen Betrieb Sinn ergäben. Auf einen solchen könnte sich einstellen, wer die Zoeppritz-Apotheke von Schubert übernähme: Eine Verlängerung des noch bis März 2026 laufenden Mietvertrags liegt unterschriftsreif auf dem Tisch – zu guten Konditionen, wie der Apotheker betont.

Ein schwerer Schritt war es für ihn, sein 13-köpfiges Team von der Reinigungskraft über den Ausfahrer bis zu Pharmazeutisch-technischen Assistentinnen (PTA) im Juni vor vollendete Tatsachen zu stellen. Die weiteren Wege verlaufen unterschiedlich: Eine angestellte Apothekerin geht ebenfalls in den Ruhestand, eine Mitarbeiterin wechselt in die Industrie, eine andere zieht weg. Schubert ist zuversichtlich, dass alle eine neue Stelle finden, „denn es gibt einen Mangel an PTA“.

Dank an treue Stammkunden

Keine zufriedenstellenden Aussichten vermag er zumindest bislang hingegen seinen Kunden zu vermitteln: „Es tut mir sehr leid für alle, die mir die Treue gehalten haben. Viele von ihnen sind schon älter und können nicht mal eben nach Heidenheim fahren, um sich ein Medikament zu holen. Deshalb bemühe ich mich in ihrem Sinne weiterhin um eine Nachfolgelösung.“

Nachfolge vielerorts ein Thema

Die Frage der Nachfolge betraf in der jüngeren Vergangenheit mehrere Apotheken im Kreisgebiet. Zum 1. Juli dieses Jahres übergab Dr. Caroline Ausbüttel zwei Standorte in andere Hände: Michael Scheuerlein aus Dinkelsbühl übernahm die Karl-Olga-Apotheke in Heidenheim und die kurz zuvor mit der Albuch-Apotheke zusammengelegte Steinhirt-Apotheke in Steinheim. In Giengen gab Dr. Matthias Schneider Ende März 2024 die Brücken-Apotheke an der Ulmer Straße auf. Bereits Ende 2023 war in Königsbronn ein ungewöhnlicher Schritt erfolgt. Rudolf Post schloss die Brenz-Apotheke, Beate Schmidt die Herwartstein-Apotheke. Dennoch ist der Fortbestand der Versorgung dort gesichert: Die beiden Apotheken fusionierten und bestehen in Gestalt der Herwartstein-Apotheke an der Schickhardtstraße fort. Geführt wird sie von Jannik Fischer.

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