Sandcity baut Sandskultpuren

Wie aus Millionen von Sandkörnern in Heidenheim Kunstwerke entstehen

Die Künstlergruppe Sandcity arbeitet derzeit in der Heidenheimer Innenstadt. Wie Benno Lindel dazu kam, Sandskulpturen zu bauen, und wie die Künstler dabei vorgehen:

Wie aus Millionen von Sandkörnern in Heidenheim Kunstwerke entstehen

Sand ist ein Sinnbild für Unbeständigkeit. Wer auf Sand gebaut hat, kann nicht auf Dauer hoffen. Wer aus Sand baut, noch weniger. Die Kunstwerke, die an verschiedenen Stellen der Stadt entstanden sind oder noch entstehen, gibt es nur für wenige Wochen. Für die spanische Künstlerin Montserrat Cuesta macht aber gerade das den Reiz ihrer Arbeit aus: „Das ist die Magie unserer Kunst, dass sie vergänglich ist“, sagt sie. Sogar metaphorisch kann man diese Magie verstehen: „Nichts ist für die Ewigkeit“, meint Montserrat Cuesta. Ihr Mann Sergi Ramirez ergänzt: „Für mich ist unsere Sandkunst wie eine Theateraufführung, irgendwann ist die Vorstellung vorbei.“

Aus Barcelona nach Heidenheim

Das Ehepaar, das in der Nähe von Barcelona lebt, ist mehrere Monate im Jahr unterwegs und erschafft Skulpturen aus gepresstem Sand. In Heidenheim haben die beiden zusammen auf dem kleinen Schlossplatz eine Sandskulptur erstellt, in der viele markante und schöne Heidenheimer Gebäude wie das Konzerthaus, die Stadtbibliothek, die Pauluskirche und das Kunstmuseum in einem Ensemble vereint sind. Darüber thront das Schloss, einmal aus Sand und einmal aus Stein. „Das ist ein ganz besonderer Platz hier“, schwärmt Sergi Ramirez von der Kulisse, die aus bunten alten Fachwerkhäusern und der Rückseite des Elmar-Doch-Hauses besteht.

Für mich ist unsere Sandkunst wie eine Theateraufführung, irgendwann ist die Vorstellung vorbei.

Sergi Ramirez, Sandkünstler

Das spanische Künstlerpaar gehört zur Truppe von Benno Lindel, der auch selbst am Bau der Sandkunstwerke beteiligt ist. Er organisiert die Auftritte der Sandkünstler in ganz Europa: „Ich habe einen Pool von ungefähr 30 Künstlerinnen und Künstlern und stelle je nach den individuellen Fähigkeiten Gruppen zusammen“, sagt er. Manche aus dem international gemischten Sandcity-Trupp sind tatsächlich studierte Künstler oder Bildhauer, andere haben sich ihre Fähigkeiten selbst angeeignet. So auch Benno Lindel selbst: „Ich bin eigentlich Bankkaufmann“, erzählt der Niedersachse. Beim Spanisch-Studium in Mexiko habe er zum ersten Mal Sandkünstler an der Küste gesehen. „Ich bin mit ihnen mitgetingelt und habe von ihnen gelernt“, berichtet er.

Wieder zurück in Deutschland, hat er bald seine erste öffentliche Sandskulptur gebaut: „Das war 1998, ich habe in Berlin das Brandenburger Tor aus Sand gefertigt“, erinnert er sich. In den darauffolgenden Jahren wurden es immer mehr Sand-Einsätze, bis er seinen ganzen Urlaub zum Sandskulpturen-Bauen brauchte. 2002 machte er sich selbstständig und vergrößerte dann stetig den Pool an Künstlern, die ihn bei den Projekten unterstützen.

Stark verdichtet in der Holzkiste

Für eine Sandskulptur wird der Sand zunächst in eine Verschalung aus Holz gefüllt und dort gewässert und stark verdichtet. „Dadurch verliert er 30 Prozent seines Volumens“, erläutert Lindel. Dann wird der oberste Teil der Verschalung abgenommen und der Sandkünstler beginnt mit seiner Arbeit. Die Skulptur entsteht von oben nach unten, bis die Grundebene erreicht ist. Danach werden nur noch Feinarbeiten vorgenommen. Das Regenwetter, in dem die Künstlerinnen und Künstler bislang in der Heidenheimer Innenstadt arbeiten mussten, sei kein Problem, so Benno Lindel: „Nur wir sind ständig nass geworden“, sagt er. Um die Sandskulpturen zu gefährden, müsste es so viel regnen, dass diese sich komplett mit Wasser vollsaugen, erst dann würde die Standfestigkeit leiden.

Der überlebensgroße Kopf von Georg Elser ist im Sandkunstwerk in der Hauptstraße zu sehen. Rudi Penk

Wie man von einer Idee zum fertigen, dreidimensionalen Kunstwerk kommt, ist für den künstlerisch unbegabten Laien schwer vorstellbar. „Natürlich gibt es detaillierte Planungen“, sagt Benno Lindel. Gut sei es für die Künstler, wenn von einem Gebäude beispielsweise Architekten-Zeichnungen vorliegen, aber auch Fotos helfen weiter. „Räumliches Vorstellungsvermögen und Geduld, Geduld, Geduld“, das seien die wichtigsten Eigenschaften für einen Sandkünstler, meint Lindel. Aber auch die Erfahrung hilft, „schließlich mache ich das schon seit mehr als 20 Jahren”.

Als großes Problem bezeichnet Benno Lindel den Vandalismus: Ein Kunstwerk aus Sand kann eben ohne Werkzeug schnell zerstört werden – das weiß jedes Kind, dessen Burg im Sandkasten schon einmal von einem rabiaten Spielgefährten zertreten wurde. Deshalb sind die Sandskulpturen in der Fußgängerzone beim Brunnen der Knöpfleswäscherin, auf dem kleinen Schlossplatz und auf dem Johann-Matthäus-Voith-Platz von Bauzäunen umgeben und werden nachts bewacht. Eine weitere Skulptur entsteht in den Schloss-Arkaden.
Aber auch ohne Zerstörungswut: Mit dem Ende der Sommerferien wird Schluss sein mit der filigranen Kunst, dann werden 75 Tonnen Sand wieder weggefahren und einer anderen Nutzung zugeführt.

Bewirtung, Kultur und Kinderwettbewerb am Stadtstrand

Eine 300 Quadratmeter große Sandfläche am Johann-Matthäus-Voith-Platz (südliches Ende der Fußgängerzone) ergänzt das Sandskulpturen-Festival als Stadtstrand. Dort entsteht auch eine Skulptur, aber es gibt auch eine Bewirtung durch die benachbarte „Wandelbar“. Neben der gastronomischen Versorgung der Gäste ist ein kleines Kulturprogramm geplant.

Kinder zwischen 7 und 10 Jahren können am Freitag, 11. August, ab 11 Uhr unter dem Motto „Heidenheim sucht den Sandburgen-Star“ an einem Wettbewerb teilnehmen, den die Stadt Heidenheim ausschreibt. Er findet am Stadtstrand auf dem Johann-Matthäus-Voith-Platz statt. Künstler des Sandskulpturen-Festivals unterstützen die Kinder beim Bauen eigener Sandkunstwerke. Eine Jury wird am Nachmittag die besten drei Sandburgen-Stars von Heidenheim ermitteln, Preise gibt es für alle Kinder. Jedes Kind erhält eine Baustelle von circa 150 x 150 Zentimeter. Die benötigten Utensilien werden gestellt, können aber auch selbst mitgebracht werden. Anmeldung unter der E-Mail-Adresse ruven.becker@heidenheim.de